Christian Leutner, der das gesamte Produktgeschäft bei Fujitsu in Mittel- und Osteuropa, in Nahost und Indien verantwortet, gab in München ehrlich zu, dass das Siegel "Made in Germany" sich für Fujitsu nicht ausgezahlt hat. Seiner Ansicht nach ist der Preis das alles entscheidende Differenzierungsmerkmal bei der Auswahl von Hardware. Da fallen schon die geringfügig höheren Produktionskosten in Deutschland ins Gewicht.
"Für die durch die Werksschließung in Augsburg betroffenen Mitarbeiter ist das natürlich ein gewaltiger Einschnitt, aber wir nehmen uns für diesen Prozess bewusst zwei Jahre Zeit, um ihn bis September 2020 so sozialverträglich wie möglich zu gestalten", so Leutner. "Für uns ist das ein schwieriger Schritt, mit der Aufgabe des Produktionsstandorts Deutschland verlieren wir ein Stück unserer DNA."
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Denn "neben vielen Vorteilen bringt die Zusammenlegung von Fertigung, Forschung und Entwicklung in Asien auch einige Nachteile: Die bisher aus Augsburg bezogenen Leistungen müssen jetzt mühsam aus Japan herangeschafft werden, da gibt es sprachliche und kulturelle Hürden. Das wird nicht immer 100-prozentig reibungslos funktionieren."
Folgen der Werksschließung für den Channel
Louis Dreher, Senior Director Channel Sales bei Fujitsu Zentraleuropa, sieht durch die Aufgabe des Standorts Augsburg die Distributoren in der Pflicht. Sie werden seiner Ansicht nach einige Logistikdienstleistungen, die Fujitsu heute noch selbst erbringt, übernehmen. "Unsere Distributoren werden das gerne tun, weil ihnen ihr traditionelles Geschäft immer mehr wegbricht." Die kundenindividuelle Konfektionierung und Veredelung der Fujitsu-Hardware (BTO: Build to Order) werden Distributoren gemeinsam mit Resellern weiterhin betreiben ("Channel Assembly"), da ist sich Dreher ganz sicher.
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In diesem Zusammenhang plädiert der Channel-Chef auch dafür, dass Fujitsu-Partner enger zusammenarbeiten: "Das verstehe ich unter Digital Co-Creation". Und hier nennt Dreher auch gleich noch ein Beispiel. Der Fujitsu-Partner alphasystems hat für die Augsburger Panther eine Software entwickelt hat, mit der die Geschäftsprozesse bei dem Eishockey-Club optimiert wurden, um neue Sponsoren zu gewinnen. "Und das alles basiert auf Fujitsu-Infrastruktur im Rechenzentrum unseres Partners, der damit eine qualitativ weit höhere Wertschöpfungskette erschaffen hat, als wenn er nur Boxen dahin geliefert hätte", so der Channel-Chef.
Kommentar
Fujitsu zentralisiert nicht nur die Fertigung in Asien, auch sämtliche Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten werden sich künftig auf den Standort Japan konzentrieren. Da gehen IT-Konzerne wie Microsoft, Google, HPE oder IBM ganz andere Wege. Sie betreiben gleich auf drei Kontinenten (Nordamerika, Asien und Europa) eigene Forschungs- und Entwicklungszentren und investieren dreistellige Millionenbeträge. Sie wissen zu schätzen, dass die unterschiedlichen Regionen und ihre Menschen jeweils eigene Stärken haben und eigenes Know-how einbringen.
Zwar sagte Produktmanager Leutner zu, dass Fujitsu auch weiterhin lokal vertreten sein und auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen wird, doch mit kostenintensiver Forschung und Entwicklung hat das gar nichts zu tun. Es werden nur einzelne Personen in den lokalen Märkten als Vermittler zwischen Kunden und dem Forschungszentrum in Japan auftreten. Hierzu dienen zum Beispiel die Fujitsu Innovation Center in München, Brüssel, Dublin, London und Paris.
Angesichts der fast schon abgeschlossenen Globalisierung erscheint dieser Schritt anachronistisch. Sicherlich, japanische Ingenieure sind emsig. Doch sie entwickeln oft Produkte, die sich in Europa und Nordamerika nicht der gleichen Beliebtheit erfreuen wie etwa in Japan oder China. Dazu sind die kulturellen Unterschied zwischen der westlichen und fernöstlichen Mentalität doch zu groß. Deswegen wäre Fujitsu gut beraten, auch in Nordamerika, Europa und in Indien eigene Forschungs- und Entwicklungskapazitäten zu unterhalten. Ansonsten wird der Konzern seinen Ruf als Technologieschmiede verlieren. (rw)