Microsoft nutzt seine Marktmacht weidlich aus. Die aktuelle Runde an Preiserhöhungen ist ein beredtes Beispiel dafür. Viele Partner können damit gut leben, viele Firmen beißen entweder in den sauren Apfel oder sehen in den Produkten genug Mehrwert, um den zusätzlichen Obolus zu entrichten.
Oft sind aber auch Alternativangebot nur wenig bekannt - bei Firmen und im Channel. Im Nachgang der Kundenkonferenz Nextcloud Enterprise Day im November, bei der unter anderem Vertriebs- und Technologiepartner wie Bechtle, OVHCloud, HKN, Ionos, Spacenet und MariaDB vertreten waren, hat ChannelPartner bei Nextcloud-Partnern nachgefragt, wie sie mit Nextcloud arbeiten, welche Vorteile sie sehen und welche Erfahrungen sie gemacht haben. Rede und Antwort standen:
Marco Nöchel, Geschäftsführer bei HKN aus Krefeld
Ralph Dehner, Geschäftsführer von B1 Systems aus Vohburg in Bayern,
Uwe Presler, Head of Business Development bei der Bechtle Systemhaus Holding AG
ChannelPartner: Herr Dehner, warum sind Sie Reseller von Nextcloud?
Marco Nöchel, HKN: Die HKN ist seit 1996 auf Open-Source-Lösungen für Unternehmen spezialisiert. Unser Fokus liegt darauf, unseren Geschäftskunden zuverlässige und zukunftssichere Technologien anzubieten. Dafür arbeiten wir mit Unternehmen zusammen, die Ihre Open-Source-Lösungen kontinuierlich weiterentwickeln und erstklassigen Third-Level-Support sowie ein zuverlässiges Lifecycle-Management sicherstellen. Mit Nextcloud haben wir einen Partner, der allen unseren Anforderungen gerecht wird.
Was sind Ihre Erfahrungen aus den Gesprächen mit Kunden? Gab es Veränderungen bei den Kundenbedürfnissen in den vergangenen Jahren?
Marco Nöchel: Unsere Kunden schätzen Nextcloud als echte Alternative zu den Cloud-Angeboten der Hyperscaler. In den vergangenen Jahren haben wir einen klaren Trend hin zu hybriden Infrastrukturen beobachtet, bei denen lokale Lösungen (on-premise) mit Cloud-Speicher kombiniert werden. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach softwareseitiger Verschlüsselung, um die Datensicherheit weiter zu erhöhen. Diese Entwicklungen erfordern zunehmend tieferes Expertenwissen, das wir unseren Kunden bereitstellen.
Was sind aus Ihrer Sicht die Herausforderungen bei Open-Source-Lösungen im Vergleich zum "klassischen Softwarevertrieb"?
Marco Nöchel: Eine der größten Herausforderungen bei Open-Source-Lösungen ist, gegen die 'Umsonst-Mentalität' anzukämpfen. Viele erwarten, dass Open Source kostenlos ist, ohne den Mehrwert professioneller Subscriptions zu erkennen. Zudem ist es schwierig, zielgenaue Werbung zu schalten, da jemand, der nach Nextcloud sucht, sowohl ein Privatnutzer mit einem Raspberry Pi als auch ein Unternehmen sein kann. Ein weiteres Thema ist, dass ein Großteil der Entwicklung aus der Community stammt und nicht automatisch durch die Nextcloud-Subscriptions abgedeckt wird - das ist für viele Kunden anfangs schwer nachvollziehbar.
Gibt es ein Kundenbeispiel, das Sie nennen können?
Marco Nöchel: Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit mit der AWO, die Nextcloud in einer öffentlichen Cloud nutzt. Für diesen Kunden war es entscheidend, eine enclavierte, also 3D-verschlüsselte Instanz zu betreiben, die selbst dem Cloud-Betreiber keinen Zugriff erlaubt.
Ein anderes Beispiel ist das CGIE Luxemburg, für das wir eine Nextcloud-Umgebung betreuen, welche speziell für Lehrende konzipiert wurde. Diese Umgebung zeigt die Flexibilität von Nextcloud, da die Applikation in einem Rechenzentrum läuft, während der Speicher in einem anderen Rechenzentrum betrieben wird.
Interview mit Ralph Dehner, Geschäftsführer beim Nextcloud-Partner B1 Systems
ChannelPartner: Warum sind Sie Reseller von Nextcloud?
Ralph Dehner, B1 Systems: Uns ist wichtig, unsere Kunden herstellerunabhängig zu beraten und nicht auf bestimmte Produkte festgelegt zu sein. So können wir stets die bestmöglichen Lösungen anbieten, die auf die individuellen Anforderungen zugeschnitten sind.
Partnerschaften gehen wir bei B1 Systems nur unter klar definierten Bedingungen ein: Es muss eine erkennbare Nachfrage am Markt bestehen, die Software muss Open Source, stabil und technisch ausgereift sein, und der Hersteller sollte durch einen fairen und verlässlichen Umgang mit Partnern und Kunden überzeugen. Nextcloud erfüllt all diese Voraussetzungen, so dass wir als Reseller agieren und unseren Kunden eine flexible, zuverlässige und zukunftsorientierte Plattform anbieten können.
Was sind Ihre Erfahrungen aus Gesprächen mit Kunden? Gab es in den vergangenen Jahren Veränderungen bei den Kundenbedürfnissen?
Ralph Dehner: Die Bedürfnisse unserer Kunden verändern sich kontinuierlich. Wir haben festgestellt, dass Kunden eine flexible Plattform wünschen, die es ihnen ermöglicht, zusätzliche Funktionen nahtlos zu integrieren.
Der große Vorteil von Open Source liegt darin, dass sich Produkte nah an den Bedürfnissen der Community und somit bedarfsgerecht weiterentwickeln. Nextcloud verfolgt diesen Ansatz konsequent und erweitert sein Funktionsspektrum kontinuierlich. Unsere Kunden profitieren davon, da sie neue Features ohne großen Aufwand in ihre bestehende Umgebung integrieren können, was ihnen maximale Flexibilität und Zukunftssicherheit bietet.
Was sind die Herausforderungen bei Open Source-Lösungen im Vergleich zum "klassischen Softwarevertrieb"?
Ralph Dehner: Was genau klassischer Softwarevertrieb ist, müssten Sie uns erklären - wir kennen nur Open Source!
Interview mit Uwe Presler, Head of Business Development bei Bechtle
ChannelPartner: Warum ist Bechtle Partner von Nextcloud?
Uwe Presler, Bechtle: Wir befassen uns bereits seit einigen Jahren mit Open Source. Und in diesem Zusammenhang sind wir auch auf Nextcloud aufmerksam geworden. Aus ersten Gesprächen und Kundenprojekten ist im Laufe der Zeit eine Partnerschaft gewachsen, die belastbar und erfolgreich ist. Gemeinsam sprechen wir Kunden in der öffentlichen Verwaltung an und gewinnen Ausschreibungen.
Was sind Ihre Erfahrungen aus den Gesprächen mit Kunden? Haben sich die Bedürfnisse der Kunden in den vergangenen Jahren verändert?
Uwe Presler: Digitale Souveränität ist in der Diskussion der öffentlichen Verwaltung nicht mehr wegzudenken. Seit circa 2015 gewinnt das Thema immer mehr an Relevanz. Zusätzlich erkennen auch die Politiker den Handlungsdruck in Bezug auf Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Das Bewusstsein und die Wichtigkeit der Themen hat zugenommen, der Bedarf der Kunden verändert sich aber auch dadurch, dass auf immer weniger Mitarbeitende immer mehr Aufgaben zukommen. Das stärkt unsere Position als Dienstleister der öffentlichen Verwaltung und damit auch uns gemeinsam in der Bereitstellung, dem Betrieb und Wartung / Support für unsere gemeinsamen Kunden.
Allerdings bestehen noch immer Vorbehalte bei der Verwendung von Open Source. Häufig wird aus Sicht der Endanwender die Usability genannt - hier werden die Lücken Stück für Stück geschlossen. Zusätzlich ist die Finanzierung durch öffentliche Auftraggeber oft wackelig und nicht langfristig ausgelegt - hier sollten entsprechende Vorgaben gesetzlich verankert werden. Die Schweiz beispielsweise hat das mit dem EMBAG-Gesetz getan. Das leistet in Bezug auf Souveränität und Resilienz einen wichtigen Beitrag.
Was sind die Herausforderungen bei Open-Source-Lösungen im Vergleich zum "klassischen Softwarevertrieb"?
Uwe Presler: Bei "klassischen" Lösungen beschafft der Kunde sehr häufig nur die Lizenz für das Produkt. Bei Open Source ist das Wissen auf Seiten des Kunden für Betrieb, Integration etc. viel umfangreicher - alternativ müssen wir das als Dienstleister kompensieren. Das ist aber auch eine große Chance, weil wir eine andere Wertschöpfungstiefe erreichen können.
Gibt es ein Kundenbeispiel, das Sie nennen können?
Uwe Presler: Ja, das wäre zum Beispiel das ITZ Bund.