Movement und Agilität

Wie Organisationen beweglich werden

Klaus Kissel ist einer von zwei Geschäftsführern des ifsm Institut für Sales & Managementberatung in Urbar bei Koblenz, das unter anderem Unternehmen im Prozess der Nachfolgeregelung unterstützt und begleitet. Kissel ist Mitautor des Buches "Das Prinzip der minimalen Führung".
Einigkeit besteht heute weitgehend in den Unternehmen: Unsere Organisation muss flexibler und agiler werden, um in der VUCA-Welt erfolgreich zu sein. Unklar ist jedoch oft noch: Welche strukturellen und kulturellen Veränderungen sind hierfür nötig?
Agilität ist ein Mega-Trend
Agilität ist ein Mega-Trend
Foto: one photo - shutterstock.com

Im Oktober 2016 verkündete Dieter Zetsche, der Vorstandsvorsitzende des Daimler-Konzerns, das Leitbild einer neuen agilen Organisation für sein Unternehmen. Spätestens seitdem ist klar: Agilität ist ein Mega-Trend, der alle Branchen erfasst. Denn zunehmend wächst in den Unternehmen die Erkenntnis:

  1. Unsere durch eine pyramidenartige Hierarchie geprägten Strukturen sind zu starr, um die Herausforderungen der VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) zu meistern. Und:

  2. Unsere Kommunikations- und Entscheidungswege, sind zu träge und langsam, um mit der nötigen Flexibilität auf die zahllosen Veränderungen zu reagieren und die erforderliche Innovationskraft und -geschwindigkeit zu entfalten.

Neue Arbeitsformen kollidieren mit alten Strukturen

Ein großer Teil der Mitarbeiter vieler Unternehmen spürt dies bei seiner Arbeit schon Tag für Tag. Denn faktisch werden heute bereits die Kernleistungen in den meisten Unternehmen in bereichsübergreifender, oft sogar standort-, zuweilen sogar unternehmensübergreifender Team- und Projektarbeit erbraucht. Und die Innen-Außen-Grenzen der Unternehmen? Sie werden immer durchlässiger und fließend - auch weil für die Unternehmen mehr "Mitarbeiter auf Zeit" arbeiten wie Berater, Interim-Manager sowie Dienstleister, die Teilaufgaben erfüllen.

Die Unternehmen und ihre Mitarbeiter agieren also zunehmend in netzwerk-artigen Strukturen, und diese kollidieren immer häufiger mit den starren Kommunikations- und Entscheidungswegen und der von der tradierten Hierarchie geprägten Kultur. Eine Ursache hierfür ist: Nicht selten versucht das Management, die neuen Herausforderungen mit den alten Management-Methoden zu meistern - teils aus Unkenntnis alternativer Methoden, teils aus Gewohnheit, teils aus Angst, die Kontrolle zu verlieren.

"Alte Zöpfe" müssen abgeschnitten werden

Das führt bei den engagierten, zur Veränderung bereiten Mitarbeitern nicht selten zu Demotivation, und bei der Belegschaft insgesamt zu einer Orientierungslosigkeit, weil sie spürt: Irgendwie passt das alles nicht mehr zusammen.

Hierfür ein Beispiel: Nicht selten führen Unternehmen agile Methoden ein, ohne die Ablauforganisation zu ändern. Konkret heißt dies unter anderem:

  1. Das tradierte Berichts- und Kontrollwesen in den Organisationen bleibt bestehen. Und:

  2. Die Entscheidungsgewalt und somit Gestaltungsmacht verbleibt bei den Führungskräften, obwohl die Unternehmensleitung propagiert: Die Verantwortung muss sich stärker auf die operative Ebene, also Shopfloor-Ebene verlagern.

Das heißt: Die mittleren und oberen Führungskräfte wünschen sich zwar mehr Flexibilität und Innovation an der Basis. Sie sind aber noch nicht gewillt, ihre Macht beziehungsweise Teile ihrer Macht abzugeben - beispielsweise

  1. aufgrund der Angst, Pfründe und Privilegien zu verlieren, oder

  2. aufgrund eines mangelnden Vertrauens in die Kompetenz und Loyalität der Mitarbeiter.

Solange ein solches Denken das Führungshandeln bestimmt, findet keine wahre und nachhaltige Veränderung statt. Denn wer eine neue fluide Organisation mit flexiblen Strukturen bauen möchte, muss auch gewillt sein, "alte Zöpfe" abzuschneiden.

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