Mikro- und makroökonomische Veränderungen
Neben diesen gesellschaftlichen Veränderungen gibt es mikro- und makroökonomische, die die Personalstrategien und -konzepte vieler Betriebe infrage stellen. Einige seien genannt.
Veränderung 1: Die Unternehmen sind heute netzwerkartiger als früher strukturiert.
In den tayloristisch organisierten Betrieben der Vergangenheit hatte jeder Mitarbeiter seine klar definierten Aufgaben, die häufig in einer Stellenbeschreibung fixiert waren. Heute hingegen sollen (zumindest in den Kernbereichen der Unternehmen) die Mitarbeiter meist in bereichs-, hierarchie- und zuweilen sogar unternehmensübergreifenden Teams die ihnen übertragenen Aufgaben lösen - weitgehend eigenständig. Deshalb fordern sie von ihren Führungskräften zu Recht mehr Information und Partizipation. Daraus folgt: Die Unternehmen müssen ihre tradierten Führungsmodelle überdenken, weil sie häufig mit dem Arbeitsalltag ihrer Mitarbeiter kollidieren.
- Lach doch mal!
Ödön von Horvarth hat einmal gesagt, "Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu". Diese Ausrede verwenden viele Menschen auch im Berufsleben und entschuldigen so ihr ernstes Auftreten im Business. Damit macht man sich das Leben und den Arbeitsalltag unnötig schwer. Eckart von Hirschhausen empfiehlt: "Lachen Sie öfter. Notieren Sie, wann und worüber Sie heute schon gelacht haben. Machen Sie sich witzige Momente bewusst und verinnerlichen Sie sie." - Haben Sie nicht immer recht!
Bemühen Sie sich um eine gelassenere Sicht der Dinge. Von Hirschhausen: "Wollen Sie Recht behalten oder glücklich sein, beides geht nicht." - Arbeiten mit Vergnügen
Die Maxime "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen" mag zur Zeit der Industrialisierung gegolten haben. Heute braucht man vielmehr das Vergnügen an der Arbeit, um motiviert zu sein, gute Leistungen zu vollbringen. Wie sieht es mit Ihrer Arbeitsmotivation aus? Von Hirschhausen rät jedem, sich zu fragen: "Würde ich es auch tun, wenn ich kein Geld dafür bekäme?" - Humor lernen mit dem AHA-Effekt
Seinen Humor kann man verlieren, aber auch wieder finden. Am besten lernen Betroffene Humor mit dem "Aha-Effekt". Das heißt für von Hirschhausen, aufmerksamer auf die kleinen Details des Lebens zu achten ("die Achtsamkeit erhöhen"), "Hemmungen fallen zu lassen" und Dinge "auszuprobieren". - Humor sammeln
Mit mehr Achtsamkeit fallen Ihnen mehr lustige Begebenheiten auf. Von Hirschhausen rät, alles, was Ihnen lustig erscheint, zu sammeln. Legen Sie sich eine "Schatzkiste" (Dateiordner) an, in der Sie lustige Ideen und Witze, komische Bilder oder Powerpoints sammeln. Die lassen sich später übrigens wunderbar in eigene Vorträge oder Präsentationen einbauen (siehe auch Punkt 9: Das Sandwich-Prinzip). - Erzählen Sie Witze!
Natürlich geht es nicht ohne Übung. Daher meint der Humor-Coach: "Üben Sie drei Witze richtig gut ein. Zuerst da, wo ein Scheitern nicht weh tut." Etwa mit Freunden am Telefon. Durch Wiederholung wird man besser. Allerdings sollte man sich stets erinnern, in welchem Kreis man seinen Witz schon zum Besten gegeben hat. - Öffentlich üben
Ein humorvoller Umgang mit sich und der Welt ist am wirksamsten in peinlichen Momenten zu trainieren. Erst wenn man die Angst vor einer Blamage verliert, ist man frei und kann auf Situationen spontan reagieren. Also üben Sie öffentlich! - Mit Freude scheitern
"Und ich bin noch nicht einmal gescheitert!" – das, so von Hirschhausen, ist das Schlimmste, was man sich am Ende eines Tages vorwerfen könne. Also haben Sie Mut zum Scheitern, denn nur so lernt man. Und sein Tipp zur inneren Einstellung, wie man mit dem Scheitern umgehen soll: Nicht ärgern, denn "Ärger, den man nicht gehabt hat, hat man nicht gehabt". - Das Sandwich-Prinzip
Zum Schluss gibt der Kabarettist noch einen konkreten Hinweis, wie sich Humor in Geschäftsvorträge einbauen lässt, nämlich nach dem Sandwich-Prinzip: Bei sehr trockenen Passagen können Sie die Aufmerksamkeit Ihres Publikums durch eine humorvolle Einlage zurückgewinnen beziehungsweise erhöhen. Anschließend fällt es allen Beteiligten leichter, sich wieder der sachlichen Ebene zu widmen.
Veränderung 2: Die Beziehung Arbeitgeber-Arbeitnehmer ist häufiger eine Kooperation auf Zeit.
Die Unternehmen müssen heute ihre Strategien in immer kürzeren Zeitabständen überdenken, da sich ihre Märkte rasch wandeln. Deshalb können sie ihren Mitarbeitern keine lebenslangen Beschäftigungsgarantien mehr geben, wie sie dies in der Vergangenheit oft unausgesprochen taten. Die Zusammenarbeit wird zunehmend zur Zusammenarbeit auf Zeit. Das wissen auch die Mitarbeiter. Deshalb binden sie sich emotional nicht mehr so stark wie früher an ihre Arbeitgeber. Also müssen sich die Unternehmen fragen: Wie stellen wir eine Identifikation mit dem Unternehmen sicher, selbst wenn die Zusammenarbeit mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Zusammenarbeit auf Zeit ist?
Veränderung 3: Die Arbeits- und Qualifikationsanforderungen wandeln sich immer schneller.
Aufgrund des sich rasch wandelnden Unternehmensumfelds wandeln sich auch die Anforderungen an die Mitarbeiter schneller. Deshalb erwarten sie von ihren Arbeitgebern eine aktivere Unterstützung beim Weiterentwickeln ihrer Kompetenz, damit sie auch morgen noch begehrte Arbeitnehmer sind, weil sie über die geforderte Qualifikation verfügen. Daraus erwächst die Herausforderung für Unternehmen: Sie müssen ihre Personalentwicklungs- und Führungskonzepte so umgestalten, dass jeder Mitarbeiter die Unterstützung erfährt, die er – als Individuum – zum Erhalt oder Ausbau seiner beruflichen Kompetenz und zum Wahrnehmen seiner (künftigen) Aufgaben braucht.
Veränderung 4: Die "Siemens-" oder "Opel-Familie" gibt es nicht mehr.
In den zurückliegenden Jahrzehnten wurden die meisten Großunternehmen aus betriebswirtschaftlichen Gründen in Holdings umgewandelt. Das heißt, die Unternehmensspitze sourcte die Bereiche, die aus ihrer Warte nicht zu den Kernbereichen zählten, entweder aus oder wandelte sie in Tochtergesellschaften um, in denen meist auch andere Tarifverträge als bei der "Mutter" (oder gar keine mehr) gelten. Sie ersetzte zudem (speziell auf der operativen Ebene) oft Teile der Stammbelegschaft durch Leiharbeiter. Das registrierten (und spürten) selbstverständlich auch die Mitarbeiter, weshalb sie emo-tional auf Distanz zu ihrem Arbeitgeber gingen und das tradierte Gefühl "Wir sind eine Familie" zerbrach. Also müssen sich die Unternehmen fragen: Wie können wir das Gemeinschaftsgefühl in unserer Organisation bewahren, obwohl unsere Mitarbeiter faktisch für verschiedene Unternehmen arbeiten, die häufig unterschiedliche Personalstrategien haben?
Sich mit den oben skizzierten Veränderungen und Herausforderungen zu befassen, ist für Personalverantwortlichen zielführender, als sich mit der Generation Y oder Why zu beschäftigen – denn diese ist nur ein Trugbild am Medienhorizont.
Weitere Infos: Dr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der international agierenden Unter-nehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal (www.kraus-und-partner.de), für die über 100 Berater, Trainer und Projektmanager arbeiten. Der diplomierte Wirtschaftsingenieur ist u.a. Autor des "Change Management Handbuch" und zahlreicher Projektmanagement-Bücher. Seit 1994 ist er Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence und der technischen Universität Clausthal.