VG Braunschweig (II)
Das VG Braunschweig (VG Braunschweig,4 A 149/07, 15.07.2008) lehnte bereits in einer früheren Entscheidung die Gebührenpflicht ab.
- Das Gericht äußerte Bedenken an der Tragfähigkeit der Gebührengrundlage, da eine Auslegung des Tatbestandsmerkmals "neuartige Empfangsgeräte" vom Gesetzgeber selbst zu übernehmen gewesen wäre und nicht der Auslegung durch die GEZ überlassen werden dürfte.
- Ferner könne die Gebührenpflicht gegen die Berufsfreiheit des Grundgesetzes verstoßen (Art. 12 GG), da der Kläger aus steuerrechtlichen Gründen gezwungen sei einen internetfähigen Computer vorzuhalten (Umsatzsteueranmeldung, § 18 I UStG) und er daher, anders als private Nutzer, keine Wahl habe.
- Die Gebührenpflicht wurde letztlich verneint, da der PC als gebührenfreies Zweitgerät genutzt worden ist. Besonders bemerkenswert ist daher aber, dass sich das Gericht trotzdem zu sonstigen Bedenken geäußert hat, wozu es aufgrund der Sachlage nicht gehalten war.
Bewertung
Insgesamt hat ein gerichtliches Verfahren gegen die Rundfunkgebührenpflicht gute Aussichten auf Erfolg. Zwei die Gebührenpflicht bejahenden Entscheidungen stehen sechs Entscheidungen zu Gunsten der Gerätebesitzer gegenüber.
Wesentliche und gewichtige Argumente sprechen gegen die Gebührenpflichtigkeit von gewerblich genutzten PCs, die nicht zum Rundfunkempfang genutzt werden.
- Dem Begriff des "neuartigen Rundfunkempfangsgeräts" mangelt es an hinreichender Bestimmtheit. Eine gesetzliche Begriffsbestimmung existiert nicht. Eine solche wäre aber erforderlich, wie sich aus dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot oder der Wesentlichkeitstheorie ableiten lässt. Einem normalen Durchschnittsbürger ist es nicht möglich, die Regelungen des RGebStV zu verstehen (vgl. VG Wiesbaden, Az. 5 E 243/08.WI, 24.11.2008). Daher sind Zweifel an der Tragfähigkeit der Gebühreneinzugsermächtigungsgrundlage angebracht.
- Weiterhin ergibt sich die Gebührenpflicht nur im Umkehrschluss aus den Regeln der Befreiung von der Gebührenpflicht, § 5 III RGebStV (vgl. VG Wiesbaden, Az. 5 E 243/08.WI, 24.11.2008).
- Darüber hinaus ist nicht einmal geklärt, ob die bloße abstrakte Internetfähigkeit die Gebührenpflicht begründen soll oder ob ein tatsächlicher Internetanschluss erforderlich ist (VG Wiesbaden, Az. 5 E 243/08.WI, 24.11.2008).
- Ein Bereithalten zum Empfang erfordert ein finales Element, das, anders als bei herkömmlichen und klassischen Empfangsgeräten, bei ausschließlich gewerblicher Nutzung eines PCs jedenfalls nicht indiziert ist. PCs werden typischerweise zu anderen Zwecken, als zum Rundfunkempfang eingesetzt. Sogar im privaten Umfeld ist diese Vermutung für den Besitzt eines PCs bereits nicht anerkannt worden (siehe VG Münster, 7 K 1473/07, 26.09.2008). Die ARD/ZDF-Online-Studie 2007 belegt, dass nur 3,4% der Online-Nutzer und 2,1% der Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren im Jahr 2007 täglich Online-Radiosendungen hörten. Daher muss das finale Element der Tatbestandsmerkmale "Bereithalten" und "zum Empfang" verneint werden, solange nicht der Beweis des Gegenteils seitens der Rundfunkanstalt geführt worden ist (vgl. VG Koblenz, Az. 1 K 496/08.KO, 15.07.2008).
- Eine Gebührenpflicht, die an den bloßen Besitz eines Computers anknüpft kollidiert mit dem Grundrecht der Informationsfreiheit (VG Berlin, Az. VG 27 A 245.08, 17.12.2008; VG Koblenz, Az. 1 K 496/08.KO, 15.07.2008; VG Braunschweig, Az. 4 A 109/07, 21.10.2008; VG Münster, 7 K 1473/07, 26.09.2008). Einem vergleichsweise kleinen Angebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten steht das Informationsangebot des gesamten Webs gegenüber. Die Gebührenpflicht könnte nur vermieden werden, wenn auf einen internetfähigen PC verzichtet würde und so die große Masse der sonstigen Online-Informationsangebote nicht zugänglich wären. Dies macht die Gebührenpflicht unverhältnismäßig.
Zudem kann eine unbefugte Nutzung der Internetangebote leicht seitens der Rundfunkanstalten durch eine erforderliche Registrierung der Nutzer eingedämmt werden (VG Koblenz, Az. 1 K 496/08.KO, 15.07.2008).