Arbeitszeitmodelle

Das richtige Arbeitszeitkonzept finden

Arnd Westerdorf ist freier Journalist in Düsseldorf.
Bevor Arbeitszeiten exakt erfasst werden, klären Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Rahmenbedingungen. Ein strenges Zeitkorsett wird heute meist durch ein flexibles Arbeitszeitkonto ausgeglichen, von dem beiden Seiten gleichermaßen profitieren.

Laut Arbeitszeitgesetz ist die Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhezeiten. Das sich das Thema heutzutage nicht mehr nur auf diese kurze Formel bringen lässt, zeigen die Ausnahmen zum Arbeitszeitgesetz (ArbZG), unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten und diskussionswürdigen Gerichtsurteile.

Die Arbeitszeiten sind heute flexibler denn je.
Die Arbeitszeiten sind heute flexibler denn je.
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Eines ist umso klarer: Die heutigen Arbeitsbedingungen und Ansprüche der Arbeitnehmer gehen einher mit den Trends zur zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt und Mobilität der Arbeitsmittel und somit mit immer flexibleren Arbeitszeitmodellen sowie teilweise fließenden Übergängen von Arbeits- und Privatleben.

Neue Zeiten der Arbeit „Überleben von 9 bis 5", wie eine deutsche Sitcom von RTL den Arbeitsalltag in diesem werktäglichen Zeitfenster thematisiert hat, ist genauso Vergangenheit wie traditionelle Arbeitsabläufe und Arbeitsumgebungen. Heute arbeiten die Leute immer öfter auf der Couch oder im Kaffeehaus, nutzen unterschiedliche Formen der Einzel- und Gruppenarbeit und treffen sich in den Arbeitsräumlichkeiten gerne in speziellen Zonen zum Erholen oder zum sozialen Austausch.

Solche Szenarien reizen die nachrückende Generation Y, die nicht wie vielleicht ältere Semester streng zwischen Arbeit und Freizeit trennt, und werden modernen Erkenntnissen zu mehr Wohlbefinden, Motivation und Produktivität der Mitarbeiter gerecht.

Arbeitszeitmodelle im Überblick

Dementsprechend kommen neben einer durchstrukturierten regelmäßigen Arbeitszeit auch andere Modelle immer mehr auf. Diese flexiblen Modelle bieten unterschiedliche Chancen und Risiken, sind aber nicht für jeden Arbeitnehmer und Arbeitsplatz geeignet.

Gleitzeit

Beim gängigsten Modell flexibler Arbeitszeit können Beschäftigte innerhalb eines gewissen Rahmens Arbeitsbeginn und Arbeitsende selbst festlegen. In den meisten Unternehmen herrschen jedoch Kernarbeitszeiten, vor in denen die Mitarbeiter anwesend sein müssen. Den Rest regelt meist ein Arbeitszeitkonto. Die maximale Anzahl an Über- und Minusstunden, die gerechte Regelung zum Beispiel bei Nacht- und Wochenendarbeit und der Zeitrahmen für den Abbau des Plus- oder Minus-Kontos liegt im Ermessen des jeweiligen Arbeitgebers.

Gleitzeit hat den Vorteil, dass Arbeitnehmer in der flexiblen Zeitspanne private Erledigungen und auch Arzttermine ohne allzu enges Zeitkorsett absolvieren können. Trotz Vertrauensbeweises und höherer Zufriedenheit der Mitarbeiter sollten Arbeitgeber sich die Arbeitszeitkonten der Mitarbeiter hin und wieder anzusehen, um ein Auge auf einzelne Angestellte zu haben, die den Verlockungen der Gleitzeit übermäßig erliegen.

Funktionszeit

Bei der Funktionszeit haben Mitarbeiter keine verpflichtenden Anwesenheitszeiten mehr, sondern nutzen bestimmte Zeiträume, in denen sie „funktionsfähig“ sind. Sie können sich ihre Arbeitszeit im gesetzlichen Rahmen und in Absprache mit ihrem Team selbst einteilen. Dabei kommt es auf das Arbeitsergebnis sowie auf ein harmonisches und gut kommunizierendes Team an.

Die Funktionszeit ist geradezu für Betriebe mit viel Projektarbeit prädestiniert und ein Ansporn für die Mitarbeiter, die Projekte möglichst effektiv und schnell anzugehen. Sie können oft im Anschluss an arbeitsintensive Phasen einen Block freier Tage nutzen. Für den Arbeitgeber heißt dies jedoch, dass genug Projektbeteiligte für die Kunden erreichbar und für die Vorgesetzten greifbar sind.

Wahlarbeitszeit

Bei der Wahlarbeitszeit erstellt der Arbeitgeber Personalpläne, die genau auf Bedarf, sprich: den Arbeitsanfall und das Kundenverhalten, abgestimmt sind. Die Mitarbeiter tragen sich dafür nach ihren persönlichen Vorlieben und dem vertraglich vereinbarten Arbeitsvolumen ein. Über die tatsächlichen Einsatzzeiten entscheidet der Arbeitgeber oder Vorgesetzte.

Das Modell der Wahlarbeitszeit ist vor allem im serviceorientierten Handwerk wie zum Beispiel Bäckern und Metzgern zu finden. Es bedarf einer vielfältigen Belegschaft, bei der Eltern mit ähnlichem Tages- und Urlaubsrhythmus um junge Leute und auch zeitlich ungebundene Individualisten ergänzten werden. Die Mitarbeiter müssen bereit sein, in ruhigeren Phasen ihre Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zu reduzieren.

Lesetipp: Arbeitszeitgesetz und maximale Arbeitszeit: Wie lange darf man arbeiten?

Vertrauensarbeitszeit

Bei diesem Arbeitszeitmodell vertraut der Arbeitgeber auf die termingerecht erledigten, aber nicht zwangsläufig dokumentierten Arbeitszeiten bzw. Aufgaben und damit auf die Ehrlichkeit der Angestellten. Damit es gut läuft, sind entsprechende Schulungen und Zielvereinbarungen ratsam.

Bei der Vertrauensarbeitszeit kommt es mit allem Organisationstalent und Zeitmanagement auf die Eigenverantwortung der Mitarbeiter an. Diese zahlen ihre Freiheiten mit höherer Motivation und unternehmerischen Denken zurück. Laut der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) haben solche Arbeitgeber allgemein einen besseren Ruf und bessere Rekrutierungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt, weil sie als innovativ, flexibel, modern und offen gelten. Bei unrealistischen Zielen, dünner Personaldecke und schlechtem Zeitmanagement kann das Modell schnell zur Überlastung führen. Außerdem müssen seit der Gültigkeit des Mindestlohns die Arbeitszeiten doch dokumentiert werden.

Jahresarbeitszeit

Beim Modell der Jahresarbeitszeit einigen sich Arbeitgeber und Mitarbeiter auf eine "Nettojahresarbeitszeit“. Während die Arbeitszeit mit der Auftragslage oder Kundennachfrage variiert, bleibt der Monatslohn über das Jahr verteilt derselbe. Während Unternehmen zum Beispiel im Gast- oder Beherbergungsgewerbe damit flexibel saisonale Schwankungen abfedern können, kann der Stress für die Mitarbeiter in den Stoßzeiten ohne Freizeitausgleich groß werden.

Die Digitalisierung fördert flexiblere Arbeitszeiten und Arbeitsumgebungen.
Die Digitalisierung fördert flexiblere Arbeitszeiten und Arbeitsumgebungen.
Foto: Saklakova - shutterstock.com

Job-Sharing

Hinter dem Begriff verbirgt sich eigentlich eine Form der Teilzeitarbeit, indem sich mehrere Mitarbeiter in Absprache mit dem Unternehmen einen Arbeitsplatz teilen. Dabei sind sowohl feste Arbeitszeiten wie etwa bei einem Call-Center oder Arbeitszeitkonten möglich. Ideal ist es, wenn die Bewerber für eine Job-Sharing-Stelle ähnliche oder sich ergänzende Qualifikationen haben und die Ablösung gut und zuverlässig klappt.

Auch in diesem Fall können Arbeitgeber und Arbeitnehmer von ihrer Situation gleichermaßen profitieren. Das sorgt für eine gute Bindung, erfordert aber die Bereitschaft mehrerer Mitarbeiter.

Telearbeit

Der Begriff und das Konzept der Telearbeit waren einmal ganz modern. Es definierte beim Etablieren von IT-Arbeitsplätzen die Möglichkeit eines vollständigen oder alternierenden Heimarbeitsplatzes vor dem Computer. Heute zählen in der durchdigitalisierten Welt ein Werktag oder mehrere Wochentage im so genannten Home-Office oft zum Arbeitsleben.

Zum Alltag zählen heute genauso Bereitschaftsdienste oder Rufbereitschaften, die teilweise zusätzlich abgegolten werden.

Bei allen Varianten flexibler Arbeitszeiten sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer genau die Situation analysieren und sich dann für eine geeignete Variante entscheiden. In der Praxis sollte sich dann auch keine Seite bevor- oder benachteiligt fühlen. Die verschiedenen Arten der Arbeitszeit lassen sich mit bestimmten Tools erfassen. Diese leisten hilfreiche Dienste und vermeiden Probleme viele durch die sauber dokumentierten Arbeitszeiten.

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