Der Marktdruck im Mittelstand steigt zunehmend. Hat sich die Erwartung an ERP geändert, seit Sie zu Sage gekommen sind?
Dewald: Mittelständler erwarten heute deutlich mehr von Software als noch vor einigen Jahren. Früher reichte ein bisschen Buchhaltung und Rechnungsstellung. Das Stichwort war Excel, selbst der Lohn wurde damit erfasst. Betrachtet man heute den kleinen Mittelstand mit maximal 200 Mitarbeitern - bei dem mit drei Viertel unseres Umsatzes der Schwerpunkt von Sage Deutschland liegt -, so sind gerade in diesem Segment erstaunliche Entwicklungen geschehen. Man redet hier heute ganz selbstverständlich über Themen wie CRM, BI (Business Intelligence) und PPS (Produktionsplanungs- und Steuerungssystemen, Anm. der. Red.), wenn es um betriebswirtschaftliche Software geht. Die Kunden sind weit anspruchsvoller geworden!
Was hat stärker zu diesem Wandel beigetragen: der höhere technische Standard oder die Industrie, die nachgeliefert hat, weil eben der Anspruch gestiegen ist?
Dewald: Ich denke, die Antwort lautet: Beides. Die Kunden haben zum einen durch eigene Erfahrungen bemerkt, dass sie optimieren müssen. In einer Boom-Phase müssen sie sich weniger um das Kundenmanagement kümmern, in schlechten Zeiten dafür umso mehr. Zum anderen war es unserer Job, Software, die ursprünglich im Großkundensegment vorhanden war, mittelstandsgerecht zu machen. Es reicht nicht, eine Software links und rechts abzuschneiden und mit den altbewährten Methoden im Mittelstand anzubringen. Ich glaube, Sage hat hier einen großen Beitrag geleistet, was die Softwareentwicklung angeht und das "Dem Kunden näherbringen" angeht. Ein Beispiel ist unser "Schnell-Check", bei dem Kunden herausfinden können, wo sie im IT-Vergleich zu anderen Firmen stehen.
Mittlerweile liegt die Anzahl der qualifizierten Sage-Partner nicht mehr bei 3.000, wie bei Ihrem Einstieg, sondern bei rund 400. Reicht das aus, um den Markt abzudecken?
Dewald: Wir haben im Markt für mittelständische Betriebssoftware bereits den größten Vertriebskanal in Deutschland. Dennoch lautet die Antwort auf Ihre Frage: Wir suchen Händler. Das ist aber weniger eine Frage der regionalen Abdeckung - hier fühlen wir uns ausreichend aufgestellt - als eine Frage des zusätzlichen Know-hows oder der angebotenen Überregionalität der Partner. Wenn es also Handelspartner gibt, die eine Ergänzung zu ihrem Portfolio suchen, das etwa bis dato stark auf Infrastruktur ausgerichtet ist, dann sind sie bei uns richtig. Auch was BI oder CRM betrifft, haben wir noch Partnerbedarf. Zudem suchen wir auch für unsere Entwicklungsplattform, die Office Line Evolution, weitere Partner.
Das Geschäft für Business-Software wird unübersichtlicher. Fachhändler haben aber nur begrenzte Ressourcen. So stellt sich immer häufiger die Gretchenfrage: Spezifizierung oder Allround-Wissen? Wie sollten sich Reseller aus Ihrer Sicht verhalten?
Dewald: Das hängt von der Größe und Wachstumsfähigkeit des Partners ab. Ich will nicht verschweigen, dass es oft schwieriger ist als zuerst gedacht, sich zum "Allrounder" auszubilden. In kleinen Betrieben macht es aber oft keinen Sinn, deshalb rate ich zu Partnerschaften. Wir sehen hier oft noch Scheu. Dabei teilen doch die meisten kleineren Händler sowieso schon ihren Kunden mit anderen Häusern.