Kommt ein neues iPhone wie das iPhone 16e auf den Markt, wird es von einigen Reparatur-Profis sofort in seine Einzelteile zerlegt. Bei Apples neuem Einstiegsmodell gab es eine Überraschung: Übereinstimmend lobten Rewa Technologies, PBK Reviews und iFixit die einfache Zerlegbarkeit und das simple Ersetzen von typischen Defekt-Kandidaten wie Bildschirm und Akku! Was ist da los?
Apples Geräte haben den Ruf, schlecht reparierbar zu sein. Freie Reparaturbetriebe klagen seit Jahren über verklebte Gehäuse und schwer zugängliche Komponenten – bei iPhones und Macs.
Eigentlich sind es aber zwei verschiedene Vorwürfe, um die es geht: Zum einen sind Module wie SSD und RAM schwer zugänglich – Nicht-Apple-Reparateuren macht es Apple aber mit zusätzlichen Hürden weiterhin schwierig. So ist es bisher nach dem Einbau mancher Komponenten wie Display, Akku oder Face-ID-Kamera nötig, das Modul bei Apple zu registrieren – was nur von Apple zertifizierte Betriebe können.
Nach eigenen Angaben will Apple so Reparaturen mit minderwertigen Ersatzteilen verhindern, aber wohl auch die Kontrolle über seine Plattform behalten.
In den vergangenen Jahren hat Apple nun etwas Unerwartetes getan: Die Geräte sind immer öfter so konzipiert, dass man sie einfacher auseinandernehmen und leichter reparieren kann. Das betrifft vordergründig iPhones und Macs. Auch beim Einbau von Ersatzteilen ist Apple deutlich weniger restriktiv.
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Aktuelle iPhones sind einfacher zu reparieren
Das auf Reparaturen spezialisierte Unternehmen iFixit ist für seine “Teardowns” von iPhones bekannt und bewertet anhand dieser Erfahrungen die Reparierbarkeit der Geräte. Apple hat frühere miserable Ergebnisse erhalten, so bekam das iPhone 13 Pro von 2021 noch 6 von 10 Punkten (die so gut wie gar nicht reparierbaren Airpods Pro übrigens 0 von 10).
Die Reparaturprofis bemängelten bei diesem Modell primär die unzugängliche Rückseite: Geht die Glasrückseite eines alten iPhones zu Bruch, musste es bis zur Einführung des iPhone 15 komplett zerlegt werden, um an die Rückseite auszuwechseln.
Auch das neue iPhone 16e weist interessante Neuerungen auf, die eine Reparatur erleichtern. So sind hier die empfindlichen Kabel beim Öffnen besser geschützt, wie iFixit berichtet. Durch ein Stück Metall ist ein Kabel gegen versehentliche Kappen beim Aufhebeln geschützt (was Nicht-Fachleuten leider wohl öfter passiert). Auch ein Reparaturhandbuch ist online veröffentlicht worden, noch vor einigen Jahren undenkbar.
Der Akku kann ebenfalls einfacher entfernt werden. Bisher waren diese mit dem Gehäuse verklebt, was zu Problemen führen kann. Seit der iPhone-16-Baureihe kann der Akku einfacher gelöst werden, mit einem einfachen Trick: Man muss eine bestimmte Zeit eine Stromverbindung herstellen, dann löst sich die Verbindung von selbst.
Apple hat gerade bei der iPhone 16-Reihe offensichtlich viele Details angepasst, um die Geräte einfacher reparieren oder zerlegen zu können. PBK-Reviews bewerteten die Reparierbarkeit deshalb mit guten 7,5 von 10 Punkten, iFixit mit 7 Punkten.
Aktuelle Macs mit austauschbaren SSDs
Bei den aktuellen Macbooks sind ungünstigerweise SSD und Arbeitsspeicher weiterhin ein Bestandteil des Mainboards. Letzteres hat eine hässliche Folge: Kann man ein Gerät nicht mehr reparieren, muss diese ersetzt werden. Das ist nicht gerade nachhaltig und teuer. Ist etwa die SSD mit dem Mainboard verlötet, sorgt ein kleiner Defekt der SSD zum wirtschaftlichen Totalausfall. Apple muss bei einer Reparatur dann das komplette Mainboard ersetzen, auch im Fachhandel ist ein solches Ersatz-Mainboard oft äußerst kostspielig.
Anders beim neuen Mac Mini M4: Überraschend nutzt Apple bei seinem neuen Mini-Desktop statt verlötetem SSD-Speicher auswechselbare Module. Haben Sie das Gehäuse geöffnet, können Sie mit wenigen Handgriffen eine defekte SSD austauschen – statt das komplette Mainboard ersetzen zu müssen. Es gibt sogar bereits einige SSDs zum Nachrüsten, über die Sie Ihren Mac Mini auf bis zu 2 TB Speicher aufrüsten können.
Warum macht Apple das?
Apple führte Neuerungen wie sein neues Reparaturprogramm nicht ganz freiwillig ein. Eine Ursache sind neue Gesetze in den USA, die unter dem Schlagwort “Right to repair” bekannt sind. Verbraucherschützern und auch Umweltaktivisten sind schon lange die schlechte Reparierbarkeit vieler Elektrogeräte ein Dorn im Auge. US-Bundesstaaten wie Colorado und Kalifornien haben deshalb entsprechende Gesetze eingeführt, auch in der EU gibt es viele Initiativen gegen Elektroschrott, etwa in Frankreich den Reparaturindex.
Das ist nicht von der Hand zu weisen: Ist der Akku-Tausch des alten Macbook Air zu teuer, wird es nicht weiter verwendet – wird obsolet – und früher durch ein neues Modell ersetzt.
So musste Apple sein Programm für Self Service Reparatur eher gegen seinen Willen einführen, mit der seine Nutzer iPhones, Macbooks, Macs zu Hause reparieren können. Das ist aber nicht gerade günstig, weshalb für die meisten Anwender eine Reparatur im Fachbetrieb sinnvoller ist.
Apple-Nutzer erhalten aber durch dieses Programm zumindest Einblick in die Reparaturmethoden und können Ersatzteile bestellen, was in einigen Jahren noch sehr nützlich werden könnte. Auch der Mac Mini M4 ist bereits Bestandteil des Programms und kann zu Hause repariert werden. Die Ersatzteilpreise – etwa für eine neue SSD – sind jedoch so gesalzen, dass man gleich ein größeres Modell kaufen kann.
Dieses Programm hatte möglicherweise Einfluss darauf, Reparaturen nicht unnötig zu erschweren. Schon die iPhone-15-Modelle wurden wartungsfreundlicher: Erstmals erleichterte Apple den Austausch der Rückseite und des Akkus. Mit den iPhone-16-Modellen lassen sich nun auch die Face ID-Kamera sowie die TrueDepth- und LiDAR-Kameras einfacher ersetzen und kalibrieren – früher war dafür ein angeschlossener Mac erforderlich.
Das lästige Freischalten von bei Apple erworbenen Ersatzteilen ist zudem über ein Tool namens “Repair Assistant” einfacher möglich und mit iOS 18 führte Apple erstmals eine Art Selbstdiagnose für seine iPhones ein. Ein Anwender kann bei neueren iPhones jetzt selbst überprüfen, ob ein Bauteil defekt ist.
Auch das Recycling alter Modelle wird durch die einfache Zerlegbarkeit erleichtert: Kann man Speicherbausteine einfach abstecken, kann man sie einfacher wiederverwenden, etwa als Ersatzteil. Einfacheres Recycling ist für Apple im eigenen Interesse, dann können wertvolle Metalle und manche Module einfacher weiterverwendet werden.
Der Youtuber Luke Miani vermutet, es gibt wohl noch einen dritten Grund, der viel mit Kosten zu tun hat. Bei den Macs gibt es nämlich immer mehr Konfigurationsoptionen, was zur Herstellung immer mehr integrierter Mainboards führte – aufgrund fest verbauter Speicher- und RAM-Bausteine. Allein für das Macbook Pro 14-Zoll muss Apple mittlerweile 32 verschiedene Mainboards verbauen – die zudem für Reparaturen vorgehalten werden müssen. Ein logistisches und damit auch finanzielles Problem. Möglich, dass es schon in kurzer Zeit Macbooks mit steckbaren Speicherbausteinen gibt – allein aus Kostengründen. Schließlich ist es auch für den Apple Store günstiger, wenn man ein defektes Speichermodul einfach auswechseln kann.
Das ist der Haken
Der große Haken: Apple hat keineswegs die Kontrolle über seine Plattform aufgegeben. Die einfachere Reparierbarkeit bedeutet weiterhin nicht, dass ein Anwender einfach den Akku selbst wechseln darf. Handelt es sich nicht um ein bei Apple erworbenes und freigegebenes Ersatzteil, erhalten Sie ohne Freigabe durch Apple weiterhin eine Warnmeldung. Für die meisten Anwender ist bei Reparaturen immer noch der Apple Store der erste Ansprechpartner.
Fazit
Apples aktuelle Geräte sind erfreulicherweise deutlich leichter zu reparieren. Das macht Apple aber nicht ganz freiwillig und gibt leider bislang nicht die Kontrolle über Ersatzteile ab – weshalb man bei Reparaturen auch weiterhin nicht an Apple vorbeikommt. Die Zeiten, in denen Sie einen Ersatzakku einfach bei Amazon bestellen konnten, sind wohl für immer vorbei. Für Apple-Anwender ist die Entwicklung aber trotzdem positiv: Mac Mini können nun erstmals aufgerüstet werden und ein Defekt am iPhone kann zu deutlich niedrigeren Preisen überprüft und behoben werden als früher. Mehr kann man von Apple bedauerlicherweise vorerst nicht erwarten. (Macwelt)