"Wir wollen gar kein Storage-Anbieter mehr sein, sondern sehen uns inzwischen als Daten-Management-Anbieter", fasst Maik Höhne, Director Channel Sales Germany bei NetApp, den Wandel der vergangenen Jahre bei dem Unternehmen zusammen. Die beiden Themen, die das Geschäft vor vier, fünf Jahren nachhaltig zu bedrohen schienen - Virtualisierung und Cloud - habe man "adaptiert, nicht negiert". Nach einem "kleinen Knick" stehe man jetzt besser da als je zuvor.
Ausdruck des Erfolgs ist das Anfang April angekündigte Aktienrückkaufprogramm. Damit will NetApp eigene Aktien im Wert von vier Milliarden Dollar erwerben. Außerdem soll im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2019, das am 30. April 2018 beginnt, die an die Aktionäre zu zahlende Dividende von 20 auf 40 US-Cent verdoppelt werden.
Die wirtschaftliche Situation untermauert also die Behauptung, man habe den Wandel abgeschlossen. Offenbar treffen die erneuerten Angebote den Bedarf der Kunden. In deren Zentrum steht das NetApp-Betriebssystem OnTap. Dessen Architektur wurde vollkommen erneuert, was nicht ungefährlich war. Schließlich wurde dadurch für die bestehenden Kunden eine Migration statt eines einfachen Updates erforderlich.
So einen Schritt nutzen Kunden üblicherweise, um Alternativen zu prüfen und gegebenenfalls den Anbieter zu wechseln. Das Wagnis habe sich aber gelohnt, meint Höhne. In der Regel seien die Kunden den Schritt mitgegangen, weil die Evaluierung ihnen gezeigt habe, dass sie mit der neuen Version von OnTap und dem Konzept der "Data Fabric" von NetApp einen Mehrwert und eine solide Grundlage für die weitere Entwicklung ihres Datenmanagements bekommen.
Data Fabric trennt die Daten vom Systemmanagement. Dadurch löst NetApp die früher enge Verbindung zwischen Hardware und Software. Die NetApp-Software kann so inzwischen auch bei AWS oder Azure gebucht werden, im "Bring-your-own-Licence"-Modell genutzt oder wie bei OnTap Select auch auf fremder Hardware ganz außerhalb des klassischen Einsatzortes Rechenzentrum verwendet werden - zum Beispiel in Autos oder Edge-Computing-Devices.
Zum Teil mag der Erfolg auch an der zeitweise mangelnden Schlagkraft der Wettbewer gelegen haben. Drei der traditionell schärfsten Wettbewerber - HPE, Dell EMC und Hitachi Data Systems - befanden sich zu der Zeit ebenfalls in tiefgreifenden Umbruchsphasen oder bereiteten sie vor. HPE entstand gerade erst aus der Aufteilung von Hewlett-Packard und setzte zunächst große Hoffnungen auf die inzwischen abgestoßenen Software-Sparten. Dell EMC hatte die inzwischen abgeschlossene, größte Fusion der IT-Geschichte überhaupt zu verarbeiten. Hitachi Data Systems suchte nach neuen Aufgaben am Schnittpunkt von Storage und Analytics, die es mit der Gründung von Hitachi Vantara im vergangenen Jahr mittlerweile gefunden hat.
Kleinere Spezialisten - allen voran Pure Storage - die den Etablierten mit rein Flash-basierenden Systemen zu Leibe rückten, konnte NetApp dadurch abwehren, dass es als Späteinsteiger in die Technologie mit der neuen OnTap-Software dennoch ein übergreifendes Angebot vorstellen und seine Systeme quasi als Nebeneffekt Flash-fähig machen konnte. Andere verschwanden durch Aufkäufe vom Markt. Dazu gehörte etwa Nimble Storage, das für eine Milliarde Dollar von HPE übernommen wurde.
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Auch diese Strategie ging auf. 2016 konnte NetApp seinen Umsatz mit Solid-State-Arrays im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdreifachen und rückte in dem Markt laut Gartner mit einem Anteil von 15,4 Prozent weltweit auf Platz zwei hinter Dell EMC (36,6 Prozent) vor. Der Marktführer entwickelte sich mit einem Zuwachs von knapp über 70 Prozent ähnlich wie der Markt und wie HPE. Deutlich schwächer legten damals IBM (lediglich plus 22 Prozent), der Angreifer Pure Storage und andere Anbieter zu. Die Marktzahlen für 2017 werden im Mai erwartet.
Software-Umsatz wird für NetApp wichtiger
Hardware-Umsätze sind für NetApp zwar nach wie vor entscheidend, sie werden aber unwichtiger. Denn mit der neuen Aufstellung kann auch die Software unabhängig von Hardware verkauft werden - auch wenn "unsere Hardware natürlich immer noch die schönste Verpackung für unsere Software ist", wie Höhne mit einem Schmunzeln anmerkt. Konkrete Zahlen darf der Manager dazu derzeit nicht nennen, er kann aber verraten, dass der gesamte Storage-Markt stagniert, sich Teilbereiche aber positiv entwickeln und dass Software zu diesen wachstumsstarken Teilbereichen gehört.
In Bezug auf seine Software arbeitet NetApp inzwischen mit allen großen Cloud-Anbietern zusammen, also AWS, Azure, Google und IBM. Aber auch rund 60 Service Provider in Deutschland sind Technologiepartner von NetApp. Der Ausbau des Cloud-Geschäfts und der Möglichkeiten der Cloud-Nutzung soll auch im kommenden Geschäftsjahr eine bedeutende Rolle spielen. Welche genau, wird NetApp wohl im Sommer mitteilen.
Neben Cloud und natürlich Flash-Storage sind Converged Infrastructure (FlexPod) und Hyperkonvergente Systeme (NetApp HCI) Bereiche, in denen das Unternehmen in den kommenden Monaten wachsen will. Das zusammen mit Cisco entwickelte und ausschließlich über Partner vertriebene FlexPod-Angebot ist Höhne zufolge "nach wie vor ein Erfolgsmodell". Auch wenn der Bereich nicht mehr so im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehe wie früher, wachse er nach wie vor. Daher sei auch "genug Luft" für mehr Umsätze mit FlexPod, selbst wenn Cisco mit Hyperflex auf Basis seiner UCS-Plattform und Fujitsu mit dem zusammen mit NetApp entwickelten Fujitsu nFlex in dieses Segment drängen.
NetApps Pläne für die Partner
Für Höhne ist das die inzwischen ganz übliche und normale Co-opetition und gehe nicht zu Lasten des eigentlichen Geschäfts von NetApp und seinen Partnern. "Ich glaube, der Markt gibt das her", erklärt er im Gespräch mit ChannelPartner zuversichtlich. Die haben mit FlexPod ein Angebot für Datacenter Workloads, NetApp HCI richtet sich eher an Kunden, die zum Beispiel eine VDI (Virtual Desktop Infrastructure) einrichten wollen.
Grundsätzlich will NetApp aber seine Partner auf eine Reise mitnehmen, die vom Produktverkauf weggeht und auf der sie sich am Ende als Lösungspartner für unterschiedliche Einsatzszenarien positionieren. "Wir sehen mehr und mehr Multi-Partner-Projekte", erklärt Höhne. Partner, die sich auf Kooperation und Netzwerken verstehen, könnten die besser bewältigen oder auch ganz andere, für den Kunden besser passende Konzepte anbieten.
"Wenn wir es Kunden ermöglichen, Technologie möglichst effizient zu nutzen, sind wir immer am erfolgreichsten", resümiert Höhne. Daher werden diese Fähigkeiten auch gefördert, etwa durch spezielle Sales-Schulungen. Zertifizierungen, in denen den Partnern spezielle Branchenexpertise bescheinigt wird, gibt es dagegen nicht und sind auch nicht vorgesehen. Das ginge nach Ansicht von Höhne über das hinaus, was NetApp angesichts der Vielfalt, der Komplexität und der zunehmenden Technologie- und Herstellerübergreifenden Natur der Projekte vernünftigerweise leisten kann. Dafür setzt er lieber auf die intensive Vernetzung der Partner untereinander. Mehr zur Weiterentwicklung des Channel-Programms wird das Unternehmen ebenfalls im Sommer kommunizieren.
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