Unternehmensübergreifende Netzwerke bilden
Sonst entsteht eine Investitionsruine wie der Flughafen Berlin.
Liebermeister: Richtig. Doch solche Leistungserbringungs-Gemeinschaften gibt es nicht nur in der Bauindustrie. Ähnliche Strukturen existieren heute in fast allen Branchen. Zum Beispiel dem IT-Sektor. Auch hier agieren die Unternehmen, wenn sie zum Beispiel ein neues Produkt entwickeln möchten, meist im Verbund. Das heißt, sie engagieren zum Beispiel Heerscharen externer Softwareentwickler und vergeben Teilaufträge an hochqualifizierte Spezialisten, von deren Expertise sie faktisch oft abhängig sind, wenn das Endprodukt wirklich Spitze sein soll. Also müssen die Verantwortlichen dazu fähig sein, tragfähige Beziehungsnetze zu knüpfen, die Spitzenleistungen erbringen.
Agieren in diesen Netzwerken die Partner auf Augenhöhe?
Liebermeister: Sie sollten es - zumindest weitgehend. Früher waren in der Regel die Zulieferer von ihren Auftraggebern abhängig. Heute ist dies teilweise umgekehrt. Ohne deren Spezialwissen sowie technische und personelle Unterstützung könnten viele große Unternehmen ihre Leistung gar nicht mehr erbringen - oder sie würden sich in kurzer Zeit zu Dinosauriern in ihrem Markt entwickeln und von diesem verschwinden.
Haben Sie hierfür ein Beispiel?
Liebermeister: Nehmen Sie die Automobil-Produktion. Hier lässt sich immer schwieriger sagen, wer in diesem Produktionsverbund der stärkere Partner ist: die Autohersteller, die die Fahrzeuge produzieren, oder die Elektronikhersteller, die die Autoelektronik entwickeln? Zuweilen gewinnt man den Eindruck: Die Elektronikhersteller sitzen am längeren Hebel, weil aus ihrem Know-how faktisch die technische Innovation der Fahrzeuge resultiert, die diese wiederum für Kunden attraktiv macht.
- So werden Sie eine bessere Führungskraft
Erfolg ist kein Privileg guter Führungskräfte, Erfolg haben viele. Einzig: Wie lange hält er an? Hansjörg Leichsenring stellt eine Auswahl kritischer Fragen vor, mit denen Chefs ihre Fähigkeiten verbessern können. - So werden Sie eine bessere Führungskraft
Wie ist es eigentlich, für mich zu arbeiten?<br> Was hindert mich daran, die Änderungen vorzunehmen, von denen ich weiß, dass sie mir helfen, eine bessere Führungskraft zu werden?<br> Halte ich Blickkontakt zu 100 Prozent? - So werden Sie eine bessere Führungskraft
Wenn niemand meine Leistungen beurteilen würde, wie würde ich anders führen?<br> Welche Fortschritte haben meine Mitarbeiter heute, im vergangenen Monat, im vergangenen Jahr gemacht?<br> Was versuche ich, mir selbst zu beweisen, und wie behindert dies mein Leben und meinen geschäftlichen Erfolg? - So werden Sie eine bessere Führungskraft
Wenn ich mein Unternehmen für ein Jahr verlassen würde und ich zum Abschied zur einen einzigen Absatz schreiben könnte, was würde ich schreiben?<br> Was habe ich bei meiner schlechtesten Einstellungsentscheidung falsch gemacht?<br> Wie beeinflusst die Art und Weise, wie ich als denke, die Organisationskultur meines Unternehmens? - So werden Sie eine bessere Führungskraft
Bin ich mit meiner aktuellen Rolle zufrieden? Wenn nicht: Was fehlt?<br> Wie motiviere ich meine Sekretärin?<br> Sehe ich mehr Potenzial in den Menschen, als diese in mir sehen? - So werden Sie eine bessere Führungskraft
Was habe ich im vergangenen Jahr dazu beigetragen (oder hätte dazu beitragen können), um die Wahrnehmung meines Unternehmens beziehungsweise meiner Marke als ethisch und ehrlich zu steigern?<br> Warum sollten andere auf mich hören?<br> Wer sind vier Menschen, zu deren Karriere ich beigetragen habe? - So werden Sie eine bessere Führungskraft
Erhole ich mich als Führungskraft schnell von Rückschlägen?<br> Wenn ich fünf Jahre in der Zeit zurückgehen könnten, welche Entscheidung würde ich anders machen?<br> Was ist meiner Theorie der menschlichen Motivation, und wie passt mein Vergütungssystem zu dieser Ansicht? - So werden Sie eine bessere Führungskraft
Wie ermutige ich Menschen dazu, Kontrolle und Verantwortung zu übernehmen?<br> Weiß ich, was ich tue? Und wenn nicht: Wen kann ich anrufen, um zu fragen?
Weshalb das Gerücht grassiert, Google beabsichtige, selbst Autos zu bauen.
Liebermeister: Wenn dies von den Experten nicht als möglich erachtet würde, würde sich das Gerücht nicht so hartnäckig halten. Daraus folgt für die Manager der Autoindustrie: Sie müssen ihre Organisation mit anderen Unternehmen so vernetzen können, dass ihr Unternehmen auch noch in zehn Jahren marktfähige Autos baut.
Dass Führungskräfte künftig Netzwerker sein müssen, ist nun klar. Doch warum empathische?
Liebermeister: Lassen Sie mich dies an einem Beispiel erläutern. Ich merke bei meiner Arbeit als Managementberaterin immer wieder: Für manche Kunden arbeite ich gern, für andere weniger gern. Und das hat nichts mit dem Honorar zu tun, das sie mir zahlen, sondern damit: Wie ist die Kommunikation mit ihnen? Fühle ich mich von ihnen, obwohl ich eine externe Beraterin bin, als Person wahr- und ernstgenommen? Wie verbindlich sind Absprachen? Und, und, und….
Stimmt die Chemie, dann erbringe ich für Kunden auch gerne gewisse Mehr-Leistungen, weil ich mich mit ihnen und ihren Zielen identifiziere. Ähnlich verhält es sich bei den Dienstleistern, die für mich arbeiten. Habe ich bei ihnen das Gefühl, dass sie mich und meine Bedürfnisse verstehen, dann bin auch ich für ihre Bedürfnisse offener, was sich positiv auf die Zusammenarbeit und die Ergebnisse auswirkt, wodurch wiederum unsere Beziehung stabiler und tragfähiger wird.
Dasselbe gilt für die Zusammenarbeit im Big-Business, sei es auf der Ebene Führungskraft-Mitarbeiter, Unternehmensbereich-Unternehmensbereich oder Unternehmen-Unternehmen. Wenn die Partner die Bedürfnisse des jeweils anderen wahrnehmen und respektieren und sich ernsthaft um die Beziehung bemühen, dann werden aus den ehemaligen Schnittstellen Nahtstellen, was letztlich zu Spitzenleistungen führt. Das setzt jedoch voraus, dass die Partner keine emotionalen Autisten sind, sondern ein Gespür für ihr Gegenüber haben.