Fast alle größeren Hersteller von Investitionsgütern erzielen heute den Löwenanteil ihres Umsatzes im Ausland - und dieser Anteil steigt weiter. Also stehen sie vor der Herausforderung, die in ihren Heimatmärkten praktizierten Vertriebs- und Marktbearbeitungsstrategien zu globalisieren - das heißt, auf ihre Töchter und Niederlassungen im Ausland zu übertragen. Dies ist nötig, um die Märkte im Ausland effektiv zu bearbeiten.
Hinzu kommt ein Punkt, den viele Investitionsgüter-Hersteller nicht ausreichend beachten: Auch ihre (Ziel-)Kunden sind meist multi- oder international agierende Unternehmen. Und zwischen deren Niederlassungen findet - ebenso wie zwischen den Dependancen der Hersteller - ein reger Informationsaustausch statt. Darum wird es meist schnell publik, wenn ein Hersteller von Investitionsgütern zum Beispiel in den USA eine andere Vertriebsstrategie als in China oder seinem Heimatmarkt verfolgt und seinen Kunden dort beispielsweise andere (Service-)Leistungen oder gar Preise offeriert.
Deshalb werden auch seine anderen Niederlassungen rasch mit der Kundenforderung konfrontiert: "Wir möchten dieselben Konditionen, Leistungen usw. wie unsere Kollegen in den USA haben". Außerdem schafft es Verunsicherung und häufig sogar Misstrauen, wenn Kunden registrieren, dass einer ihrer Lieferanten in den verschiedenen Märkten zum Beispiel mit unterschiedlichen Preisen operiert - zumindest wenn er die Unterscheide aus ihrer Warte nicht nachvollziehbar begründen kann. Zum Beispiel mit höheren Beschaffungs-, Produktions- oder Transportkosten.
Vertriebsmitarbeiter denken: Unser Markt tickt anders
Eine Voraussetzung für das Globalisieren einer Vertriebsstrategie ist: Der Hersteller hat für seinen Heimatmarkt eine Vertriebsstrategie, die unter anderem folgende Fragen beantwortet:
- Was sind unsere Vertriebsziele?
- Wer sind unsere Zielkunden?
- Welche Produkte/Problemlösungen bieten wir ihnen an?
- Welche Mehrwert bieten unsere Produkte/Problemlösungen unseren Zielkunden vergleichen mit denen unserer Mitbewerber?
- Was sind unsere zentralen Verkaufsargumente? Und:
- Wie führen wir unsere Zielkunden zur Kaufentscheidung?
Hier liegt oft das erste Problem. Die meisten Hersteller von Investitionsgütern haben zwar eine schriftliche fixierte Vertriebsstrategie, doch häufig ist diese nicht ausreichend operationalisiert. Deshalb lassen sich aus ihr im Vertriebsalltag bezogen auf die einzelnen Produkt- und Kundengruppen keine konkreten Handlungsstrategien ableiten.
Doch auch, wenn eine solche Vertriebsstrategie existiert, fällt es den Unternehmen oft schwer, diese auf ihre Auslandsmärkte zu übertragen. Unter anderem aus folgendem Grund: Sprechen die Vertriebsverantwortlichen in der Zentrale mit den Vertriebsverantwortlichen oder -beauftragten in den Auslandsmärkten hierüber, dann erhalten sie häufig die Antwort: "Das ist ja alles schön und gut, was ihr in der Zentrale zu Papier gebracht habt, doch unsere Märkte ticken anders. Wenn wir hier in China zum Beispiel so offensiv den Markt bearbeiten, dann ....." Oder: "Wenn wir hier in den USA so selbstbewusst auftreten, dann....." Gelingt es den Verantwortlichen dann nicht, ihrem Gegenüber überzeugend darzulegen, warum die in der Zentrale beschlossene Vertriebsstrategie auch in den Auslandsmärkten zielführend ist - selbst wenn aufgrund der lokalen Gegebenheiten im Vertriebsalltag ein teils anderes verkaufstaktisches Verhalten nötig ist - dann erwacht die Vertriebsstrategie in den Auslandsmärkten nie zum Leben. Das heißt: Die Auslandstöchter verfolgen ihre eigene, unabgestimmte Strategie.