Wenn Unternehmen neue Wege beschreiten

28.04.2006
Von Bormann 

Einen Handlungsrahmen abstecken

Dieses Gewinnen der Mitarbeiter erfordert viel Überzeugungsarbeit - unter anderem, weil die Mitarbeiter in der Regel eine noch begrenztere Sicht aufs Ganze als die Führungskräfte haben. Deshalb erkennen sie auch die Notwendigkeit des Musterwechsels oft nicht. Hinzu kommt: Bei jedem Musterwechsel gibt es Gewinner und Verlierer (und noch mehr Mitarbeiter, die befürchten, sie könnten zu den Verlierern zählen). Denn mit jedem Musterwechsel ist ein Neuverteilen von Aufgaben und Verantwortlichkeiten und somit auch Macht und Einfluss verbunden. Er bedeutet zudem ein Abschiednehmen von gewohnten Denk- und Verhaltensmustern. Entsprechend wichtig ist es, dass die Verantwortlichen klar kommunizieren,

- warum der Musterwechsel nötig ist,

- dass ihre Entscheidung, den Wechsel zu vollziehen, unumstößlich ist,

- welche Chancen sich aus ihm für die Organisation ergeben und

- dass der mit dem Musterwechsel verbundene Veränderungsprozess gemeinsam gemeistert werden soll und kann.

Wege zum Ziel definieren

Doch dies allein genügt nicht. Denn jeder Musterwechsel läutet eine Phase der Instabilität ein - weil zum Beispiel mit der neuen Art, Aufgaben zu lösen und Herausforderungen zu meistern, noch keine Erfahrung gesammelt wurde. Deshalb benötigen die Beteiligten einen Orientierungsrahmen. Ihnen muss sozusagen ein Weg aufgezeigt werden, wie das angestrebte Ziel erreicht werden kann. Das heißt, aus dem Basisentschluss "Wir wollen einen Musterwechsel vollziehen" müssen die nötigen Folgeentscheidungen abgeleitet werden - sowohl auf der Unternehmens-, als auch Bereichsebene. Denn nur dann können Meilensteine auf dem Weg zum großen Ziel definiert werden und konkrete Aufgaben hieraus abgeleitet werden, die zu erfüllen sind, damit diese Etappenziele erreicht werden. Und dies ist wiederum eine Voraussetzung dafür, dass die Mitarbeiter die nötige Veränderungsenergie entfalten (können).

Hieraus resultiert ein weiteres Problem. Wenn ein Unternehmen einen Musterwechsel vollzieht, kann es in der Regel den Beteiligten nur das Ziel nennen - und selbst dieses steht unter Vorbehalt. Den exakten Weg dorthin kann es nicht beschreiben. Es kann bestenfalls die Marschrichtung vorgeben - so wie Kolumbus, als er einen neuen Seeweg nach Indien suchte und zufällig Amerika entdeckte. Er konnte seinen Leuten (und Auftraggebern) nur sagen: Wenn die Erde eine Kugel ist, dann müssten wir auch nach Indien kommen, wenn wir statt ums Kap Horn in Richtung Westen fahren. Er hatte aber noch keine Seekarten, aus denen hervor ging: So müssen wir segeln. Er konnte nur die Richtung nennen. Und landete schließlich nicht in Indien, sondern auf den Bahamas.

Definierte Ziele und Wege regelmäßig überprüfen

Ebenso ist es, wenn Unternehmen Musterwechsel vollziehen. Auch dann können sie den Mitstreitern meist nur sagen: "Wir streben an .... Beim Versuch, dieses Ziel zu erreichen, müssen wir dieses vermutlich aber mehrfach modifizieren. Zum Beispiel, weil die Technik, auf die wir setzen, nicht das leistet, was wir erwartet haben. Oder weil ein Mitbewerber einen unerwarteten Schachzug macht. Oder weil einige unserer Annahmen nicht ganz zutreffend sind." Entsprechendes gilt selbstverständlich für den Weg zum Ziel. Auch er muss regelmäßig überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden, da dem Unternehmen, wenn es Neuland betritt, noch Erfahrungswerte fehlen. Entsprechend wichtig ist es, dass die Verantwortlichen eine klare und überzeugende Vision haben und glaubwürdige Persönlichkeiten sind. Sonst macht sich bei ihren Mitstreitern schnell der Gedanke breit "Die haben den Überblick verloren und wissen selbst nicht mehr, wo's lang geht" oder "Die erzählen uns Märchen".

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