Wo Robbins Cisco verändern will
Gibt es spezielle Markt- oder Techniksegmente, in denen sich Cisco Ihrer Meinung nach schneller bewegen müsste?
Chuck Robbins: Wenn ich an die Architektur denke, die ich Ihnen eingangs geschildert habe, dann fällt mir zuallererst die Automatisierung und vereinfachte Programmierbarkeit des gesamten Netzwerkes ein. Das muss schneller passieren und die analytischen Komponenten, die bereits heute im Netzwerk vorhanden sind, besser zur Geltung bringen. In Kombination mit analytischen Verfahren von Accenture kann das fantastische Ergebnisse erbringen. Auch in Sachen Security sollten wir schneller werden, wobei unser Architekturteam da bereits ganze Arbeit geleistet hat. Die Übernahme von Sourcefire war toll. Auch der Kauf von OpenDNS wird uns wirklich weiter bringen. Da haben wir ein großes Augenmerk drauf und das werden wir auch beschleunigen.
In diesen Bereichen herrscht große Klarheit. Die Teams dort tun, was sie tun müssen, und ich werde hier bestimmt nicht behaupten, dass sie zu langsam wären. In diesen Bereichen werden wir einfach weiter Gas geben. In unseren Kundensegmenten sehe ich uns architektonisch gut aufgestellt und Hand in Hand mit unseren Service Providern agieren. Beispielsweise haben wir Fortschritte darin erzielt, Virtualized Managed Services schneller bereitzustellen. So machen wir das eigentlich immer, wenn sich der Markt verändert: Wir analysieren die Veränderung, nehmen uns ihrer an und sorgen dafür, dass sie schnellstmöglich an unsere Kunden weitergegeben wird.
Sie haben von Vereinfachung gesprochen. Welche Vereinfachung meinen Sie? Wie werden sich die Abläufe und Prozesse bei Cisco unter Ihrer Führung verändern?
Chuck Robbins: Wir müssen alles überdenken. Wie wir unseren Wert gegenüber Kunden kommunizieren, wie wir den Wert unserer Technologie für das Business unserer Kunden rüberbringen. Umso schneller wir das tun, desto einfacher wird die Botschaft, und umso mehr werden wir handlungsfähig. Generell wünsche ich mir, Dinge zu vereinfachen, denn wenn wir uns schneller bewegen wollen, dann ist Komplexität unser Feind. So simpel ist das.
Wer ist für Sie ein ernstzunehmender Wettbewerber für Cisco? Bei Betrachtung der Marktanteile von Netzwerkern kommt nach Ihnen lange nichts. Vor wem fürchten Sie sich also?
Chuck Robbins: Ich liebe jeden Wettbewerber, der ein besseres Produkt als unseres bauen möchte, weil wir uns wahrlich nicht verstecken müssen. John hat in den vergangenen vier oder fünf Jahren gerne von der Gefahr durch White-box-Anbieter gesprochen. Die sind nach wie vor eine Gefahr für uns, aber bedenken Sie: Wenn ein Unternehmen sein Geschäft mittels Technologie voranbringen will, dann benötigt die IT-Abteilung Komponenten, die architektonisch zueinander passen und schnell zusammenarbeiten.
Die Vorstellung, Hard- und Software zu trennen, nur um Investitionskosten von zehn bis 15 Prozent einzusparen, wird ehrlich gesagt von unseren Kunden nicht geteilt. Sie wollen neue Technologien schnell einführen, um schnelle Vorteile für das Business daraus zu ziehen. Es bringt nichts, beim alten Integrationsspiel zehn Prozent einzusparen. Hier sehe ich uns gut aufgestellt.
Wenn ich an die Zukunft denke, dann wird uns wohl die größte Konkurrenz durch die Veränderung der Märkte erwachsen. Viele dieser Veränderungen werden durch neue Business-Modelle getrieben. Die Gefahr für uns besteht darin, diese neuen Modelle nicht wahr- und - vorausgesetzt sie bergen echte Vorteile für unsere Kunden - nicht anzunehmen.
Sprechen wir noch einmal über Ihr Ziel, Ihren Kunden bei der digitalen Transformation behilflich zu sein. Sind dabei Ihre größten Konkurrenten IBM, EMC und HP Enterprise? Oder jemand anderes? Es muss jemanden geben, auf den Sie Ihr Team ansetzen und dem Sie den Tod an den Hals wünschen.
Chuck Robbins: Realistisch betrachtet haben wir jede Menge Konkurrenten. Wenn wir uns aber ansehen, was unsere Kunden wirklich vorwärts bringt, dann ist dies ein sehr holistisches Ökosystem. In den vergangenen 15 bis 20 Jahren haben wir uns mit unserem Ökosystem einen unschätzbaren Wettbewerbsvorteil erarbeitet. Aus Sicht unserer Kunden stehen wir da ziemlich einzigartig da, denke ich.
Das bedeutet nicht, dass wir alles haben, was sie benötigen. Aber es bedeutet, dass wir das Netzwerk stellen, auf dem alles andere fußt. Wir können eine Distributed Infrastructure aufbauen, Analytics bereitstellen, Prozesse automatisieren und auf Applikationsebene programmieren. Ich denke damit sind wir vergleichsweise einzigartig aufgestellt.
Ich würde gerne auf Ihre Bemerkung zurückkommen bezüglich Ihrer Wettbewerber, die auf Produktebene nicht wirklich konkurrenzfähig sein sollen. Könnte man auch sagen, dass in der Netzwerkbranche zu wenig passiert, als dass ein Wettbewerber ihnen mit neuen Produkten Konkurrenz machen könnte? SDN scheint mir das nächste Schlachtfeld zu werden. Glauben Sie, dass Ihr "holistisches Ökosystem" Sie davor bewahrt, dass ein Wettbewerber den Markt mit einer neuen Technologie aufmischt?
Chuck Robbins: Es passieren zwei Dinge. So gibt es Kunden, die sich architektonisch verstärken, um ihr Business weiter voranzutreiben. Wenn der ROI für die Digitalisierung von Fertigungsstraßen oder Bergbauunternehmen oder ganzen Städten klar definiert ist, dann nutzen sie keine billige und möglicherweise unpassende Hardware, nur um zehn Prozent einzusparen. Wichtiger ist ihnen, sich bei der Implementierung auf jemanden zu 100 Prozent verlassen zu können. Auf der anderen Seite gibt es Kunden, die stark an der Senkung ihrer Investitionskosten interessiert sind. Ich würde sagen, wenn Sie zu einem dieser Kunden gehören, dann haben Sie ein Problem. Außerdem gibt es in diesem White-box-Markt üblicherweise nur einen großen Anbieter.
Wohin also geht die Reise im Netzwerkmarkt? Vermutlich haben Sie Pläne, die weit in die Zukunft reichen, was aber wird in den kommenden zwei bis fünf Jahren passieren?
Chuck Robbins: Ich denke, dass wir Netzwerke sehen werden, die sich bis zu den äußersten Rändern erstrecken, dorthin, wo die Daten stecken. Das wird die größte Neuerung auf diesem Gebiet sein. Ich glaube zudem daran, dass ein Netzwerk durchgehend automatisiert und programmierbar sein muss. Künftig werden die Applikationen, die die verteilten Daten nutzen, die Infrastruktur definieren. Und nicht zu vergessen das Thema Sicherheit: Die IT-Architektur von Unternehmen ist mittlerweile massiv verteilt - will ein solches Unternehmen mehr Sicherheit gewährleisten, dann muss es zuallererst an das Netzwerk ran, denn das zieht sich quer durch alle Bereiche.
Da hat sich in den vergangenen fünf Jahren sehr viel getan: Kunden nehmen immer mehr Abstand von singulären Sicherheitslösungen und setzen stattdessen auf eine vergleichsweise holistische Sicherheitsarchitektur. Darauf muss sich das Netzwerk einstellen, es muss gleichermaßen Automatisierung, Software, Programmierbarkeit, Sicherheit und Analytics bieten. Das werden die wichtigsten Merkmale eines Netzwerkes sein.