CP: Für Partner bedeutet das, dass er beim Endkunden enorme Consulting-Leistungen erbringen muss, um ihm verständlich zu machen, welche Möglichkeiten und Vorteile ihm die Cloud konkret für sein Geschäftsmodell bietet. Das ist ein großer Invest. Wenn beispielsweise ein Hersteller wie IBM, HP oder Dell einen Großkonzern berät, dann gibt es dafür Verträge, die auch die Bezahlung dieser Beratung sicherstellen. Wenn ein Systemhaus diese Beratungsleistung für unseren kleineren Unternehmenskunden leistet, müsste er ihm ebenfalls zwei Mann-Tage Beratung in Rechnung stellen oder einen Beratervertrag abschließen. Haben Sie hier Erfahrungswerte, wie das künftig funktionieren wird?
Häring: Cloud-Modelle bieten standardisierte, wiederkehrende IT-Dienste im Pay-per-Use-Modell. Hier sind also standardisierte und weniger invdiduelle Lösungen gefragt. Partner müssen sich also für bestimmte Cloud-Services spezialisieren, aber diese Services sind dann hoffentlich stark replizierbar. Das heißt: Der Partner baut diese Skills auf, kann sie dann aber mehrfach anwenden.
- Sechs Cloud-Collaborations-Dienste im Vergleich
Ziel der Analyse war es, Selbstständigen und Mittelständlern eine Entscheidungshilfe in der Auswahl der geeigneten Cloud-basierende Collaboration-Lösung an die Hand zu geben. Wesentlich sei eine möglichst integrierte Lösung mit Funktionen für Groupware, Collaboration und Unified Communication sowie mit Office-Anwendungen, betont Techconsult. Besonders gewichtet wurden Sicherheitsaspekte, Mitarbeiterakzeptanz, derzeitige Einsatzgrade bestehender (produktiver) Lösungen. - Was der Mittelstand will
Basis dieser Bewertungskriterien ist eine Studie vom Sommer 2011 unter 207 mittelständischen Firmen. Die Befragung zeigt, dass Anwender den Dokumenten- und Applikationsaustausch über Medien- und Plattformgrenzen hinweg als problematisch erachten. Fast ein Drittel der Befragten haben Schwierigkeiten, ihr Home Office in den Unternehmensalltag einzubinden. Hier könnten integrierte Cloud-Angebote helfen. - O2 ist nicht empfehlenswert
O2 ist Schlusslicht des Lösungsvergleichs, der Anbieter steigt laut Techconsult nach mehreren Versuchen im Bereich der Hosted-Groupware und Collaboration-Lösungen stillschweigend aus dem Markt aus. Empfehlenswert ist dieses Angebot aufgrund der Vertragsmodalitäten, Anwendungsfunktionalitäten und mangelnder Zukunftssicherheit daher nicht. Konkurrent Vodafone hat diesen Schritt bereits hinter sich gebracht und reicht inzwischen ausschließlich Google Apps und Microsoft Office 365 an Kunden durch. - Dem Telekom-Dienst fehlt Integration
Die Telekom vertraut im Mittelstands-Segment ausschließlich Hosting-Lösungen auf Microsoft-Basis. Sie sind zum einen finanziell unattraktiv und wirken zum anderen in sich zersplittert. Dem Angebot fehlt der integrative Ansatz. Zudem sind Support-Leistungen der Telekom erschreckend teuer und können zu einer Kostenexplosion führen. - 1&1 muss nachbessern
1&1 platziert sein zweigleisiges Angebot KMU-freundlich. Es scheint, als ob das Unternehmen künftig stärker auf Angebote auf Basis der Open-Xchange-Lösung setzen wird. Hier stellt Zoho im Rahmen einer Kooperation die Productivity-Anwendungen bereit. Aktuell ist dieser englischsprachige Dienst für KMUs wenig empfehlenswert. Ein Vorteil der 1&1-Lösung ist Kundennähe und ein deutsches Rechenzentrum. - IBM vertraut auf LotusLive
IBM entwickelt ihre Lösung weiter, scheint aber noch im Experimentierstadium zu stecken. Im Vergleich zu Microsoft Office 365 oder Google Apps for Business sind etwa Productivity-Funktionen nur als Beta-Ausführung vorhanden. Zudem hat IBM mit einem geringen Lotus-Notes-Kundenstamm im KMU-Bereich zu kämpfen. Für viele KMUs bedeutet eine Umstellung auf LotusLive mehr Schulungsaufwand. - Google Apps fehlt die Offline-Option
Google Apps for Business verfügen über ein breit gefächertes Portfolio. Das Angebot ist für den deutschen Mittelstand riskant, weil es keine On-Premise-Absicherung vorsieht. Problematisch ist auch die Informationspolitik des Anbieters zur Datenhaltung. Techconsult-Untersuchungen belegen, dass Anwender Google nicht als vertrauenswürdigen Provider für den Business-Einsatz erachten. - Techconsult empfiehlt Office 365
Microsoft punktet mit geringen Kosten und vielen Features, die andere Provider nur gegen Aufpreis bereit stellen. Das Unternehmen bietet Zukunftssicherheit und vielen KMUs Investitionsschutz, da sie vorhandene Systeme von Microsoft nicht unmittelbar ablösen müssen. Anwender sind mit den Tools vertraut, so dass kostspielige User-Testlaufreihen und Change-Management-Projekte entfallen. Microsoft Office 365 rechnet sich daher schneller. Hilfreich ist zudem, dass sich die Online-Suite um lokale Ressourcen ergänzen lässt und Clients mit dem vollwertigen Office Professional ausstatten lassen. - Die Einzelbewertungen im Überblick
Das hier dargestellte Bewertungsraster fast die Einzelbewertungen der Lösungsbestandteile zusammen. Dabei wurde jeder Anbieter in jedem Kriterium vor dem Hintergrund einer allumfassenden All-in-One-Lösung zur Zusammenarbeit aus der Cloud bewertet.
CP: Dieses Modell funktioniert bei standardisierbaren Anwendungen, aber die Chance der meisten mittelständischen Systemhäuser besteht gerade darin, dem Kunden zum Beispiel eine individuelle ERP-Lösung anzubieten, die speziell auf seine Bedürfnisse zugeschnitten ist, und nicht darin, ihm eine standardisierte, und damit austauschbare, ERP-Lösung zu verkaufen. Denn damit wird der Partner selbst austauschbar. Das ist ein Risiko. Denn könnte auch ein Hersteller, beim Wechsel der Vertriebsstrategie, den Kunden, den der Partner über Jahre hinweg aufgebaut hat, morgen mit einem Superangebot direkt angehen.
Wirtz: Einen gewissen Beratungsaufwand haben Partner aber doch heute schon im Vorfeld vieler Projekte. Es gibt durchaus Partner, die inzwischen diese Beratung bis zu einem gewissen Grad in Rechnung stellen, die der Kunde auch bezahlt, weil er erkannt hat, dass er im Gegenzug auch eine wirklich passende Lösung erhält.
Zweitens kann der Kunde, wenn die Lösung läuft, auch das Management dieser Lösung dem Partner übertragen. Über diese Managed Services lässt sich die Kundenbindung weiter vertiefen. Aber unbestritten ist es eine Herausforderung, diese Beratung bezahlt zu bekommen. Markt muss sich gleichwohl in diese Richtung entwickeln. Denn dieses Know-how ist etwas wert.
In der Vergangenheit gab es gerade in der IT aus schlechter Gewohnheit heraus vieles gratis. Umgekehrt werden wir künftig im IT-Markt auch verstärkt Anbieter sehen, die aus dem Beratungsbereich kommen und die diesbezüglich zu einem Wandel beitragen werden. Ich habe dafür auch noch kein Patentrezept, aber wir werden unsere Vertriebspartner auf diesem Weg unterstützen, denn es gibt dazu keine Alternative.
Häring: Man muss hier unterscheiden zwischen Public und Private Cloud: Die Cloud-Anbieter, die heute erfolgreich sind, haben alle sehr hoch replizierbare Plattformen - Beispiel Salesforce. Kunden nutzen diese Angebote, gerade weil sie keinen erhöhten Beratungs- und Integrationsaufwand haben. Sie wollen für einen festen Betrag jährlich Salesforce-Dienste nutzen. Das heißt, der Partner muss wissen, wie er diese Dienste verkauft, aber der Kunde will keine aufwändigen Beratungsleistungen. Andernfalls greift der Kunde wieder auf seine bisherige, eigene, proprietäre Infrastruktur im eigenen Hause zurück. Im Public-Cloud-Bereich müssen Lösungen und der Services hoch replizierbar sein.