Lebensversicherung

Was Sie zum Widerruf des Lebensversicherungsvertrags wissen müssen



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Versicherungsfall in der Rechtsschutzversicherung (RSV)

Entscheidend ist, was der Versicherte durch seine Schadensmeldung der RSV mitteilt: Dabei "ist für die Festlegung der den Versicherungsfall kennzeichnenden Pflichtverletzung allein der Tatsachenvortrag entscheidend, mit dem der VN den Verstoß seines Anspruchsgegners begründet." (BGH, Urteil vom 25.02.2015, Az. IV ZR 214/14).

Wird die Rückabwicklung und Neuberechnung beispielsweise von einem Lebensversicherer verweigert, so "liegt dessen maßgeblicher Verstoß im Sinne von § 4 (1) Satz 1 Buchst. c) ARB 2004 in der Weigerung, das Widerspruchsrecht anzuerkennen, und nicht in der behaupteten mangelnden Information bei Vertragsschluss." (BGH, Urteil vom 24.04.2013, Az. IV ZR 23/12). Entscheidend ist demnach, dass heute eine RSV besteht, bevor der Widerruf eines Kreditvertrages oder einer Versicherung ins Auge gefasst wird. Einige RSV-Anbieter haben die Deckung in Widerrufsfällen seit Mitte 2014 oder später jedoch in ihren Allgemeinen Rechtsschutz-Bedingungen ausgeschlossen.

Regelmäßig kein Deckungsausschluss in den Allgemeinen Rechtsschutz-Bedingungen (ARB)

Versicherungsbedingungen sind "so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an" (BGH, Urteil vom 25.06.2003, Az. IV ZR 32/03). Seinerzeit hatte eine RSV rechtsirrig gemeint, dass der Ausschluss (in den ARB 75) "bei Planung, Finanzierung und Errichtung von (Neu-) Bauwerken" auch die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds betrifft (BGH, Urteil vom 19.02.2003, Az. IV ZR 318/02). Auch mit einem Ausschluss von Beschlussanfechtungsklagen betreffend einen WEG-Eigentümer, braucht kein Verbraucher zu rechnen (AG Düsseldorf, Urteil vom 10.06.2015, Az. 23 C 17/15).

Der BGH hielt auch die Effekten-Klausel für unwirksam: "Die Klausel in allgemeinen Bedingungen der Rechtsschutzversicherung "Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)" ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam." Dabei hielt er zur Auslegung der ARB fest: "Fachbegriffe, die keine fest umrissenen Begriffe der Rechtssprache sind, scheiden als objektive Verständnisvorgabe für die Auslegung von Versicherungsbedingungen nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers aus.", § 307 I 2 BGB (BGH, Urteil vom 08.05.2013, Az. IV ZR 84/12).

RSV-Deckung bei konkurrierenden Rechtsansprüchen

Selbst wenn ein bestimmter vertraglicher Anspruch in den ARB (94) nicht gedeckt wäre, liegt daneben häufig auch eine unerlaubte Handlung vor: "Der Ausschluss der Geltendmachung vertraglicher Schadenersatzansprüche erstreckt sich nicht auf die Geltendmachung damit konkurrierender deliktischer Schadenersatzansprüche." (LG Hannover, Urteil vom 16.10.1998, Az. 13 O 158/98). Dies gilt entsprechend bei den ARB-RU95 (AG Mönchengladbach, Urteil vom 17.02.2004, Az. 29 C 496/03).

Gleichwohl läßt es mancher Sachbearbeiter der Schadensabteilung in der RSV darauf ankommen, ob der VN eine Kriegskasse besitzt, und die Deckung am Ende mit Erfolg einklagt, denn in den allermeisten Fällen wechseln die Versicherten dann lieber die RSV.

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