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Was Partner beim Cloud-Geschäft beachten müssen

20.06.2012

CP: Wie steht es um die Qualität der Prozessberatung bei klassischen Infrastruktur-Themen, beispielsweise bei der Installation von kleineren Server-Systemen?

Wirtz: Ein Vertriebspartner, der sich in der Vergangenheit im Wesentlichen als "verlängerter Arm der Bestellkette" seines Endkunden verstanden hat, indem er dem Kunden beispielsweise auf Anfrage zusätzliche Server, Stacks oder Speicherplatten lieferte, wird künftig ein Problem bekommen.
Dieses Geschäftsmodell ist künftig hoch riskant. Denn in vier oder fünf Jahren wird ein Unternehmen für zehn Mitarbeiter keinen Server mehr anschaffen. Und obendrein wird es andere Systemhäuser geben, die an diesen Kunden und seine Bedürfnisse anders herangehen werden.
Ich habe kürzlich mit einem Endkunden gesprochen, der sagte: "Wenn morgen ein Systemhaus käme, das mir sagt: Ich nehme Dir Deinen ganzen IT-Betrieb ab, in der Cloud, ich würde es machen, ich will mich mit dem Zeug nicht beschäftigen." Etwas plastischer ausgedrückt. Ein Partner, der am Aufbau von Server-Systemen Freude hat, sollte möglicherweise erwägen, sich künftig als Cloud-Builder zu positionieren. Denn wenn ein Kunde bestimmte Server- oder Speicherkapazitäten benötigt, dann müssen diese Systeme künftig nicht mehr im Unternehmen selbst stehen.

CP: Herr Jansen, worauf muss sich der Partner hinsichtlich seines Geschäftsmodells im TK-Bereich einstellen?

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Jansen: Ich möchte das anhand eines Beispiel veranschaulichen: Ein TK-Systemhaus hat bislang eine Telefonanlage verkauft und damit einen Umsatz von z.B. 10.000 Euro in Rechnung gestellt. Möglicherweise hat das Systemhaus auch mit den Mitarbeitern eine eher umsatz-basierte Incentive-Vereinbarung und mit seinen Lieferanten umsatz-bezogene Einkaufsverträge geschlossen. Und möglicherweise wird das Unternehmen von einem Bankberater betreut, der seine Entscheidungen von der Betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) des Partners abhängig macht. Dieser Bankberater zuckt zusammen, wenn zwar die Marge und die Rentabilität des Partners aufgrund seines Cloud-basierten Geschäfts steigen, aber der Umsatz wegbricht. Dafür will der Kundenberater bei der Bank eine Erklärung.
Das sind genau die Herausforderungen, die der Partner kennen, berücksichtigen und managen muss.
Denn wir als Cloud-Anbieter kommen erst einmal an, und nehmen - drastisch formuliert - dem Partner im Grunde genommen vielleicht 60 Prozent dieses einmal gebildeten Umsatzes weg, der bislang mit dem Verkauf der TK-Anlage inklusive ihrer Baugruppen einherging. Diesen Umsatz gibt es einfach nicht mehr. Was der Partner noch verkaufen kann, sind Endgeräte und Services, beispielsweise bei der Implementierung, und die Marge, die er im TK-Bereich in der Regel über die gesamte Lebensdauer des Kundenunternehmens erhält. Aber die BWA wird sich verändern - auch dann, wenn - wie uns unsere Partner immer wieder bestätigen, die Marge höher ist als vorher.
Die Kardinalsfrage der gesamten Cloud-Diskussion lautet also: Will ich als Partner in den eher margen-orientierten Vertrieb von TK-Ports einsteigen oder nicht. Und wenn ein Partner für diese Änderung des Geschäftsmodells eine Vorlaufzeit von zwei bis drei Jahren benötigt, dann muss man das einfach anerkennen und dann ist es aus seiner Sicht einfach wenig sinnvoll, morgen schon beim eher margen-orienten Verkauf von TK-Ports Gas zu geben.

Häring: Dem stimme ich voll und ganz zu. Diese Transformation vom reinen Projekt-Geschäft hin zu einem wiederkehrenden Geschäft mit Abrechnungsmodellen, ist kurzfristig eine echte Herausforderung. Auf lange Sicht ist das jedoch ein sehr kalkulierbares Business-Modell. Denn nach ein, zwei Jahren mit kontinuierlichen Einnahmen kann der Partner zu Beginn des Geschäftsjahres sehr genau abschätzen, wo er am Jahresende umsatz- und ertragsseitig stehen wird. Das ist beim traditionellen Projektgeschäft nicht so präzise möglich. Langfristig ist das Cloud-Geschäft also ein sehr lukratives Modell.

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