Wandel im IT-Consulting

Warum Berater mehr remote arbeiten

Lilian Loke ist Senior PR-Beraterin bei Web&Tech PR.
Pandemiebedingt verlagert sich die Tätigkeit der IT-Berater mehr ins Homeoffice. Warum Unternehmen und Consultants auch in Zukunft von diesem Trend profitieren können, lesen Sie hier.
Unternehmen können künftig bei Beratern in Sachen Work-Life-Balance mit virtuellen Arbeitsangeboten besonders punkten. Der Grund: Schon vor der Pandemie war der Wunsch nach weniger Vor-Ort-Präsenz ein Thema, weil die intensive Reisebereitschaft in starkem Konflikt mit der familiären Situation vieler IT-Consultants steht.
Unternehmen können künftig bei Beratern in Sachen Work-Life-Balance mit virtuellen Arbeitsangeboten besonders punkten. Der Grund: Schon vor der Pandemie war der Wunsch nach weniger Vor-Ort-Präsenz ein Thema, weil die intensive Reisebereitschaft in starkem Konflikt mit der familiären Situation vieler IT-Consultants steht.
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Aufgrund der anhaltenden COVID-19-Pandemie hat auch in das traditionell sehr reiseintensive Berufsleben der IT-Berater das remote Arbeiten verstärkt Einzug gehalten. Im Zuge dieser Entwicklung zeichnet sich ein nachhaltiger Kulturwandel ab: Unternehmen sind deutlich offener für digitale Prozesse sowohl beim Recruiting der Fachkräfte als auch beim Thema Homeoffice - und das zum Vorteil aller Beteiligten.

"Der Digitalisierungsschub durch die aktuelle Corona-Situation ist auf dem IT-Beratungsmarkt deutlich spürbar geworden", erläutert Thomas Biber, Geschäftsführer der auf SAP spezialisierten Personalberatung Biber & Associates. "Unternehmen, die früher bereit waren, vielleicht einen Tag pro Woche oder Monat Homeoffice anzubieten, ermöglichen nun Stellen, bei denen Fachkräfte mehrere Tage die Woche oder sogar fast ausschließlich remote arbeiten und nur noch einmal im Monat am Standort anwesend sein müssen." Die Bereitschaft bei Arbeitgebern, ihre Mitarbeiter mehr über das Homeoffice anzubinden und darauf zu vertrauen, dass sie auch wirklich arbeiten, sei deutlich gestiegen.

Natürlich, so Biber, gebe es auch Unternehmen, die signalisieren, nach der Pandemie wieder zur traditionellen Präsenzkultur zurückkehren zu wollen. Aber auch hier zeige sich mehr Offenheit. Arbeitgeber, die zuvor zu 100 Prozent auf Präsenz gesetzt hatten, wollen nach der Krise beispielsweise eine hybride Lösung von zwei oder drei Tagen pro Woche Präsenz einführen.

Bessere Chancen auf Fachkräfte und Berater

Dieser Kulturwandel in der IT-Beratung bedeutet für Unternehmen effizientere Prozesse bei der Fachkräftesuche, eine größere Bewerberauswahl durch geringere Standortabhängigkeit und Einsparungen bei den Reisekosten. "Je offener ein Unternehmen gegenüber Remote-Arbeit auch nach der Pandemie ist, desto mehr kann es von einem großen Fachkräftebestand profitieren, da es keine geographischen Einschränkungen mehr gibt", erklärt der Marktkenner. Besonders bei schwierig zu besetzenden Profilen sieht Biber eine deutliche Bereitschaft von Arbeitgebern, auch eine vollständige Homeoffice-Lösung zu akzeptieren. Dies macht es Unternehmen erheblich leichter, auch Berater mit sehr speziellen Fachkenntnissen zu finden.

"Geht es beispielsweise um exotische Themen wie SAP Transportation Management, gibt es am Standort eventuell nur zehn Fachkräfte, die überhaupt das Anforderungsprofil erfüllen", weiß Biber. Ein anderes Beispiel seien SAP-Themen aus der Bankenbranche, die zwar beispielsweise in Frankfurt durch Spezialisten gut abgedeckt werden können, in Stuttgart aber schwierig zu besetzen seien. Falls am jeweiligen Standort keine passende Fachkraft zu einem Wechsel bereit sei, müsse das Unternehmen, so Biber, entweder die Stelle unbesetzt lassen oder kostspielig einen externen Berater mit einem Tagessatz von 1000 bis 1500 Euro heranziehen. Werde von Unternehmensseite jedoch auf Präsenz verzichtet, sei Geografie kein Ausschlusskriterium mehr und erleichtere den Rekrutierungsprozess enorm.

Hohe Effizienz durch digitale Recruiting-Prozesse

Auch der Recruiting-Prozess läuft nun verstärkt digital ab. Oft finden mittlerweile nicht nur die Erstgespräche, sondern häufig auch die Zweit- oder Drittgespräche per Videokonferenz statt, wodurch sich Arbeitgeber und Fachkraft im gesamten Interviewprozess ausschließlich virtuell kennenlernen. Diese verstärkte Offenheit gegenüber rein virtuellen Vorstellungsgesprächen sorgt für mehr Effizienz im gesamten Recruiting-Prozess sowohl für Bewerber als auch für Unternehmen. Digitale Gespräche, so der Personalberater, seien natürlich wesentlich einfacher zu koordinieren und in bestehende Terminpläne einzuschieben, als wenn der Kandidat für das Bewerbungsgespräch anreisen und eventuell einen Tag Urlaub nehmen müsse.

Natürlich gibt es auch noch viele Unternehmen, die Bewerber persönlich kennenlernen möchten, allerdings setzen nun 20 bis 30 Prozent auf einen rein digitalen Interviewprozess, so die Beobachtung des SAP-Marktspezialisten. Vor der Krise habe es so gut wie nie rein virtuelle Prozesse gegeben, sondern mindestens ein bis zwei persönliche Gespräche. Seit der Pandemie zeigt sich hier ein deutlicher Wandel: "Vor Corona wurden Fachkräfte für ein gerade mal einstündiges Bewerbungsgespräch aus dem Ausland eingeflogen. Mittlerweile laufen diese Prozesse erfolgreich rein virtuell ab", resümiert Biber.

Personalexperte Thomas Biber: "Mit dem zukünftig verstärkten Angebot von Remote-Arbeit haben Unternehmen die beste Stellschraube, um qualifizierte Fachkräfte für sich zu gewinnen. So können Arbeitgeber und IT-Spezialisten zusammenfinden, die früher nicht zusammengekommen wären."
Personalexperte Thomas Biber: "Mit dem zukünftig verstärkten Angebot von Remote-Arbeit haben Unternehmen die beste Stellschraube, um qualifizierte Fachkräfte für sich zu gewinnen. So können Arbeitgeber und IT-Spezialisten zusammenfinden, die früher nicht zusammengekommen wären."
Foto: Biber & Associates

Pandemie dämpft das Stellenangebot

Da die Automobilindustrie einen signifikanten Anteil bezüglich des IT-Consulting-Stellenmarkts in Deutschland ausmacht, wirkt sich die strukturelle Krise in diesem Branchensektor sowie zusätzlich die Pandemie weiterhin negativ auf die Zahl der Stellenangebote aus. In anderen Branchen bewege sich das Stellenangebot laut Biber jedoch auf gleichbleibendem Niveau. Zwar habe es auch im Handel Budgetkürzungen gegeben, aber hier werde nach wie vor eingestellt. Gleiches gelte für Bereiche wie Public Service, die Versicherungsbranche und Financial Services. "Corona ist immer noch die große Bremse, weshalb es Firmen aktuell an Zuversicht fehlt, neue Projekte zu starten", erklärt Biber. Allerdings hätten viele Betriebe, die zu Beginn der Krise aus einer ersten Schreckreaktion heraus einen Einstellungsstopp vornahmen, diesen nach einem halben Jahr wieder gelockert.

Bei den Gehältern ist Biber zufolge eine Stagnation zu beobachten. Besonders durch die anhaltende Krise in der Automobilbranche und deren Zulieferungskette gibt es aktuell weniger offene und hochbezahlte Stellen auf dem Arbeitsmarkt. Dennoch zeigen sich im SAP-Bereich für Fachkräfte keine signifikanten Gehaltseinbußen. Lediglich der Anteil besonders gut bezahlter Positionen habe sich verringert. Daher sollten Fachkräfte derzeit auf keinen Fall ihre Stellen kündigen, da es während der Pandemie wesentlich schwieriger sei, rasch eine adäquate Position zu finden. Für den SAP-Beratungsmarkt sieht Biber eine langsame Erholung bis 2022, wenn auch keinen Boom mehr wie im vergangenen Jahrzehnt.

Chancen für Unternehmen bei der Fachkräftesuche

Für Unternehmen bedeutet diese Abkühlung des Arbeitsmarkts jedoch einen Vorteil bei der Stellenbesetzung. Durch die aktuelle Lage sei es leichter, an qualifizierte Fachkräfte zu kommen. "Denn aufgrund vieler Projektstopps in Unternehmen und abgeschwächter Projekt-Pipelines in Beratungshäusern gibt es wesentlich mehr Berater, die ihre aktuelle Position wechseln möchten, da ihnen die fachlichen Herausforderungen oder der Gestaltungsspielraum aufgrund von Sparmaßnahmen beim derzeitigen Arbeitgeber fehlen", ergänzt Biber.

Besonders für Arbeitgeber abseits der großen Ballungsgebiete, die es früher deutlich schwerer hatten, passende Kandidaten zu finden, sei es gegenwärtig leichter, Vakanzen zeitnah zu besetzen. Dies gelte selbst für kleine Mittelständler in der Provinz, für die es früher extrem schwierig war, passende Fachkräfte zu gewinnen. Der Grund: "Fachkräfte aus der Region, die vor der Pandemie mit ihrer Stelle zufrieden waren, sind aufgrund negativer Auswirkungen der Krise auf ihren derzeitigen Arbeitgeber deutlich wechselfreudiger", schildert Biber die aktuelle Marktlage.

Vor-Ort-Einsätze nehmen deutlich ab

Besonders mit virtuellen Arbeitsangeboten können Unternehmen zukünftig bei Fachkräften in Sachen Work-Life-Balance punkten: "Weil der Wunsch nach mehr Homeoffice bereits vor der Krise ein Thema war, da eine uneingeschränkte Reisebereitschaft in starkem Konflikt mit der familiären Situation vieler IT-Berater steht", liefert Biber die Erklärung.

Der Personalberater rechnet daher mit einer dauerhaften Senkung der Reisetätigkeit in der Consulting-Branche: "Bereits jetzt zeigen einige Beratungshäuser, die derzeit höchstens 20 Prozent an Vor-Ort-Einsätzen leisten, eine deutliche Bereitschaft, dies auch zukünftig beizubehalten und die Reisetätigkeit langfristig zu senken." Bisher seien 80 Prozent vor Ort beim Kunden und 20 Prozent remotes Arbeiten üblich gewesen. Manche Arbeitgeber wollen dieses Verhältnis dauerhaft umkehren, da hierdurch auch ein erheblicher Teil der Reisekosten entfalle. Darüber hinaus führe dies zu hohen Zeiteinsparungen für Fachkräfte. Biber weiter: "Unternehmen stellen aktuell gezwungenermaßen die Vorteile der Remote-Arbeit im Bereich der IT-Beratung fest."

Er erwartet, dass sich dieses Verhältnis zukünftig auf rund 50 Prozent Remote-Arbeit und 50 Prozent Präsenz am Projektstandort einpendeln wird. Dies werde auch in der Stellenbesetzung eine deutliche Erleichterung bringen, da hierdurch erheblich mehr Fachkräfte zur Verfügung stünden, als wenn von Arbeitgebern eine hohe Reisebereitschaft gefordert würde: "Mit dem zukünftig verstärkten Angebot von Remote-Arbeit haben Unternehmen die beste Stellschraube, um qualifizierte Fachkräfte für sich zu gewinnen. So können Arbeitgeber und IT-Spezialisten zusammenfinden, die früher nicht zusammengekommen wären", resümiert Biber. (pg)

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