Der Einstieg ins Hardwaregeschäft fällt dem Unternehmen schwer. Es muss nun rund um seine angestammte Software, das Server-Business und die frisch angekündigten Cloud-Services eine neue Strategie entwerfen.
von Martin Bayer (COMPUTERWOCHE-Redakteur)
Oracle-Boss Lawrence Ellison steckt mitten im Umbau seiner Geschäftsstrategie. Ist der Verkauf von Softwarelizenzen und den daraus automatisch resultierenden Wartungseinnahmen vergleichsweise einfach, gilt es in Zukunft ein Portfolio aus Software, Hardware und Cloud-Services auszubalancieren.
Kunden warten auf neuen Sparc
Das ist auch für einen IT-Pionier wie Oracle nicht einfach. Das Unternehmen muss lernen, dass sich Produktzyklen im Hardwaregeschäft deutlich stärker auf den Umsatz auswirken als bei der Software, wo zumindest die Wartung für kontinuierliche Einnahmen sorgt. Das mit der Übernahme von Sun Microsystems zugekaufte Hardwaregeschäft habe im Ende November abgelaufenen zweiten Geschäftsquartal wegen des Übergangs zur neuen Sparc-T4-Chip-Familie gelitten, räumte Finanzchefin Safra Catz ein. Potenzielle Kunden bräuchten Zeit, die Möglichkeiten der Plattform zu evaluieren. "Das hat Kaufentscheidungen deutlich verlangsamt", sagte Catz. "Das Quartal ist nicht so gelaufen, wie wir es uns vorgestellt hatten."
Hardware-Comeback dauert noch
Von September bis November 2011 nahm Oracle 953 Millionen Dollar mit Hardwareprodukten ein. Das sind 14 Prozent weniger als im Vorjahresquartal. Mit so einem Einbruch hatte niemand gerechnet. Auch im laufenden dritten Fiskalquartal erwartet das Management nun schleppende Geschäfte. Im letzten Viertel des Geschäftsjahres will Konzernlenker Ellison dann die Trendwende schaffen. Für das nächste Geschäftsjahr, das im Juni 2012 beginnt, verspricht er Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich.
Schlüssel dafür sollen spezielle Datenbank-, Middleware- und Analyse-Appliances sein. Schon im abgelaufenen Quartal habe der Absatz dieser vorkonfigurierten Pakete aus Hardware und Software deutlich angezogen, berichtete Ellison. Zweihundert "Exadata"- und "Exalogic"- Maschinen seien verkauft worden. In den beiden noch ausstehenden Quartalen des Geschäftsjahres soll sich diese Zahl auf 300 beziehungsweise 400 erhöhen. Damit könnten die Appliances rund eine Milliarde Dollar zum Jahresumsatz beitragen. Im nächsten Geschäftsjahr soll es doppelt so viel werden.
In diesem Jahr wird es Oracle nicht gelingen, seine ehrgeizigen Vorgaben zu erreichen, räumte Ellison ein. Der Absatz der Exadata-Maschinen sollte sich eigentlich schon im laufenden Fiskaljahr verdreifachen. Erreicht wird dem CEO zufolge immerhin ein Faktor von 2,5. Dennoch bleibt er zuversichtlich.
Das Programm mit den Highend-Maschinen soll weiter ausgebaut werden. Dazu zählen beispielsweise ein Sparc-Supercluster, von dem bereits ein System ausgeliefert ist, sowie in Gestalt von Exalytics ein In-Memory-System, das gegen SAPs HANA-Appliance antreten soll, und eine speziell für die Bearbeitung großer Datenmengen ausgelegte Big Data Appliance. Die zuletzt genannten Systeme sollen bis Ende Februar auf den Markt kommen. Dafür sollen die Geschäfte mit Commodity-Hardware weiter zurückgefahren werden.
Auch im Softwaregeschäft deuten sich Umbrüche an. Im abgelaufenen Quartal legte das Lizenzgeschäft um zwei Prozent auf zwei Milliarden Dollar zu. Analysten hatten deutlich mehr erwartet und reagierten enttäuscht, zumal dieser Wert als Indikator für die künftigen Wartungseinnahmen gilt. Mit der Cloud-Ankündigung vom Herbst vergangenen Jahres, die Oracle zudem mit der Übernahme des SaaS-Anbieters Rightnow untermauert hatte, beschreitet der Konzern neue Wege. Allerdings will sich das Management hier offenbar nicht in die Karten schauen lassen. Wurden in der Bilanz des Fiskaljahres 2011 die Cloud-Umsätze noch ausgewiesen - rund 1,4 Milliarden Dollar, knapp vier Prozent vom Gesamtumsatz -, tauchte dieser Posten in den ersten beiden Quartalsbilanzen des Geschäftsjahres 2012 nicht mehr auf.
(Computerwoche / rb)