Lage des Unternehmens
SAP-Chef Bill McDermott hat mit den Zahlen zum ersten Quartal den Investoren eine klare Marschrichtung bei der Entwicklung der lange so unter Druck stehenden operativen Marge versprochen. Diese war einst das Aushängeschild des Konzerns, mit dem Schwenk zur wachstumsträchtigen Cloudsoftware aus dem Internet sank sie allerdings mehrere Jahre in Folge. Die Software zur Miete konnte noch nicht mit den Gewinnen aus großen Einmalzahlungen für Softwarelizenzen mithalten.
Nun soll es aber fünf Jahre in Folge aufwärts gehen mit der Profitabilität, weil die Ratenzahlungen für Software mit der Laufzeit rentabler werden. SAP hat seine Kernsoftware zur Unternehmenssteuerung (S4 Hana) inzwischen in die Cloud gehievt und verzeichnet auch hier mehr Kundschaft. Auch die sogenannten Geschäftsnetzwerke Ariba (Einkaufsplattform für Unternehmen), Fieldglass (Verwaltung von Leiharbeitern) und Concur (Abwicklung von Reisekosten) wachsen stark.
McDermott muss nach seiner Ansage bezüglich der Marge nun unter Beweis stellen, dass sich die milliardenschweren Zukäufe der vergangenen Jahre auszahlen und das Cloudgeschäft die versprochenen Gewinne auch einfahren kann. Für Callidus hat SAP vergangenes Jahr 2,4 Milliarden US-Dollar ausgegeben, für Qualtrics rund 8 Milliarden Dollar. Der Konzern wildert damit immer stärker im Revier des US-Rivalen Salesforce, der auf Software für Vertrieb und Kundenkontakt spezialisiert ist. Nun sind größere Zukäufe bei SAP vorerst tabu: Schulden sollen abgebaut werden, auch Aktienrückkäufe sind geplant. Details dazu werden aber erst für den Kapitalmarkttag im November erwartet.
Im Januar stieß der Konzern die erste größere Umbaurunde nach 2015 an, bis zu 4400 Mitarbeiter sollen in andere Funktionen wechseln oder auch mittels Abfindungen die Firma verlassen. SAP rüstet sich damit nach eigenen Angaben für künftige Technologien wie Künstliche Intelligenz und die Vernetzung von Geräten. Das Programm sorgte im ersten Quartal für Kosten von fast 900 Millionen Euro und damit zum ersten Mal seit knapp 17 Jahren für einen Quartalsverlust.
Das erwarten die Analysten
Von April bis Juni dürfte SAP laut dem vom Unternehmen in Auftrag gegebenen Stimmungsbild einen Umsatz von 6,7 Milliarden Euro erzielt haben, rund 12 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern sollte den Schätzungen von 21 Analysten zufolge um 14 Prozent auf 1,87 Milliarden Euro gestiegen sein. Die operative Marge läge damit bei 27,7 Prozent nach 27,3 Prozent im Vorjahreszeitraum. Der Gewinn unter dem Strich klettert nach Expertenmeinung um gut ein Drittel auf 971 Millionen Euro.
Treiber des Wachstums bei SAP wäre weiter die Cloudsparte mit einem Umsatzwachstum von rund 41 Prozent auf 1,73 Milliarden Euro - auch dank des Callidus-Zukaufs. Die Erlöse aus Softwarelizenzen hingegen könnten leicht zurückgehen und unter der Schwelle von einer Milliarde Euro bleiben.
Analysten werfen vor allem einen Blick darauf, wie sich die Bruttomargen in der Cloudsparte entwickelt haben. Mainfirst-Experte Chandramouli Sriraman vermutet allerdings eine schwache Entwicklung der Finanzmittel - das liege an höheren Auszahlungen wegen der aktienbasierten Vergütung. Steigt bei SAP der Aktienkurs, dann erhalten Mitarbeiter und Manager im Rahmen ihres Gehalts mehr Geld - das beeinflusst auch das Nettoergebnis.
Baader-Analyst Knut Woller verwies auf besser als erwartet ausgefallene Lizenzerlöse des SAP-Rivalen Oracle, was auf ein ordentliches Umfeld für Softwarehersteller hindeute. Auch der schwächere Eurokurs sollte Rückenwind geliefert haben. Laut den Branchenexperten von Barclays könnten aber auch mögliche Hinweise auf einen Konjunkturabschwung in verschiedenen Regionen interessant werden.