Absolutes Schutzhindernis

Was es mit "bösgläubigen Marken" auf sich hat

14.05.2012

Welche Fallgruppen der Bösgläubigkeit sind anerkannt?

Nach der deutschen Rechtsprechung lassen sich drei Fallgruppen von bösgläubigen Anmeldungen unterscheiden.

1. Fallgruppe: "Spekulationsmarke"

Diese erste Fallgruppe berücksichtigt Markenanmeldungen, die einzig erfolgt sind, um einem Dritten mit Unterlassungs- und/oder Geldforderungen zu begegnen, ohne dass der Markenanmelder vorhat, die Marke selbst zur Kennzeichnung von Produkten oder Dienstleistungen zu benutzen (Ströbele/Hacker, Kommentar zum Markengesetz, 10. Auflage, § 8 Rn 668).

In der Praxis muss hier allerdings auch berücksichtigt werden, dass der Markenanmelder nach Eintragung (bzw. in Deutschland u.U. erst nach Abschluss eines etwaigen Widerspruchsverfahrens - da erst danach eine gefestigte Rechtsposition beim Inhaber der Marke entstanden ist) grundsätzlich 5 Jahre Zeit hat, die Marke zu benutzen, also die Marke bereits lange Zeit bevor er einen Geschäftsbetrieb, der auf einen generellen Benutzungswillen schließen ließe, anmelden kann.

Der geforderte subjektive - darum objektiven Entscheidungskriterien oft sehr schwer zugängige - Benutzungswille kann jedoch auch darauf beschränkt sein, die Marke nicht selbst, sondern durch einen Dritten mit Zustimmung, z.B. einen Franchisenehmer etc., benutzen zu lassen. Eine tatsächlich erfolgende Benutzung dürfte in der Praxis jedoch meist als ausreichendes Indiz für einen generellen Benutzungswillen und damit gegen eine Bösgläubigkeit gewertet werden können (Ströbele/Hacker, Kommentar zum Markengesetz, 10. Auflage, § 8 Rn 682, 683).

Indizien gegen Benutzungswillen

Hier wird immer wieder die massenhafte Anmeldung von Marken für völlig unterschiedliche Produkte oder Dienstleistungen angeführt, insbesondere, wenn der Anmelder keine ernsthafte Planungen für die spätere Benutzung der Marken anführen kann und erkennbar den Zweck verfolgt, mit den Marken den Markt zu sperren und andere Markenanmelder oder Zeichenbenutzer durch Unterlassungs- bzw. Schadensersatzansprüche zu Geldzahlungen oder zum Abkauf der Marken zu veranlassen (Ströbele/Hacker, Kommentar zum Markengesetz, 10. Auflage, § 8 Rn 684).

Hiergegen lässt sich aber anführen, dass jeder Anmelder das Recht hat, so viele Marken für so viele unterschiedliche Produkte und Dienstleistungen anzumelden, wie er möchte.

Denn jedem Anmelder muss zugebilligt werden, sich zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine Marke eintragen zu lassen, für deren spätere Verwendung er nur wage Vorstellungen und noch keine konkreten (Business-)Pläne hat (Ströbele/Hacker, Kommentar zum Markengesetz, 10. Auflage, § 8 Rn 685).

Einem Unternehmen muss es gestattet sein, für sämtliche erdenkbaren Vermarktungsstrategien sog. Vorratsmarken anzumelden, um wirtschaftlich schnell handlungsfähig zu bleiben.

Dies gilt auch für die sog. klassenübergreifende Anmeldung, bei der sämtliche 45 Nizza Klassen in der Anmeldung benannt werden, was ebenfalls größtmögliche Flexibilität bei der späteren Produktgestaltung lässt, denn in 10 Jahren "Lebensdauer" einer Marke können Produktwechsel- bzw. -erweiterungen durchaus denkbar sein bzw. sollten zumindest eingeplant werden.

Nicht zuletzt auch deswegen, weil das Eintragungsverfahren in der Praxis je nach dem, ob das Amt Beanstandungen hat oder ein Dritter Widerspruch einlegt, von 2 Monaten bis zu mehreren Jahren dauern kann. Ist absehbar, dass sich das Eintragungsverfahren hinzieht, kann dann schnell auf eine andere bereits eingetragene Marke gesetzt werden und die Vermarktung des Produkts oder Dienstleistung weiter vorangetrieben werden.

Als weiteres Indiz zu dem fehlenden Benutzungswillen muss daher noch ein sog. Unlauterkeitsmerkmal hinzukommen. In dem oben genannten Beispiel ist dies offensichtlich, da der Anmelder die Markenanmeldungen nur tätigt, um andere Markteilnehmer an der Benutzung ihrer Zeichen (solange) zu hindern (Behinderungsabsicht), bis diese ihn monetär entschädigen (Ströbele/Hacker, Kommentar zum Markengesetz, 10. Auflage, § 8 Rn 686, 687).

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