Viele Kinder wollen den elterlichen Betrieb nicht übernehmen. Sie haben eben andere Pläne oder ihr Beruf bzw. Berufswunsch passt nicht zum Profil eines Unternehmenslenkers.
Firmennachfolge frühzeitig regeln
Und in der Tat, in der Übergabephase von Unternehmen sieht man viele Träume und Wunschvorstellungen platzen - sowohl beim bisherigen Unternehmensinhaber und -führer, als auch bei der Person, die von ihm den Betrieb oder die Betriebsanteile sowie das Zepter übernimmt. Die Ursache hierfür ist immer seltener, dass der bisherige Inhaber des Unternehmens sich zu spät mit dem Thema Nachfolgeregelung befasste. Denn in den letzten Jahren setzte sich in Unternehmerkreisen die Erkenntnis durch: Dieser Schritt muss von langer Hand geplant sein - insbesondere dann, wenn
der Nachfolger nicht der eigene Sohn oder die eigene Tochter, sondern ein "Fremder" ist und
der Betrieb nicht mangels Alternative "verschenkt", sondern zu einem angemessenen Preis verkauft werden soll.
Deshalb machen sich viele Unternehmer zu Recht bereits, wenn die ersten grauen Haare ihre Schläfen zieren, erste Gedanken darüber:
Was passiert mit meinem Unternehmen, wenn ich in absehbarer Zeit ausscheiden möchte? Und:
Wer könnte dann mein Nachfolger sein?
Dies gilt insbesondere für die Inhaber von Unternehmen, die außer von ihrer fachlichen Expertise primär von der Vertrauensbeziehung leben, die sie über viele Jahre zu ihrer Stammklientel aufgebaut haben. Denn sie können ihren Kunden nicht heute verkünden, dass das Unternehmen ab morgen einen neuen Inhaber hat und die Kunden somit einen neuen zentralen Ansprechpartner haben.
Vielmehr muss der Nachfolger in einem längeren Prozess zunächst mit dem Geschäft des Unternehmens und den Besonderheiten seiner Klientel vertraut gemacht sowie bei den Kunden eingeführt werden. Sonst ist die Gefahr groß, dass diese dem Unternehmen den Rücken kehren und just das verloren geht, was weitgehend dessen Wert ausmacht: die gewachsenen Beziehungen zu den Kunden.
Unterschiedliche Perspektiven bewirken Konflikte
Deshalb ist es bei besagten Unternehmen meist nötig, dass dessen bisheriger und künftiger Inhaber, nachdem die Unternehmensübergabe vertraglich wurde, noch eine längere Zeit zusammenarbeiten und gemeinsam das Unternehmen führen. Dieser Übergabeprozess erstreckt sich oft über zwei, drei Jahre und ist in der Regel für alle Beteiligten keine leichte Zeit. Denn in ihr prallen meist nicht nur zwei Generationen, sondern auch zwei unterschiedliche Perspektiven aufeinander. Während der scheidende Inhaber primär daran denkt, wie der Übergabeprozess - also die nächsten zwei, drei Jahre - gestaltet werden, sind für den künftigen (alleinigen) Inhaber die Fragen zentral:
Wohin soll sich das Unternehmen mittel- und langfristig entwickeln? Und:
Was ist nötig, damit das Unternehmen auch nach dem Ausscheiden des bisherigen Inhabers erfolgreich im Markt agiert (und ich meine finanziellen Verpflichtungen, die ich mit dem Kauf des Unternehmens einging, erfüllen kann)?
Aus diesen unterschiedlichen Sichtweisen resultieren auch unterschiedliche Prioritätensetzungen im Arbeitsalltag, woraus in der Zusammenarbeit häufig Konflikte resultieren.
Hinzu kommt: Alle Beteiligten müssen, wenn der Übergabeprozess eingeläutet wird, sich selbst und ihre Rolle neu definieren. So muss zum Beispiel der bisherige Inhaber, der es gewohnt ist, allein Entscheidungen zu treffen, den neuen Mit-Inhaber und künftigen alleinigen Inhaber fortan nicht nur in seine Entscheidungsprozesse einbeziehen, sondern diesem auch sukzessiv die (alleinigen) Entscheidungsbefugnisse übertragen.
Konflikte verursachen emotionale Wunden
Dies fällt vielen gestandenen Unternehmern schwer - selbst wenn sie guten Willens sind. Denn sie sind mit dem Unternehmen, das sie oft über Jahrzehnte aufgebaut haben, emotional eng verbunden. Außerdem haben sie als gestandene Unternehmer nicht nur ihren eigenen Stil, Probleme und Herausforderungen anzugehen und zu lösen, entwickelt, sie haben aufgrund ihrer Erfahrungen meist auch eine sehr dezidierte Meinung darüber, was beim Führen des Unternehmens, beim Umgang mit seinen Kunden usw. zu beachten ist.
Der künftige Inhaber hingegen ist - sofern er nicht zuvor bereits Unternehmer war - in ihren Augen noch ein unternehmerisches Greenhorn, das
das Unternehmen sowie seinen Markt und seine Klientel noch nicht kennt,
sich in der Rolle des Unternehmers erst noch einfinden muss und
noch lernen muss, was geht und nicht geht.
Diese Grundeinstellung prägt oft unbewusst und unbeabsichtigt ihre Kommunikation mit dem künftigen Inhaber, was unweigerlich zu Konflikten führt - insbesondere dann, wenn der bisherige Inhaber, real oder in der subjektiven Wahrnehmung des künftigen Inhabers, sich entsprechend auch gegenüber Mitarbeitern und Kunden äußert und so dessen Autorität untergräbt. Schleichen sich solche Kommunikationsmuster in den Umgang der Beteiligten ein, dann ist der Übergabeprozess meist nicht mehr zu steuern, mit der Konsequenz, dass die geplante Übergabe entweder ganz scheitert oder im Laufe des Übergabeprozesses ein großer Teil des Unternehmenswerts vernichtet wird.