Mit Markenbotschaftern wie Miroslav Klose, Mehmet Scholl und jetzt Rudi Völler setzt Expert seit Jahren zu den Fußball Welt- und Europameisterschaften auf prominente Gesichter. Mit Euronics räumt zumindest einer der Wettbewerber von Expert im Verbundgruppen-Umfeld ebenfalls dem Fußballsport eine große Rolle in der Werbestrategie ein. Nach einigen Jahren mit Torwartlegende Oliver Kahn als Testimonial kooperiert Euronics nun allerdings mit dem UEFA Frauenfußball und hat sich damit für eine etwas weniger prominente, aber auch weniger kostenintensive Option entschieden. Wir haben mit Vertretern beider Verbundgruppen gesprochen und die jeweilige Fußballstrategie unter die Lupe genommen.
Marcus Willbold, Geschäftsbereichsleiter Marketing & E-Commerce bei Expert, erklärt, geht es der Verbundgruppe mit ihren bundesweit fast 300 Fachmärkten vor allem darum, die verkaufsfördernde Wirkung der Fußballturniere weiter zu verstärken: "Zwar gab es rund um die letzte Welt- und Europameisterschaft mit dem nicht optimalen Abschneiden der deutschen Mannschaft fast keinen Effekt, doch in der Vergangenheit ließ sich bei einem gut verlaufenen Turnier ein Umsatz-Uplift in der Unterhaltungselektronik von bis zu acht Prozent beobachten." Klassischerweise ist es die Bereitschaft zur Anschaffung eines neuen TV-Geräts oder von peripheren Artikeln wie zum Beispiel einer Soundbar, die bei den Konsumenten bereits im Vorfeld einer EM oder WM sichtbar ansteigt. "Nach einer überstandenen Vorrunde lässt sich dann noch einmal eine Zunahme der Kaufentscheidungen beobachten, zum Beispiel weil man die Freunde zum gemeinsamen Fußballschauen einlädt und dafür nun einen größeren Fernseher benötigt", erzählt Willbold.
Was sich Expert von Rudi Völler erhofft
Auf diesen Effekt und ein möglichst gutes Abschneiden der deutschen Nationalelf bei der anstehenden Heim-EM hofft die gesamte Elektronikbranche - und entsprechend hoch ist auch der Wettbewerb in dem Segment, das neben den Fachhandelskooperationen auch von Schwergewichten wie MediaMarktSaturn und Amazon geprägt wird. "In diesem Umfeld erhoffen wir uns von unserem Markenbotschafter gewissermaßen ein Podest, das es uns ermöglicht, einige Zentimeter über unsere Wettbewerber hinauszuwachsen", beschreibt Marcus Willbold den von Expert mit der Verpflichtung der prominenten Testimonials angestrebten Effekt. Für die Europameisterschaft 2024 setzt Expert dabei auf Rudi Völler, den seit Jahresanfang amtierenden Sportdirektor der deutschen Nationalmannschaft. Ab Mai 2024, aber auch über die EM hinaus tritt Völler als Botschafter der Marke Expert auf und wirkt auch im Rahmen der seit 2023 laufenden, von Saint Elmo's Hamburg entwickelten Kampagne "Technik-Nachbarn" mit, in der sich Expert als servicestarker, stationär verwurzelter Elektronikhändler präsentiert. "Mit seinem Image, das ganz ohne Skandale auskommt und das für Sympathie und Ehrlichkeit steht, passt Herr Völler optimal zu unserer Markenbotschaft", erklärt der Marketing-Chef von Expert.
Ob diese Rechnung aufgeht, wird sich bei der ersten Kampagnenauswertung nach Abschluss der Fußball-EM zeigen. Für Expert lässt sich der Erfolg eines Testimonials vor allem an der Auswirkung auf den Net Promoter Score (NPS) messen. "In der Vergangenheit konnten wir mit unseren Markenbotschaftern aus dem Fußball beim NPS Steigerungen von bis zu zehn Prozent messen", erzählt Marcus Willbold. Die daraus resultierende stärkere Wahrnehmung von Expert und die erhöhte Bereitschaft, die Marke weiterzuempfehlen, betrachtet der Manager als primäres Ziel des Sponsorings. Umsatzeffekte beruhten dagegen immer auf einer Wechselwirkung aus Kampagne, Ware und der allgemeinen Stimmungslage. Als Verbundgruppe hat Expert in seiner Kampagnenplanung allerdings neben den Endkunden immer auch noch weitere Adressaten im Blick: "Als Markenbotschafter soll Rudi Völler auch unsere Händler motivieren. Wir befinden uns bekanntlich in einer Marktlage, wo der gesamten Branche keine Umsätze zufliegen und deshalb viele Hoffnungen auf die EM gerichtet sind." Bereits im Februar trat Völler deshalb im Rahmen der Expert-Geschäftsführertagung auf. Zudem setzt die Verbundgruppe mit der Verpflichtung der Fußball-Ikone auch auf eine positive Botschaft in Richtung der Industriepartner.
Deshalb setzt Euronics auf Frauenfußball
Bei Euronics sieht man eine rein auf prominente Markenbotschafter ausgerichtete Marketingstrategie eher skeptisch. Von 2013 bis 2020 leistete sich Euronics den damals als TV-Kommentator aktiven Ex-Nationaltorhüter Oliver Kahn als prominentes Aushängeschild, verzichtet heute aber auf ein ähnlich bekanntes Werbegesicht. "Will man zu einem Turnier wie der EM 2024 mit einem Top-Testimonial auftreten, muss man sehr tief ins Portemonnaie greifen", sagt Euronics-Vorstandssprecher Benedict Kober. Dem stehe nur ein sehr unsicherer Nutzen gegenüber: "Die von den Fußballturnieren ausgelösten Umsatz-Peaks sind immer flacher geworden und selbst wenn es mal einen starken Zuwachs gibt, folgt danach wieder ein steiler Abfall. Im Saldo sind die durch EM und WM ausgelösten Effekte nicht so riesig", so der Euronics-Chef.
Ganz auf den Werbeeffekt der Ballsportart Nr. 1 verzichtet die Verbundgruppe dennoch nicht. Seit 2021 ist der internationale Euronics-Dachverband offizieller Partner des UEFA-Frauenfußballs. Euronics Deutschland nutzt die Kooperation, um Anlässe wie die Fußball-Europameisterschaft der Frauen 2022 in England und die anstehende Frauen-EM 2025 in der Schweiz in das Marketing miteinzubeziehen, zudem setzte man 2022/23 auf die bekannte deutsche Fußballerin Almuth Schult als Testimonial. "Das Engagement von Euronics International für den UEFA-Frauenfußball passt total in die heutige Zeit", erklärt Benedict Kober. "Es geht hier um Themen wie Gleichberechtigung und Diversität - Werte, für die auch wir stehen. Zudem ist es eine ehrliche Sportart, bei der es noch nicht so viel Kommerz gibt und das passt sehr gut zum Fachhandel." Vor allem auf die Sichtbarkeit und die Markenwerte von Euronics wirke sich die Kooperation mit dem UEFA-Frauenfußball positiv aus, aber auch darüber hinaus ergäben sich wieder Chancen. "Einer unserer Fachhändler brachte beispielsweise Einlaufkinder zu einem Halbfinalspiel der UEFA Women's Champions League. Das sind 'Money can't buy'-Momente für die Kinder und ihre Eltern - und gleichzeitig entsteht dabei unglaublich viel Material, das für Social Media geradezu prädestiniert ist", erzählt Euronics-Vorstandssprecher Kober. Auch ohne teures Top-Sponsoring zur EM 2024 profitiert die Verbundgruppe damit fortlaufend von der ungebrochenen Anziehungskraft des Fußballsports.