App- und Cloud-Kultur

Wertschöpfung braucht Integration - auch im E-Commerce



Wolfgang Vogl ist Director Business Development bei Speed4Trade. Mit über 25 Jahren Erfahrung in und mit Softwareunternehmen ist er auf digitale Geschäftsmodelle und Commerce-Plattformen spezialisiert. Der Wirtschaftsinformatiker unterrichtet als Dozent im MBA-Studiengang “Digital Business Manager” und engagiert sich im Bitkom.
Die neue App-Ökonomie legt die Zerteilung in immer kleinere und spezialisierte Komponenten nahe. Diese Spezialisierung ist auch bei aktuellen Cloud-Angeboten im E-Commerce zu beobachten.

Es vergeht fast kein Tag, an dem nicht ein Startup mit einer App- oder Cloud-Lösung um die Ecke kommt. Einen Nutzen haben diese Lösungen aber nur, wenn die Komponenten in ihrer Anwendung für sich alleine stehen können. Müssen mehrere Funktionen zu einer größeren Wertschöpfungskette integriert werden, versagt das Konzept und es braucht die Fachkompetenz von Systemintegratoren.

App ist Konsum

Wie viele Apps haben Sie auf Ihrem Smartphone? Mal ehrlich: 20, 30 oder gar mehr als 50?
Wie viele Apps haben Sie auf Ihrem Smartphone? Mal ehrlich: 20, 30 oder gar mehr als 50?
Foto: PureSolution - shutterstock.com

Wie viele Apps haben Sie auf Ihrem Smartphone? Mal ehrlich: 20, 30 oder gar mehr als 50? Die App-Kultur ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Sie suggeriert, dass Software doch so einfach sein kann. Kein Vergleich zu den oft schwerfälligen und erklärungsbedürftigen Programmen im Unternehmensalltag. Warum also nicht das Konzept der App-Ökonomie auch auf Unternehmenssoftware übertragen?

Schauen wir mal etwas genauer hin. Haben Apps am Smartphone eine Verbindung untereinander? Nein. Warum auch, wir konsumieren jedes Angebot einzeln. Zum Beispiel die Facebook-App für die Kommunikation mit Freunden, Feedly, um auf dem Laufenden zu bleiben und YouTube für interessante Videos. Wir picken uns je nach Geschmack die Rosinen aus den App-Angeboten individuell heraus. Eine Verknüpfung ist nicht notwendig.

Dass Arbeitsteilung und Spezialisierung an sich viele Vorteile bringt, hat schon Adam Smith, der Vater der Ökonomie, 1776 in seinem Klassiker "Der Wohlstand der Nationen" festgestellt. Am Beispiel einer Stecknadelproduktion konnte er zeigen, dass ein Arbeiter, wenn er die Stecknadel komplett selbst anfertigt, maximal 20 Stück pro Tag schafft, und dass er durch Arbeitsteilung bis zu 4.800 herstellen kann. Super, könnte man meinen, die Apps bringen genau wieder diese kleinteilige Zergliederung auf eine spezialisierte Aufgabe. Es empfiehlt sich aber, das Buch zu Ende zu lesen. Gut, es sind 840 Seiten, aber es lohnt sich.

Prozesse optimieren, Workflow effizient machen

Schon der BWL-Erstsemester lernt, dass die Kunst der Wertschöpfung nicht nur in den einzelnen Aufgaben, sondern in der effizienten Verbindung der Arbeitsschritte liegt. Der Betriebswirt nennt dies »Prozessoptimierung« oder »optimale Wertschöpfungskette«. Kurz gesagt: wenn ich Werte schaffen will, ein Werk oder eine Dienstleistung, ist nicht die einzelne Funktion entscheidend, sondern die intelligente Verknüpfung der Komponenten.

Apps, die nicht nur reinen Konsum, sondern auch Produktivität versprechen, sind zum Beispiel die XING-App für Kontakte, der Google-Kalender für Termine und Evernote für Notizen. Scheinbar die idealen Anwendungen, um ein Event zu organisieren. Einfach den Termin aus dem Google-Kalender an bestimmte XING-Kontakte mit einer Evernote-Notiz zur Agenda schicken. Doch stößt man hier schnell an seine Grenzen. Denn schon diese relativ einfachen Aufgaben sind mit Apps fast unmöglich.

Dass es hier erhebliche Defizite und einen großen Bedarf gibt, haben erste Anbieter wie IFTTT oder Zapier bereits erkannt. Sie versuchen, mehr oder weniger erfolgreich, über einfache Programmier-Schritte dem Anwender ein Werkzeug zur Verknüpfung der Apps an die Hand zu geben.

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