API-Hub erleichtert IT-Anbindung
Arcana hatte es nicht auf die Shortlist geschafft, obwohl Unitymedias ehemaliger Besitzer Liberty genau diesen API-Hub nutzte. Irnich wählte seine Shortlist aus, kurz nachdem Liberty gerade die dezentrale Phase eingeläutet hatte und die IT-Entscheidungen zurück in die Regionen delegierte. Wenig später kam dann von Vodafone die Entscheidung dazu, Unitymedia und weitere osteuropäische Kabelnetzbetreiber für 18 Milliarden Euro von Liberty Global zu kaufen. Irnich, der vor seiner Zeit als CIO beinahe mal zu Vodafone gegangen wäre, schmunzelt: "Mich hätten die auch für weniger Geld kriegen können."
Am Ende lief das Rennen um den API-Hub also nur zwischen Google und Salesforce. "Die haben sich von der Lösung nur noch wenig unterschieden", meint Irnich: "Am Ende waren es dann wirklich Kleinigkeiten und der bessere Draht zu unseren langjährigen Kontakten bei Mulesoft." Allerdings war das noch vor dem Kauf von Mulesoft durch Salesforce. "Da hatte ich erst Bedenken", sagt Irnich: "Oh, jetzt werden die Abstimmungen komplexer und langwieriger. Aber das hat sich gar nicht gezeigt." Manchmal habe man zwar länger über die passende Lizenz verhandelt, als der Release gedauert habe. Insgesamt sei es aber immer noch schnell gegangen. Auch die Ansprechpartner seien noch die alten.
Programmierschnittstellen gibt es bei Unitymedia reichlich, denn zum einen laufen im Unternehmen noch Systeme wie die schöne alte IBM AS400. Unitymedia gibt es zwar erst seit 2005. Die IT hat aber offensichtlich schon mit etwas Legacy angefangen. Der CIO kann auch gar nichts Schlimmes an den Altsystemen finden: "Man muss fair sein", sagt Irnich: "AS400 oder P9 fahren wie Öltanker. Das schnuckert alles."
Zum anderen multipliziert sich die Anzahl der Schnittstellen mit der Anzahl an Partnern, die an die Systeme angebunden sein wollen. Media Saturn, Check24 und die vielen anderen Servicepunkte würden auch gerne wissen, wo nun tatsächlich Kabelfernsehen oder schnelles Internet läuft. "Im Kabelmarkt ist immer wichtig: Ist das Produkt an der Heimatadresse des Kunden verfügbar?", so Irnich. "Und wenn es noch nicht vorhanden ist, muss ich dem Kunden sagen können, wann das Produkt verfügbar sein wird."
Alles in allem kommt Irnich auf 600 APIs, die er gerne umbauen möchte: "Dann würde ich sagen, es gibt jetzt keinen Service mehr, den wir nicht mehr zur Verfügung stellen." Ein gutes Viertel konnte Unitymedia also schon während der ersten Projektphase realisieren. Allerdings fallen in diese Phase auch die APIs, die keine große Mühe machen. Die Anbindung an Salesforce zum Beispiel, dessen CRM auch Unitymedia im B2B-Umfeld nutzt. Mulesoft ist seit 2018 Teil von Salesforce. Die Firma von Mark Benioff hat sich den API-Hub 6,5 Milliarden Dollar kosten lassen. Klingt teuer. Passt aber genau ins Konzept der Kalifornier, die von allen Schnittstellen im Mulesoft-Portfolio natürlich Salesforce-APIs besonders pflegen. "Das war dann total leicht und innerhalb von Minuten realisiert", sagt Irnich.
Schwieriger lassen sich die Schnittstellen in die Mainframe-Welt nachbauen. "Wir kommen aus einer Zeit, in der die API so gebaut wurden, dass sie alle Daten zur Verfügung gestellt haben", erläutert der CIO: "Meistens brauchen sie aber nicht die Historie über die letzten zwölf Jahre." Also bastelt der Kabelnetzbetreiber jetzt an APIs, die keine intergalaktischen Anfragen stellen - oder wenn, dann nur möglichst selten. "Wie kriege ich ein Caching hin, dass nicht dauernd auf die Mainframes zugegriffen wird?" lautet Irnichs Kernfrage. Die Lösung würde er dann auch noch gerne in einem Microservice abgebildet sehen: "Ich hoffe, dass der Traum der Service-orientierten Architektur irgendwann noch mal wahr wird. Der alte Ansatz, die alten Systeme zu überführen und dann abzuschalten, scheint ja nicht zu funktionieren."
Am ersten August 2019 hat Unitymedia seine Systeme vom Vorbesitzer Liberty zu Vodafone migriert. Der API-Hub habe geholfen, schneller an Vodafone Anschluss zu finden, sagt Irnich. Die Marke "Unitymedia" wird mittelfristig verschwinden. Und wie sieht Irnich die Zukunft seiner API-Lösung? "In zehn Jahren reden wir nicht mehr über Code oder API, sondern dann ziehen Sie sich das über eine optische Website", erklärt er: "Da teile ich tatsächlich mal die Gartner-Sicht: Dann werden die Designer wichtiger sein als die Entwickler."