So nachhaltig agiert der Channel


 

Zahlreiche Hersteller, Distributoren und Reseller wollen nicht länger die Augen vor den Folgen des Klimawandels verschließen und haben ihre eigenen Nachhaltigkeitsinitiativen gestartet.

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Epson-Chef Henning Ohlsson im Interview

„Jeder möchte heute grün sein“

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Die Druckerbranche benötigt viele Ressourcen, von der Produktion über den Energieverbrauch bis zu den Verbrauchsmaterialien. Doch die Druckerhersteller können einiges tun, um umweltfreundlicher zu werden, meint Epson Geschäftsführer Henning Ohlsson.
„Es besteht die Gefahr, dass der Begriff Nachhaltigkeit inflationär genutzt wird“, Henning Ohlsson, Geschäftsführer der Epson Deutschland GmbH, und Direktor Nachhaltigkeit bei Epson Europa
„Es besteht die Gefahr, dass der Begriff Nachhaltigkeit inflationär genutzt wird“, Henning Ohlsson, Geschäftsführer der Epson Deutschland GmbH, und Direktor Nachhaltigkeit bei Epson Europa
Foto: Epson

Herr Ohlsson, in einem Pressegespräch kritisierten Sie, dass viele Nachhaltigkeitsbestrebungen von IT-Unternehmen nur "Ablasshandel" seien. Was werfen Sie der Branche konkret vor?

Henning Ohlsson: Nachhaltigkeit ist ein Thema, an dem kein Hersteller mehr vorbeikommt, auch in der IT-Branche. Mit diesem Thema ist es wie mit allen Themen, die zum Trend werden: Es besteht die Gefahr, dass der Begriff Nachhaltigkeit inflationär genutzt wird. Jeder möchte heute grün sein. Um nicht falsch verstanden zu werden: Das ist sicher der erste Schritt. Doch auf Worte müssen auch Taten folgen. Wenn es nur darum geht, sich einen grünen Anstrich zu geben, reicht das nicht. Ganz im Gegenteil, es besteht die Gefahr, dass Kunden das Vertrauen verlieren und das vielzitierte Greenwashing die Oberhand gewinnt. Nachhaltig wirtschaften bedeutet eben mehr, als "nur" zu kompensieren.

Was könnte Ihrer Meinung nach beim Blick auf die gesamte IT-Branche beim Umweltschutz grundsätzlich besser gemacht werden?

Ohlsson: Ganz allgemein gilt es Vertrauen zu schaffen, transparent zu arbeiten und die Menschen mitzunehmen. Dazu zählen neben den Kunden auch Partner und Mitarbeitende. Überprüfbarkeit durch externe Audits sind ein wichtiger Schritt. Wir haben in den letzten Jahren vielzählige Audits durchgeführt, auf nationaler aber auch auf internationaler Ebene. Der soziale Aspekt bei der Produktion wird zum Beispiel in der IT-Branche oft nicht thematisiert. Mit sozialem Aspekt meine ich beispielsweise den Blick auf die Produktionsbedingungen von Hardware. Viele Hersteller produzieren wie auch wir in Fernost. Die Frage ist aber: Wie wird dort produziert? Unter welchen Bedingungen arbeiten die Beschäftigten in den Werken? Epson produziert nur in eigenen Werken, weltweit gelten in jeder Fabrik dieselben hohen japanischen Standards. Das heißt auch, dass wir selbst Verantwortung übernehmen und sie nicht auslagern.

Als Druckerhersteller ist Epson auch in einer ressourcenintensiven Sparte tätig. Es werden weiterhin Drucker produziert, Papier bedruckt und Materialien verbraucht. Auch wenn man in der Bilanz etwas besser dasteht als der eine oder andere Mitbewerber, ist das Geschäftsmodell doch immer noch umweltbelastend - oder?

Ohlsson: EcoTank, RIPS und ReadyPrint - das sind nur ein paar Schlagworte, mit denen wir in Bezug auf unser Portfolio konkret zeigen, dass sich etwas Grundlegendes ändert. Im Sinne der Nachhaltigkeit geht es darum, Produkte langfristig zu nutzen. Tankmodelle wie EcoTank und Geräte, die mit Tintenbeuteln arbeiten, sind ein sehr konkreter Schritt in Richtung umweltbewusstem Drucken und wir sind mit ihnen sehr erfolgreich. Abo Modelle wie ReadyPrint ziehen nun in den Consumer-Bereich ein und weisen ebenso einen Weg in eine neue Richtung. Bei der Entwicklung von neuen Umwelttechnologien sehen wir uns als global tätiger Technologiekonzern in der Verantwortung.

Nicht nur die Produktion und der Betrieb von IT-Geräten belastet die Umwelt, auch der Transport der Geräte und Verbrauchsmaterialien aus den Produktionsstätten in Fernost vergrößert den ökologischen Fußabdruck. Denkt man bei Epson über dezentrale Fertigungskonzepte nach?

Ohlsson: Schaut man sich aktuell in der Welt um, erscheint es fast zwingend, die Produktion von zum Beispiel Komponenten näher an den Konsumenten zu bringen. Aktuell betreibt Epson ein Werk für Tintenproduktion in Telford im Vereinigten Königreich. Wir arbeiten sehr akribisch daran, den Transport effizienter zu gestalten und damit transportbedingte Emissionen zu reduzieren. Wir verkleinern unsere Produkte im Sinne der Transporteffizienz, überdenken unsere Logistikzentren, erneuern die Lade- und Verpackungsprozesse für eine höhere Ladeeffizienz und überarbeiten die Abfahrts- und Ankunftshäufigkeit der Sendungen sowie die Anzahl der Fahrten. Überdies verlagern wir Transporte - speziell für Europa gesprochen - von der Straße auf die Schiene.

Auch Epson lebt vom Vertrieb neuer Produkte. Aber wären denn wieder aufbereitete Geräte nicht viel nachhaltiger?

Ohlsson: Der Konsumrausch hat ein Ende. Wir kommen aus einer Zeit des Überflusses und gehen in eine Zeit der Wertschätzung. Wertschätzung für ein Gerät bedeutet, dass ich es nicht nach drei Jahren achtlos in den Müll werfe, sondern pfleglich mit ihm umgehe. Ich nutze es so lange wie möglich und führe es danach in den Kreislauf zurück, um möglichst viele Teile wiederzuverwerten. Produkte müssen langlebig sein, dafür braucht es eine ausgereifte Technologie und qualitativ hochwertige Produkte. Der Precision Core-Druckkopf von Epson ist ein Beispiel für eine solche ausgereifte Technologie. Genau solche Technologie ist die Basis für unsere Fachhandelspartner, Aufbereitungsprojekte erfolgreich anzugehen und umzusetzen.

Was halten Sie vom neuen Lieferkettengesetz? Wird es dazu beitragen, dass die Branche nachhaltiger wirtschaftet, oder hemmt es durch Bürokratie und Einschränkung der unternehmerischen Freiheit?

Ohlsson: Ich begrüße grundsätzlich eine gesetzliche Regelung unternehmerischer Sorgfaltspflichten. Das aktuelle Lieferkettengesetz bezieht sich auf umweltbezogene und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten von Unternehmen. Es ist ein erster Schritt, darf aber nicht zum zahnlosen Tiger werden. Die Einhaltung von Menschenrechten und nachhaltigem Handeln ist keine Frage der Unternehmensgröße oder der Anzahl der Beschäftigten. Eine proaktive Sorgfaltspflicht sollte für die gesamte Lieferkette verpflichtend sein und alle Zulieferer abdecken, denn gerade das Risiko von Menschenrechtsverletzungen nimmt mit der Tiefe der Lieferkette zu. Gut ist: Ein Lieferkettengesetz zwingt die Wirtschaft, nachhaltiger zu handeln.

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