Geschwindigkeitsübertretung bei „verwirrender“ Beschilderung

Schilderwald taugt nicht als Ausrede

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Wodurch sich jemand verwirren lässt, ist sehr individuell. Ob eine Beschilderung im Straßenverkehr verwirrend ist und die Verwirrung ein Fehlverhalten begründet oder gar entlastend sein kann, entscheiden jedoch Gerichte – und die lassen sich nicht so leicht verwirren.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main erwartet von Verkehrsteilnehmern, dass sie auch mehrere gleichzeitig gezeigte Schilder korrekt interpretieren und deren Bedeutung kombinieren können.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main erwartet von Verkehrsteilnehmern, dass sie auch mehrere gleichzeitig gezeigte Schilder korrekt interpretieren und deren Bedeutung kombinieren können.
Foto: schankz - shutterstock.com

Auf der A 7 bei Kassel führte die Polizei eine LKW-Kontrolle durch. Aus Sicherheitsgründen war die Höchstgeschwindigkeit deshalb auf 60 km/h reduziert. Außerdem galt ein Überholverbot für LKW und Busse. Die Anordnung des Überholverbots erfolgte über Schilder, die bereits vorbereitet an der Autobahn angebracht sind und im Bedarfsfall ausgeklappt werden.

Der Fahrer eines PKWs bezog die Anordnungen auf den Schildern nicht auf sich und fuhr mit 146 km/h zügig daran vorbei. Das hatte Folgen: Das Amtsgericht Fulda verurteilte ihn wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 86 km/h zu einer Geldbuße von 900 Euro und hat ihm ein dreimonatiges Fahrverbot auferlegt.

"Vorsätzlich" statt nur "fahrlässig"

Die gegen diese Entscheidung eingelegte Rechtsbeschwerde machte die Angelegenheit für den PKW- Fahrer nicht besser. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat sie zurückgewiesen und die Schuldform von "fahrlässig" auf "vorsätzlich" umgestellt.

Die zur Verteidigung vorgebrachte "völlig verwirrende Beschilderung" ließ das Gericht nicht gelten. Was im Hinblick auf die Beschilderung der Anordnung der Geschwindigkeitsreduktion und des Überholverbots konkret verwirrend sein solle, sei nicht ersichtlich.

"Dass der Betroffene bereits diese einfache und klar verständliche Anordnung nicht versteht, begründet kein(en) Verbotsirrtum, wie die Verteidigung vorträgt, sondern lediglich die Notwendigkeit der Überprüfung, ob der Betroffene nach eigenem Bekunden noch kognitiv in der Lage ist, weiter am Straßenverkehr teilzunehmen", argumentiert das Gericht.

Regeln bewusst und gewollt ignoriert

Es verweist zudem auf die Straßenverkehrsordnung wonach jemand, der "etwas nicht versteht" und sich damit in einer "unsicheren und ungewissen" Verkehrssituation befindet, zu ständiger Vorsicht und gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichtet sei. 146 km/h in einer unsicheren und ungewissen Verkehrssituation erfüllt diese Anforderung offenbar nicht.

Wer Verkehrsschilder nicht verstehe oder nicht verstehen wolle und genau das Gegenteil tue, in dem er 146 km/h statt 60 km/h fahre, handele auch vorsätzlich, erklärt das Gericht. Er entscheide sich bewusst und gewollt dazu, die Regelungen und die Verkehrssituation zu ignorieren. Damit stelle er sich mit Absicht gegen die Rechtsordnung und gefährde bewusst und gewollt andere allein um des eigenen schnelleren Fortkommens willen." Gründe, ausnahmsweise von einem Fahrverbot abzusehen, liegen nach Ansicht des Gerichts nicht vor.

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