Wenn Menschen zusammenarbeiten, entstehen immer wieder Konflikte, denn dann prallen auch unterschiedliche Meinungen, Einschätzungen, Interessen und Bedürfnisse aufeinander. Doch Konflikte sind nicht per se negativ. Für Führungskräfte kann das längerfristige Fehlen von Konflikten sogar ein Alarmsignal sein. Denn dann sind ihre Mitarbeiter oft nicht mehr mit Herzblut bei der Sache. Also reiben sie sich auch nicht aneinander.
Interessengegensatz oder Konflikt?
Doch was ist überhaupt ein Konflikt? Hierfür ein Beispiel. Angenommen zwei Mitarbeiter arbeiten in einer Abteilung. Herr Walz macht oft Überstunden, Frau Holz hingegen geht stets Punkt 16 Uhr nach Hause. Das ist so lange kein Konflikt, wie beide dies okay finden. Angenommen nun Herr Walz möch-te ebenfalls früh nach Hause. Er kann dies aber nur, wenn Frau Holz länger bleibt. Darauf angespro-chen sagt sie: "Geht nicht. Ich muss um 16.15 Uhr meine Kinder aus dem Hort holen." Auch jetzt besteht noch kein Konflikt, sofern Herr Walz die Begründung akzeptiert und seine Interessen zurückstellt.
Zum Konflikt wird der Interessengegensatz erst, wenn Herr Walz denkt: "Immer soll ich Rücksicht nehmen. Was ich will, ist dieser Egoistin egal." Denn nun behindern sich Herr Walz und Frau Holz wechselseitig beim Erreichen ihrer Ziele. Sie sind zudem voneinander abhängig. Wenn Frau Holz früh geht, muss Herr Walz bleiben - und umgekehrt. Und weil Frau Holz sich weigert, länger zu bleiben, fühlt Herr Walz sich mit seinen Interessen nicht ernst genommen: Er ist verletzt.
Die drei Merkmale eines Konflikts
Einen Konflikt kennzeichnen also drei Elemente:
• eine gegenseitige Zielbehinderung,
• eine wechselseitige Abhängigkeit der Beteiligten und
• eine Verletzung auf der Beziehungsebene.
Dies gilt sowohl für Konflikte zwischen
• einzelnen Mitarbeitern oder Mitarbeitergruppen, als auch
• Bereichen oder Unternehmen, die zum Beispiel in einer Kunden-Lieferanten-Beziehung zueinander stehen.
Und hier liegt auch der Ansatzpunkt, um Konflikte früh zu erkennen - zum Beispiel, indem man analysiert:
• Wer ist von wem wie abhängig? Und:
• Welche Mitarbeiter, Arbeitsgruppen, Teams oder Bereiche sind folglich potenzielle Konfliktpartner?
Dann ist auch eine Konfliktlösung oder -moderation möglich. Sie ist oft nötig. Denn Konflikte schmä-lern, sofern sie nicht bearbeitet werden, schnell die Leistung. Also bedarf es in den Unternehmen Per-sonen, die über die Kompetenz verfügen,
• Konflikte früh zu erkennen und aufzugreifen sowie
• den Mitarbeitern ein wirksames Instrumentarium zu deren Bearbeitung an die Hand zu geben.
Zuweilen können diese sogenannten Konfliktlotsen Führungskräfte sein. Häufig können sie vorhandene Konflikte jedoch nicht moderieren. So zum Beispiel, wenn sie selbst in den Konflikt (emotional) involviert sind. Dann sollte eine neutrale Person die
• Konfliktparteien bezüglich geeigneter Lösungsstrategien beraten und/oder
• mit ihnen eine Lösung aushandeln - sofern gewünscht.
Diese Konfliktlotsen müssen über gewisse Fähigkeiten und Eigenschaften verfügen. Sie sollten zum Beispiel (Konflikt-)Gespräche lösungsorientiert führen und aktiv zuhören können. Sie sollten zudem mit den Methoden zur Deeskalation von Konflikten sowie zur Konfliktintervention vertraut sein.
Daneben sind folgende Grundhaltungen wichtig:
1. Allparteilichkeit. Denn eine Konfliktmoderation kann nur erfolgreich sein, wenn der Konfliktlotse (emotional) nicht Partei für eine Konfliktpartei und eine mögliche Lösung ergreift.
2. Vertraulichkeit. Denn die Konfliktparteien sprechen nur offen über ihre Gefühle, Verletzungen und Bedürfnisse, wenn sie sicher sind, dass die Gesprächsinhalte, wie vereinbart, im Raum bleiben.
Außerdem haben Konfliktlotsen eine Vorbildfunktion. Das heißt, sie müssen auch selbst einen konstruktiven Umgang mit Konflikten pflegen.