Neue Regelungen und offene Fragen: Problemfall Versandhandel

21.11.2005

Probleme beim Widerrufs- und Rückgaberecht

1. Wichtige Ausnahmen

Gerade die Möglichkeit des Verbrauchers, eine Bestellung ohne Angabe von Gründen zu widerrufen, kommt den Handel häufig teuer zu stehen. Deshalb haben die Ausnahmetatbestände hohe praktische Bedeutung. So gilt das Widerrufsrecht nicht für "nach Kundenspezifikation angefertigt" und "eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnittene" (§ 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB) Waren.

Der BGH hatte im Jahr 2003 hinsichtlich so genannter "Built-to-Order(BTO)-Produkte, festgelegt, dass der Aufwand und die wirtschaftlichen Einbußen für die Entkonfiguration dem Unternehmer hinzunehmen sind. Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn diese fünf Prozent des Warenwerts ausmachen und unschwer erfolgen können.

Befreit vom Widerrufsrecht sollen auch Gegenstände sein, die sich nicht zur Rücksendung eignen. Hier ist noch vieles unklar. Für Software hat der Gesetzgeber in § 312b Abs. 3 Nr. 2 BGB eine abschließende, eng auszulegende Spezialregelung geschaffen, es kommt auf die Entsiegelung an. Der enge Entsiegelungs-Tatbestand kann bei Kombinationsprodukten nicht einfach auch auf mitverkaufte Hardware erstreckt werden.

Der Ausnahmetatbestand des Vertragsschlusses bei einer Auktion war lange umstritten. Der BGH hat jetzt entschieden, dass bei Kaufverträgen zwischen einem gewerblichen Anbieter und einem Verbraucher, die im Rahmen einer so genannten Internetauktion nicht durch einen Zuschlag nach § 156 BGB zustande kommen, das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht nach § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB ausgeschlossen ist.

2. Informationspflichten und Widerrufsbelehrung

Nach § 312c Abs. 1 BGB n.F. muss der Unternehmer dem Verbraucher bereits vor Abgabe von dessen Vertragserklärung die Informationen nach § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV n.F. zur Verfügung zu stellen. Die neue Pflicht führt in der Praxis dazu, dass die vollständige Widerrufsbelehrung dem Verbraucher bereits vor Abgabe der Vertragserklärung informationshalber zur Verfügung gestellt werden muss.

Die Information kann aber durch einen "sprechenden Link" "Widerrufsrecht" auf eine Seite mit den einzelnen Angaben erfolgen. Nicht ausreichend beim Verkauf über Ebay ist eine Information, die nur über einen Link "Angaben zum Verkäufer" beziehungsweise "mich" erreicht werden kann.

Bei der neu eingeführten Information über das Nichtbestehen des Widerrufsrechts muss die Wiederholung des § 312 d Abs. 4 BGB allenfalls mit einer exem-plarischen Nennung der mit Sicherheit vom Widerrufsrecht ausgenommenen Artikel genügen, um die Informationspflicht zu erfüllen.

Allerdings kann im Einzelfall eine bloße Wiederholung auch ein Ausnutzen der Rechtsunkenntnis des Verbrauchers i.S.d. § 4 Nr. 2 UWG oder eine Irreführung i.S.d. § 5 UWG darstellen.

Das am 1. August 2002 seitens des Bundesministeriums für Justiz (BMJ) eingeführte amtliche Muster für die Widerrufsbelehrung wird bis heute wegen der mangelnden Handhabbarkeit und Zweifeln über die Vereinbarkeit mit den gesetzlichen Vorgaben kritisiert. Die Belehrung geht teilweise ohne Notwendigkeit zulasten des Unternehmers über das Gesetz hinaus. In anderen Punkten bleibt das Muster zulasten des Verbrauchers hinter den gesetzlichen Vorgaben zurück. Generell bestehen Bedenken, ob das AGB-rechtliche Transparenzgebot gewahrt ist.

Durch die Aufnahme der Neufassung des Musters in das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge für Finanzdienstleistungen hat es in der derzeitigen Fassung jedoch selbst Gesetzesrang erlangt. Ein Verstoß der Regelung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV gegen höherrangiges Recht ist daher im Gegensatz zu früher nicht mehr zu befürchten. Das Muster kann nun trotz inhaltlicher Mängel rechtssicher eingesetzt werden, das heißt, der Unternehmer muss nicht befürchten, dass er einem zeitlich unbefristeten Widerrufsrecht ausgesetzt ist.

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