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Im Bild von links nach rechts: Susanne Köppler (IDG), Kai Kapitän (Kai Kapitän IoT & AI GmbH), Thomas Neumeier (Neumeier AG), Andreas Kunzmann (United Systems), Jakob Rinkewitz (Vintin), Carsten Grunert (Axians Deutschland), Regina Böckle und Ronald Wiltscheck (beide ChannelPartner). - Andreas Kunzmann, United Systems
"Viele Vertriebler bei den Systemhäusern verlieren den Fokus auf die eigentlichen Bedürfnisse der User beim Kunden." - Carsten Grunert. Axians Deutschland
"Viele Systemhäuser halten an dem alten Geschäftsmodell 'Geld gegen Leistung' fest." - Jakob Rinkewitz, Vintin
"Das Ganze als Lösung und nicht als Service vermarkten!" - Kai Kapitän, Kai Kapitän IoT & AI
"Kleinere Systemhäuser müssen sich zwangsläufig spezialisieren." - Thomas Neumeier, Neumeier AG
„Je näher ich am Bestandskunden bin, umso eher erfahre ich, wenn ein Wettbewerber ihn angesprochen hat.“ - Regina Böckle, ChannelPartner
"Sind Managed Services wirklich noch so unterentwickelt?" - Damaris Döttling, IDG
"Wie werden Systemhäuser in Zukunft ihr Auskommen finden?" - Susanne Köppler, IDG
"Gibt es für kleinere Systemhäuser Alternativen zur Spezialisierung auf eine Branche?" - Ronald Wiltscheck, ChannelPartner
"Ist Cloud-Vertrieb ohne Systemhäuser möglich?"
Was bewegt aktuell die Systemhäuser in Deutschland? Sind Managed Services wirklich das Nonplusultra, oder bleibt das klassische Projektgeschäft ein wichtiger Bestandteil des Geschäftsmodells? Oder sind gar Managed Services bereits Commodity und Systemhäuser müssen sich hier über Zusatz-Services differenzieren? Um diese und weitere Themen ging es bei einem redaktionellen Roundtable der ChannelPartner-Redaktion mit einigen Vertretern kleiner, mittelständischer und großer, unterschiedlich ausgerichteter Systemhäuser.
Cloud-Vertrieb ohne Systemhäuser?
Es galt zu erfahren, welche Aspekte auf dem C.m.C.-Kongress am 20. Februar 2020 in München genauer beleuchtet werden sollten.
Als Microsoft vor etwa zehn Jahren mit der Vermarktung von Office 365 begann, glaubte man in Redmond, beim Verkauf dieses und weiterer Cloud-Angebote (Azure & Co.) auf die Hilfe externer Vertriebspartner gänzlich verzichten zu können - eine fundamentale Fehleinschätzung. Nun haben auch AWS und Google diese Erfahrung gemacht - beide Cloud-Giganten bauen derzeit ihre Channels massiv aus.
Lesetipp: Ex-Cancom-Chef Klaus Weinmann auf dem C.m.C.-Kongress
Kai Kapitän, Geschäftsführer der Kai Kapitän IoT & AI GmbH, setzt sich bereits seit Jahren für die Belange der kleineren Systemhäuser ein und versucht, sie auf dem Weg der Transformation zum Managed Service Provider zu begleiten. Bereits 1994 hatte er sein erstes Systemhaus gegründet - schon damals war er von den Möglichkeiten der Spracherkennung fasziniert. Für ihn sind Managed Services ein Synonym für das Lösungsgeschäft.
Und Kapitän kennt das Microsoft-Ökosystem sehr genau: "Vor zehn Jahren versuchte Microsoft, das gesamte Office 365-Geschäft direkt abzuwickeln - Kunde zückt die Kreditkarte und bucht alles selbst im Portal ein. Nachdem das dem Konzern nicht gelungen war, übernahmen IT-Reseller diese Aufgabe. Mittlerweile ist der Office 365-Markt gesättigt, es kommen keine neuen Vertriebspartner mehr hinzu." In seinem Captains365-Club vertritt Kapitän die Interessen der von Microsoft nicht mehr direkt unterstützten ("unmanaged") kleineren Office-365-Partner.
Carsten Grunert verantwortet seit Februar 2019 die Region Bayern bei Axians: „Wir waren bereits zwei Mal hintereinander unter den drei besten deutsche MSPs (Managed Service Provider) gelistet. Daher befinden wir uns de facto in einem ständigen Transformationsprozess vom Systemhaus zum MSP. In unserem Kern steckt nämlich noch viel klassisches Systemhausgeschäft (die alte FuM - Fritz und Macziol, Anm. d. Red.). Insofern kann ich schon sehr gut beurteilen, welche Schwierigkeiten die klassischen Systemhäuser haben“.
Viele dieser Häuser halten seiner Ansicht nach noch am alten Geschäftsmodell "Geld gegen Leistung" fest, weil sie dabei nach wie vor ansehnliche Margen erwirtschaften, etwa beim Verkauf von Hard- und Software. "Aber diese Margen gehen nun kontinuierlich zurück", so der Axians-Manager. Doch wie können kleine Systemhäuser diesem Trend trotzen?
"Einerseits mit Spezialisierung", meint Grunert. Er glaubt aber, dass nur die drei Besten in jeder Branche oder Fachbereich ihr Auskommen damit finden und deswegen schon bald viele Systemhäuser vom Markt verschwinden werden. Größeren Systemhäusern empfiehlt der Axians-Bayern-Chef, voll auf Managed Services zu setzen.
Er entdeckt Wellenbewegungen in der IT-Landschaft während der vergangenen 50 Jahre: Erst das Mainframe (zentral), dann die Client-Server-Welt (dezentral), nun das Internet mit der Cloud (wieder zentral) und Edge-Computing im Kommen (wieder dezentral). Grunert ist allerdings besorgt wegen der schlechten Netzwerkinfrastruktur (5G und Glasfaser) in Deutschland. Nichtsdestotrotz zeigt sich der Axians-Manager zuversichtlich, was die Zukunftsaussichten der Systemhäuser in Deutschland betrifft, jedoch empfiehlt er ihnen, eng miteinander zusammenzuarbeiten, denn "alleine schafft das keiner".
Thomas Neumeier, Chef des gleichnamigen SAP-Systemhauses und Datev-Partners aus Mallersdorf bei Regensburg, ist überzeugt, dass IT-Dienstleister ihren Kunden Cloud-Services auf jeden Fall anbieten müssen. Die Neumeier AG eröffnete bereits vor zwölf Jahren ein eigenes Rechenzentrum: "Das war unser Einstieg in die Cloud, so lange bieten wir unseren Kunden Managed Services bereits an. Und heute bin ich froh, dass wir so frühzeitig von Datev in dieses Geschäft gedrängt wurden", so Neumeier. Denn seiner Ansicht nach ist es für ein Systemhaus weitaus besser, mehrere, gerne auch kleinere, Managed Service-Kunden unter Vertrag zu haben und mit ihnen wiederkehrende, gut planbare Erlöse zu erzielen, als stets auf das eine große Projekt zu hoffen.
Und da hat Neumeier natürlich Recht: Zwar kann sicherlich nicht jedes Systemhaus selbst ein Data Center aufbauen, aber Managed Services anzubieten, steht im Prinzip jedem IT-Dienstleister offen. "Vieles lässt sich heute bereits als Managed Service anbieten: die Firewall, die Antiviren-Lösung oder auch der gesamten PC-Arbeitsplatz", so Neumeier. "Die Berechnung der Roherträge der Vertriebsmitarbeiter und vor allem die kleinteilige Abrechnung gegenüber den Kunden stellt eine große Herausforderung dar. Ich bin froh, dass wir das softwareseitig mittlerweile gut gelöst haben."