Forderung nach Preisparität rechtlich wirksam?
Der Laie schüttelt den Kopf und der Jurist wundert sich. Es spricht vieles dafür, dass Amazon eine marktbeherrschende Stellung hat. In einer Entscheidung des Landgerichtes Hamburg vom 19.01.2010, Az.: 312 O 258/09, die der Weigerung von Amazon einen Riegel vorschob, die Buchpreisbindung einzuhalten, heißt es im Tatbestand, dass Amazon das weltweite größte Buchhandelsunternehmen sei.
Amazon selbst berichtet, dass im Weihnachtsgeschäft 2009 110 Produkte pro Sekunde bestellt wurden und allein bei Amazon.de am 14.12.2009 1,7 Millionen Produkte. Der OTTO-Versand jedenfalls hat in einer Pressemitteilung aus dem Jahr 2009 mitgeteilt, nach Amazon der zweitgrößte Online-Händler in Deutschland im B2C-Bereich zu sein.
Abgesehen von dem Umstand, ob die Paritätsrichtlinien von Amazon AGB-rechtlich überhaupt wirksam sind, könnte das Kartellrecht eine Möglichkeit bieten, die doch sehr weitreichenden Forderungen von Amazon (diplomatisch ausgedrückt) in ihrer Wirksamkeit zu beschränken. Das deutsche Kartellrecht ist im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB) geregelt. Wir sind zwar keine Kartellrechtler, möchten jedoch auf Folgendes hinweisen:
Gemäß § 19 GWB ist die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein Unternehmen verboten. § 19 Abs. 2 und 3 GWB enthält eine Definition der marktbeherrschenden Stellung. Wann ein Missbrauch nach Kartellrecht vorliegt, ergibt sich aus § 19 Abs. 4GWB. Auch das EU-Recht lässt an mögliche Anspruchsgrundlagen denken. Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) enthält in Artikel 101 (ehemals Art. 81 EGVertrag) ziemlich eindeutige Regelungen:
Demzufolge sind mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten Vereinbarungen, welche den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarktes bezwecken oder verwirken, insbesondere die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung von An- und Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen. Artikel 102 AEUV (ehemals Artikel 82 EG Vertrag) definiert ein Missbrauch bei unmittelbare oder mittelbarer Erzwingung von unangemessenen Verkaufspreisen. Man denke hier an die offensive Forderung von Amazon, Produkte ggf. für 0,01 EUR zu verkaufen.
Die Amazon-Forderung nach der Preisparität bedarf jedenfalls einer Überprüfung durch das Bundeskartellamt.
Mein persönliches Fazit:
Ich empfinde die Forderung von Amazon eindeutig als kartellrechtswidrig. Wir haben uns daher auch mit der Bitte um Überprüfung an das Bundeskartellamt gewandt. Ich kann ehrlicherweise nicht glauben, dass Amazon dies konsequent durchzieht. Ich persönlich halte die ganze Angelegenheit für einen Skandal.
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Der Autor Johannes Richard arbeitet als Rechtsanwalt in der Kanzlei Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen in Rostock. Er hat sich auf die Bereiche Internet- und Online-Recht sowie Wettbewerbsrecht spezialisiert und ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz.
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