Dumpingpreise: eine stumpfe Waffe
Das erschwert es, Lieferanten zu verdrängen oder ihnen Lieferanteile abzujagen. Dies spüren auch die Vertriebsverantwortlichen in den Unternehmen. Deshalb erachten sie den Preis oft als das Instrument, um Mitbewerbern Kunden abzujagen - auch weil viele Verkäufer den Irrglauben verinnerlicht haben: Die Kunden interessiert letztlich nur der Preis.
Dieses Vorgehen ist zuweilen von Erfolg gekrönt, wenn das Unternehmen recht simple Produkte oder Dienstleistungen anbietet. Anders ist dies jedoch
- bei allen Produkten und Dienstleistungen, die für das Leistungsvermögen der Zielkunden eine hohe Bedeutung haben, und
- bei allen "Problemlösungen", die ein Kooperieren von Kunde und Lieferant erfordern. Bei ihnen ist ein Verdrängen von Mitbewerbern (rein) über den Preis nicht möglich.
Ein Beispiel: Im Frühjahr stellte ein Anbieter fest, dass seine Kundenbasis bröckelt. Also startete er eine Initiative zur Neukunden-Akquise. Der Salesdirector Europe bat die 40 regionalen Salesmanager, in ihrem Gebiet jeweils die drei Top-Kunden der Mitbewerber zu ermitteln. Deren Einkaufsverantwortliche sollten sie kontaktieren und die Preise der Mitbewerber um zehn Prozent unterbieten - um ihnen einen Lieferantenwechsel "schmackhaft" zu machen. Insgesamt wurden 120 solcher "Dumping-Angebote" Wettbewerber-Kunden unterbreitet. Das ernüchternde Ergebnis: Ein Jahr später hatte das Unternehmen keinen Neukunden gewonnen.
Warum war der Erfolg gleich null? Das Unternehmen unterschätzte die Beziehung der Zielkunden zu ihren Lieferanten. Deren Einkaufsverantwortliche waren zum Teil über das "Dumping-Angebot" gar nicht froh, denn dieses brachte sie in Zugzwang. Einerseits konnten sie den Preisunterschied nicht negieren, andererseits war ihnen klar: Wenn wir auf das Angebot eingehen, kommt auf uns Mehrarbeit zu. Dann brauchen wir neue Normstellen. Außerdem müssen wir unsere Prozesse modifizieren und unsere Mitarbeiter umschulen. Wir müssen auch neue Lieferantennummern einrichten. Und, und, und ...