Henning Kagermann im Porträt
Insgesamt elf Jahre leitete Henning Kagermann die SAP, Deutschlands einzigen IT-Konzern von weltweiter Bedeutung, und führte sie in das Service-orientierte Zeitalter. Heute arbeitet er als Chef der Wissenschaftsakademie Acatech daran, den Standort Deutschland auf eine digitalisierte und vernetzte Weltwirtschaft vorzubereiten. In dieser Rolle konnte Kagermann das Vertrauen von Bundeskanzlerin Angela Merkel gewinnen: Er ist ein wichtiger Ratgeber für IT-Standortfragen.
Der Start: Promotion und Habilitation in Theoretischer Physik
Kagermann hat in seinem Berufsleben zwei bedeutende Weichenstellungen erlebt. Eigentlich hatte eine wissenschaftliche Karriere angestrebt und mit seiner Promotion und Habilitation in Theoretischer Physik einen belastbaren Grundstein dafür gelegt. Doch nach zwei Jahre Professur an der Technischen Hochschule seiner Heimatstadt Braunschweig zog es ihn in die Wirtschaft. 1982 heuerte er beim damals noch relativ kleinen Softwarehaus SAP an, um dort die Ressorts Kostenrechnung und Projektcontrolling zu leiten. "SAP war ein schöner Abschnitt in meinem Leben, ich habe viel erlebt. Als ich angefangen habe, hatten wir 80 Beschäftigte, heute sind es 50.000", sagte er in einem Interview, das die FAZ mit ihm zum Abschluss seiner SAP-Karriere im Jahr 2009 führte.
Einstieg und Aufstieg bis zum CEO bei SAP
Bei der SAP stieg Kagermann schnell auf, nach einigen Zwischenstationen berief ihn der Aufsichtsrat 1998 neben SAP-Gründer Hasso Plattner zum Co-CEO. 2003 wurde er alleiniger Konzernlenker. Er war damit der erste SAP-Chef, der sich nicht aus den Reihen der Gründer rekrutierte. Kagermann galt immer als Techniker, Zahlenmensch und nachhaltig ausgerichteter CEO. Er führte die SAP aus der ersten schweren Krise und bereitete das Unternehmen auf die Anforderungen einer Service-orientierten IT-Welt vor. Unter seiner Leitung startete SAP erste - allerdings etwas unbeholfene - Gehversuche im Cloud-Geschäft. Kagermann fädelte mit der Business-Objects-Übernahme zudem die bis dato größte Akquisition ein. 2009 übergab er den Stab an Leó Apotheker.
Acatec-Präsident und Merkels High-Tech-Berater
Der darauf folgende nahtlose Wechsel an die Spitze der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften e.V. (Acatech) markiert den zweiten großen Schritt in Kagermanns Berufsleben. In seinem aktuellen Job agiert er seit 2009 an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Schon 2010 machte Angela Merkel ihn zum Chef der von ihr geschaffenen "Nationalen Plattform Elektromobilität".
In der Forschungsunion, ein Gremium, das das Bundesforschungsministerium in Sachen High-Tech-Standort Deutschland berät, leitet Kagermann die Promotorengruppe Kommunikation. Hier entstanden erste Ideen und Initiativen zum Thema Industrie 4.0. Auch hier besteht eine wichtige Aufgabe darin, alle Stakeholder, also Wirtschaft, Arbeitnehmervertreter und Politik, ins Boot zu holen. Das Ergebnis spricht für sich: Kagermann ist es gelungen, die drei Branchenverbände Bitkom, ZVEI und VDMA sowie große Gewerkschaften auf der Plattform Industrie 4.0 zu versammeln. Zudem hat der Begriff Eingang in den aktuellen Koalitionsvertrag gefunden.