Wie Zuneigung entsteht
Man macht etwas – was man gerne macht – mit jemandem zusammen und stellt dabei fest, dass man ähnlich vorgeht. Dass man ähnliches anstrebt. Dass man sich gut versteht. Dass man manchmal gar keine Worte braucht, weil man gleich denkt. Man vergleicht sich mit dem anderen, und stellt fest, dass man sich ergänzt. Das ist ein gutes, gewünschtes Gefühl, das man möglichst aufrecht erhalten möchte. So projiziert man das, was man sich wünscht, auf den anderen und findet ihn perfekt. Man nennt das »verliebt sein«, die Zeit, in der man den Anderen durch eine Idealbrille sieht. Diese Funktionsweise dient der menschlichen Fortpflanzung. Das Spiel erleichtert sie, denn in den stark stilisierten und oft auch optisch attraktiven Spielhelden lässt sich alles mögliche hineininterpretieren, idealisieren und damit glücklich sein. Durch die besonderen Umstände der Spielwelt kann diese (Selbst-)Täuschung sehr lange aufrecht erhalten werden.
In der Regel leckt die Beziehung aber bald aus dem Spiel in die echte Welt, andere Medien wie E-Mail, Telefon, Bilderaustausch kommen dazu, aus dem Charakter wird eine Person. Dieser Wechsel in die Realität kann sehr hart sein. Im wirklichen Leben sieht man sich in der Regel von Anfang an – bei der virtuellen Bekanntschaft stellt man sich den anderen nur vor. In der Realität werde ich willentlich niemanden ein zweites Mal treffen, der mir nicht zumindest sympathisch und angenehm ist. In der Spielwelt kann sich eine Beziehung schon sehr vertieft haben, bevor man feststellt, dass man mit dem anderen in persona
nichts anfangen kann. Und die erhöhte Hemmschwelle, die nun mal in der wirklichen sozialen Welt herrscht, kann den so charmanten Mitspieler plötzlich in ein nervöses Bündel verwandeln.