Wo das Strafrecht zuschlägt
Geldstrafe oder gar bis zu fünf Jahre Haft drohen einem Geschäftsführer, Inhaber oder tätigen Gesellschafter, wenn er als Arbeitgeber der Einzugsstelle die fälligen Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung vorenthält - und zwar auch, wenn er die entsprechenden Löhne und Gehälter noch nicht oder nur teilweise gezahlt hat. Die bloße Beschäftigung genügt zur Abführungspflicht. Im Zweifel müssen in der Krise andere Verbindlichkeiten zurückstehen. Nicht strafbar macht er sich nur, wenn keine Mittel mehr vorhanden sind.
"Auch innerhalb der Dreiwochenfrist vor der Insolvenzanmeldung darf der Geschäftsführer die Arbeitnehmerbeiträge abführen, ohne sich haftbar zu machen", sagt Tobias Schulze. Aber Vorsicht: Wenn er innerhalb dieser Schonfrist die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung entrichtet, ist er erstattungspflichtig. Denn deren Nichtabführung wird nicht bestraft, und deshalb hat er hier als ordentlicher Geschäftsmann das insolvenzrechtliche Gebot der Massesicherung zu beachten.
Bleibt die Frage: Wann ist eine GmbH insolvenzreif, ab wann läuft also die Dreiwochenfrist für den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens? Bei einer GmbH ist dies der Fall, sobald sie zahlungsunfähig oder überschuldet ist:
Zahlungsunfähigkeit liegt nach § 17 Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) und der BGH-Rechtsprechung in der Regel dann vor, wenn die Gesellschaft die Zahlungen eingestellt hat und eine Liquiditätslücke von mehr als 10 Prozent der fälligen Verbindlichkeiten besteht. Indizien für Zahlungsunfähigkeit sind zum Beispiel Nichtabführung von Steuern über mehrere Monate oder vergebliche Mahnbescheide und Vollstreckungen. Dagegen gilt es nur als Zahlungsstockung, wenn sich die Gesellschaft die notwendigen Mittel innerhalb von maximal drei Wochen besorgen kann.
Für die Überschuldung gilt wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise seit dem 18. Oktober 2008 und bis zum 31. Dezember 2013 eine weniger strenge Sonderregelung. Danach wird in einem zweistufigen Verfahren zunächst ermittelt, ob eine bilanzielle Überschuldung vorliegt. Dies ist der Fall, wenn die realisierbaren Vermögenswerte (Aktiva) der Gesellschaft zu Liquidationswerten ihre Schulden nicht mehr decken. Im zweiten Schritt wird geprüft, ob "die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist" (§ 19 Abs. 2 InsO). "Nur bei einer fundierten positiven Prognose, mindestens für das laufende und folgende Geschäftsjahr, muss der Geschäftsführer keine Insolvenz anmelden, auch wenn die Passiva rechnerisch höher sind als die Aktiva", erklärt Ecovis-Rechtsanwalt Schulze.