Frau Liebermeister, das IFIDZ führte eine Studie durch, welche Fähigkeiten Führungskräfte im digitalen Zeitalter brauchen, um ihre Mitarbeiter und Bereiche mit Erfolg zu führen. Warum?
Liebermeister: Weil sich unter anderem aufgrund des Siegeszugs der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie die Arbeitsstrukturen und -beziehungen in den Betrieben radikal gewandelt haben. Dadurch haben sich auch die Anforderungen an Führung verändert.
Eine zentrale Aussage des Studienberichts ist: Im digitalen Zeitalter müssen Führungskräfte empathische Netzwerker sein. Was heißt das? Müssen sie künftig virtuos mit dem Internet und den sozialen Medien umgehen können?
Liebermeister: Auch diese Fähigkeit werden Führungskräfte und Manager verstärkt brauchen, wenn diese Medien für die Information und Kommunikation eine immer wichtigere Bedeutung haben. Es würde jedoch zu kurz greifen, wenn man die veränderten Anforderungen auf die sogenannte Medienkompetenz reduziert. Denn dann würde nur die Oberfläche beziehungsweise Verhaltensebene gestreift. Faktisch sind ein radikales Umdenken und eine Neudefinition von Führung nötig.
Inwiefern?
Liebermeister: Wie bereits gesagt, haben sich die Arbeitsstrukturen und -beziehungen in den Unternehmen radikal verändert. Heute erbringen deren Kernbereiche ihre Leistung weitgehend in bereichsübergreifender Team- und Projektarbeit - oft in virtuellen Teams. Das heißt, die Performance eines Bereichs hängt auch stark davon ab, wie gut dieser mit den anderen Bereichen kooperiert. Also darf das Denken einer Führungskraft nicht an der Grenze des eigenen Bereichs enden. Sie muss vielmehr versuchen, ihren Bereich mit den anderen Bereichen so zu vernetzen, dass Top-Leistungen erbracht werden.
Das setzt voraus, dass die Führungskraft außer ihren eigenen Mitarbeitern auch die Mitarbeiter der anderen Bereiche sowie deren Vorgesetzte für ihre Ziele beziehungsweise die übergeordneten Ziele inspirieren kann. Das gelingt ihr nur, wenn sie bei ihrem Denken und Handeln auch berücksichtigt: Welche Interessen haben die anderen Bereiche und deren Mitarbeiter? Sonst kann sie keine tragfähigen Bündnisse schmieden.
Sollte es in Unternehmen nicht selbstverständlich sein, dass alle Bereiche und Mitarbeiter am selben Strang ziehen?
Liebermeister: Sollte es sein, ist es aber nicht. Faktisch bleibt es eine der größten Herausforderungen für Unternehmen: Wie können wir die Zahl der Schnittstellen möglichst reduzieren beziehungsweise aus ihnen sozusagen Nahtstellen machen, so dass kaum Reibungsverluste entstehen?
Deshalb überraschte es uns nicht, dass in der IFIDZ-Studie fast zwei Drittel der befragten Führungskräfte die Aussage "voll und ganz" bejahten, vernetztes Denken und Handeln sei künftig eine Voraussetzung für erfolgreiche Führung - zudem bejahten 31 Prozent diese Aussage teilweise.
Bezieht sie sich nur auf das Vernetzen von Mitarbeitern und Bereichen?
Liebermeister: Nein, auch auf das Vernetzen von Unternehmen.
Inwiefern?
Liebermeister: Nun, betrachten Sie die Hightech-Unternehmen - unabhängig davon, ob sie im Maschinen- und Anlagenbau oder in der IT-Branche zuhause sind. Wie erbringen diese heute ihre Leistung? Meist im Dialog mit ihren Kunden. Das heißt: Wie gut ihre Leistung ist, hängt auch stark davon ab, wie sie die Beziehung zu ihren Kunden gestalten.
Ebenso verhält es sich auf der Lieferanten- und Zuliefererebene. Nehmen Sie die Bauindustrie. Wenn Sie heute eine Großbaustelle besuchen, dann finden Sie dort die Mitarbeiter von Hunderten von Sub- und Subsub-Unternehmen, die Teilleistungen für das große Ganze erbringen. Und die Qualität der Leistung? Sie hängt stark davon ab, inwieweit es dem Generalunternehmer nicht nur gelingt, die richtigen Partner auszuwählen, sondern diese auch so zu vernetzen, dass sie gemeinsam eine Top-Leistung erbringen.
- 13 Warnzeichen vor dem Unglück
Dirk Elsner gehen Ratgeber ja eigentlich auf die Nerven - nun schrieb er dennoch einen. Immerhin: Er beansprucht kein wissenschaftliches Niveau. Es folgen 13 Warnzeichen, die zeigen, dass Ihr Unternehmen auf dem Weg ins Unglück sein könnte. - 1. Formalien interessieren mehr als Fakten:
In Gesprächsrunden beziehungsweise bei Feedbacks wird mehr über die Berichtsformate und Gestaltung von Powerpointfolien als über Inhalte diskutiert. - 2. Präsentation vor Performance:
Beim Management punkten eher diejenigen, die (sich) gut präsentieren und weniger diejenigen, die gute Ergebnisse abliefern und sich für Sachlösungen einsetzen. - 3. Recht vor richtig:
Vor (wichtigen) Entscheidung werden erst einmal Rechtsgutachten und Einschätzungen von Unternehmensberatungen und Wirtschaftsprüfern eingeholt. - 4. Optimierungsprogramme erhalten putzige Namen, ...
... welche die tatsächlichen Ziele von Kostenkürzungen und Restrukturierungen verschleiern oder verniedlichen. - 5. Abstimmung vor Durchsetzung:
Ausführlich betrachtet in dem Beitrag: - 6. Extern vor intern:
Die Geschäftsleitung verlässt sich lieber auf Empfehlungen externer Berater als auf die der eigenen Führungskräfte und Mitarbeiter. - 7. Kontrolle von Kreativität:
Die Compliance-Abteilung ist größer als die Produktentwicklung. - 8. Kosten vor Wirkung:
In Ihrem Unternehmen streiten sich Abteilungen, wer welchen Anteil an den Kosten für den Kopierer trägt. - 9. Leitsätze vorgelebter Kultur:
In Ihrem Unternehmen werden Leitsätze für eine Corporate Culture aufgehängt, aber nicht gelebt. - 10. ISO-SIX vor Fähigkeit:
Das Management verspricht sich von formalisierten Guru-Moden wie Six Sigma oder auch ISO-Zertifizierungen, die Kosten und Qualität in den Griff zu bekommen. - 11. Glattbügeln vor Anecken:
Das mittlere Management hält kritische Entwicklungen vom Vorstand fern, weil sie fürchten, beim Überbringen schlechter Nachrichten als schwache Führungskräfte zu gelten und negative Konsequenzen scheuen. - 12. Sprache vor Handeln:
Mit der Gesprächskultur in Meetings lässt sich innerhalb von 3 Minuten ein Bullshit-Bingo gewinnen. - 13. Star vor Core:
Ein vermeintlicher Management-Star wird als "Mr. Wirtschaftswunder" für die Unternehmensspitze angepriesen.