Die Kooperation von Conrad und Hardware.co

Wie Internet of Things den Handel beleben könnte



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Mit der Unterstützung für die Entwickler-Community Hardware.co setzt sich Conrad Electronic als innovativer Händler in Szene. Doch wer steckt eigentlich hinter Hardware.co? Und welche Chancen bietet die Entwickler-Community für den Handel?
 
  • Conrad Electronic unterstützt die Entwickler-Community Hardware.co
  • Accelerator-Programm als Starthilfe für Hardware-Startups
  • Roboter, Drohnen und Wearables im Fokus
  • Plattform für Internet of Things in Berlin

Mitte 2014 startete Conrad Electronic seine Unterstützung für den Hardware Accelerator Berlin, Anfang dieses Jahres folgte in der Hauptstadt die Eröffnung des "Hardware.co Lab by Conrad". Der traditionsreiche Elektronikhändler setzte sich damit als zukunftsbezogenes Unternehmen in Szene und rückte gleichzeitig die noch junge Entwickler-Community in den Mittelpunkt des Interesses.

Wie Niclas Fritz, Repräsentant von Hardware.co in München berichtet, stellte das Accelerator-Programm dabei den eigentlichen Startschuss für die Gemeinschaft dar. Ziel der Community ist es, Hardware-Startups eine gemeinsame Plattform zu bieten, den Wissensaustausch zu fördern, Netzwerkeffekte zu schaffen und die Entwicklung marktbereiter Produkte zu befeuern.

Der Anspruch von Hardware.co ist dabei bewusst breit gefasst: "In unseren Fokus fällt eigentlich jedes Technologie-Startup, dass sich mit anfassbaren Produkten beschäftigt", erklärt Niclas Fritz. Das Spektrum reiche dabei von Industrieprodukten wie Logistik-Robotern oder Drohnen für den Agrareinsatz bis hin zu Endkundenprodukten wie Wearables oder Internet-of-Things-Anwendungen.

Fritz zählt selbst nicht zu den Hardware-Entwicklern, verfügt durch seine Zeit beim Telekom-Spinoff Couchfunk aber über Startup-Erfahrung und beschäftigt sich als Mitarbeiter des Beratungsunternehmens Pulsar schwerpunktmäßig mit Innovationsmanagement. "Hardware-Entrepreneure muss man sich ganz anders vorstellen als zum Beispiel App-Entwickler", erklärt der Community Manager.

Internet of Things-Gründer sind um die 30 Jahre alt

Die meisten Gründer von Hardware-Startups seien eher in der Alterskategorie 30+, verfügten bereits über einige Erfahrung in Unternehmen und wollten nun professionell ihre eigenen Ideen verfolgen. Viele der Startups seien nicht in den einschlägigen Großstadt-Hotspots zu suchen, sondern oft auch auf dem Land - schließlich brauche es für eine Hardware-Gründung meist ein Team von fünf bis acht Leuten und den entsprechenden Platz.

Wegen dieser räumlichen Fragmentierung sei auch das Accelerator-Programm von Hardware.co besonders wichtig: zwei Wochen könnten sich die teilnehmenden Unternehmen - die zur Hälfte aus Deutschland und zur Hälfte aus dem Ausland stammen - austauschen, von erfahrenen Mentoren beraten lassen und sich ausgiebig mit Technik- und BWL-Themen beschäftigen.

Zwei bis dreimal im Jahr will Hardware.co das Accelerator-Programm durchführen und hat dabei neben Berlin auch München im Visier. Die Auswahl der Startups für den zweiten Accelerator in Berlin wurde soeben bekannntgegeben. Als ganzjähriges Zusatzangebot soll zudem das im Berliner Startup-Hotspot Betahaus angesiedelte Entwickler-Lab Platz eine feste Anlaufstelle für die Hardware-Szene schaffen.

Hardware.co-Repräsentant Niclas Fritz beim Meetup in München
Hardware.co-Repräsentant Niclas Fritz beim Meetup in München
Foto: Hardware.co

Keine Exklusivrechte für Conrad - aber guter Startup-Zugang

Über die Zusammenarbeit mit Conrad Electronic weiß Niclas Fritz nur Positives zu berichten. Der Kontakt zu dem Elektronikhändler sei auf einer Startup-Veranstaltung zustande gekommen. Mit der frühzeitigen Unterstützung und der Rolle als Hauptsponsor leiste Conrad einen wichtigen Beitrag zum Aufbau von Hardware.co. "Dabei geht es nicht nur um finanzielle Unterstützung, sondern auch um praktische Hilfe, zum Beispiel durch den Meisterservice von Conrad", erklärt Fritz.

Die Zusammenarbeit sei bewusst offen angelegt. Es gebe keine exklusiven Vertriebsrechte für Conrad und bei der Auswahl der beteiligten Startups habe weder der Elektronikhändler noch einer der anderen Sponsoren - wie beispielsweise das Beratungsunternehmen KPMG oder der Technologiekonzern Texas Instruments - ein Mitspracherecht. Dennoch habe Conrad Electronic durch die Unterstützung für Hardware.co natürlich einen speziellen Draht zu den angeschlossenen Startups und habe das in einigen Fällen bereits genutzt, um provisionsbasierte Sales-Deals zu schließen oder sich mit Investments an einzelnen Unternehmen zu beteiligen.Einzelne von Hardware.co-Mitgliedern entwickelte Produkte hätten bereits den Weg in das Sortiment von Conrad gefunden, darunter das IoT-Entwickler-Kit Wunderbar oder die Druck-Sensoren von OptoForce.

Wie die beiden Beispiele zeigen, beschäftigen sich viele Hardware.co-Startups mit Produkten, die eher nicht auf den Massenmarkt zielen. "Vernetzte Geräte und Wearables sind nur ein Teil unseres Spektrums", bestätigt Niclas Fritz. Gleichzeitig ist sich der Berater sicher, dass künftig immer mehr Produkte den Weg in den Handel finden werden, die von Startups hergestellt würden. So seien heute fast sämtliche Wearables-Hersteller im Prinzip Startups. "Neue Technologien wie 3D-Druck und Developer Kits haben dazu beigetragen, dass Hardware-Startups für vergleichsweise schmales Geld aufgebaut werden können und auch schnell eine Kleinserie von beispielsweise zehn Exemplaren herstellen können."

Weitere Impulsgeber für die lebendige Startup-Szene seien günstige Fabrikkapazitäten in Asien und Osteuropa, die zunehmende Rechen-Power von Smartphones und die fortgeschrittene Verschmelzung von Hard- und Software. Zudem würden sich Startups in der Regel auf die wesentlichen Prozesse konzentrierten und alle ergänzenden Funktionen ausgliedern. "Eine Technologie-Gründung wird heute nie mehr ein zweites Siemens sein, sondern ist von Anfang an viel arbeitsteiliger angelegt", erklärt Niclas Fritz.

Powered by Conrad: Das Hardware.co Lab in Berlin
Powered by Conrad: Das Hardware.co Lab in Berlin
Foto: Hardware.co

Sind Startups die Massenanbieter von morgen?

Das Prinzip der Arbeitsteilung sieht der Hardware.co-Repräsentant auch dann am Werk, wenn es um den Vertrieb der fertigen Produkte geht: "Der Traumpartner für viele Startups ist dabei nicht unbedingt ein reines Handelsunternehmen, sondern idealerweise ein Händler, der auch Kompetenzen und Kapazitäten bei der Fertigung besitzt". Gerade deshalb passe Conrad Electronis als technologielastiger Elektronikhändler so gut zu der Entwickler-Community.

Aber auch andere große Namen könnte sich Niclas Fritz als potenzielle Vertriebspartner von Hardware.co vorstellen - zum Beispiel Distributoren oder logistikstarke Elektromarktketten. Bei Online-Händlern sehe der Sachverhalt etwas schwieriger aus. Diese mögen zwar innovativ sein, verfügten aber oft nicht über die nötige Größe: "Die Partner müssen in der Lage, mit den Startups einen nachhaltigen Vertrieb aufzubauen, sonst sind die Produkte schnell ausverkauft."

Gehe es um den Online-Vertrieb, gebe es für die Startups zudem noch eine probate Alternative: Crowdfunding-Kampagnen auf Plattformen wie Indiegogo, die neben einem Absatzkanal auch eine gute Google-Reichweite böten. Stellt sich ein, was Niclas Fritz erwartet, und die Massenanbieter von morgen sind tatsächlich Startups, darf sich der Handel also auf einige Veränderungen einstellen. Heute bereits gute Beziehungen aufbauen, wie es Conrad Electronic tut, ist hier sicherlich nicht die schlechteste Strategie. (rw)

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