Führung 2.0

Mitarbeiterbefragung als Dauerzustand

26.09.2011
Von Constantin Gillies

Facebookisierung der Unternehmen

Der Fall illustriert gut einen neuen Trend: Die Zeiten, in denen Chefs nur einmal im Jahr von ihren Angestellten hörten - nämlich nach der Mitarbeiterbefragung - sind endgültig vorbei. Mitarbeiterbefragung ist demnächst Dauerzustand. Der Grund: Immer mehr Firmen nutzen auch intern Wikis, soziale Netzwerke und Microblogging, um Arbeitsabläufe zu verbessern. Doch mit den Werkzeugen des Web 2.0 ziehen unweigerlich die Regeln des Mitmachnetzes ein: Mitarbeiter erwarten Transparenz, wollen ständig von ihren Chefs ständig informiert werden - und selbstverständlich ihre Meinung äußern. "Die Unternehmen werden facebookisiert", so fasst Wolfgang Prinz, Professor am Fraunhofer Institut für angewandte Informationstechnik FIT, die Entwicklung zusammen.

Was das für den Chef von morgen bedeutet, erlebt Marketingleiterin Rogge schon heute. T-Systems Multimedia Solutions setzt im Intranet schon Social-Media-Tools ein, die in anderen Betrieben allenfalls geduldet werden. "Die Mitarbeiter sind es gewohnt, dass die Geschäftsleitung sie einmal pro Woche per Blog informiert", gibt Rogge als Beispiel. Bei vielen Entscheidungen wird Feedback aus der Belegschaft eingeholt. "Zuletzt bei der Frage, ob wir Raucherkabinen einführen sollen", erzählt Rogge. Nachdem sich im Intranet viele Befürworter fanden, wurden die Kabinen übrigens angeschafft. Leichter ist die Arbeit für Chefs wie Rogge durch das Web 2.0 im eigenen Haus allerdings nicht geworden. "Man kann nichts mehr auf die leichte Schulter nehmen - das kostet wesentlich mehr Zeit als früher."

Wie weit das Sofort-Feedback am Arbeitsplatz gehen kann, zeigt die Software Rypple, die in einigen amerikanischen Firmen schon eingesetzt wird. Das Prinzip: Der Mitarbeiter definiert im Programm einen Kreis von Kollegen und Vorgesetzten. Ihnen kann er jederzeit Fragen zuschicken wie "War meine Präsentation heute morgen gelungen?" (Fragen dürfen nicht länger als 140 Zeichen sein). So angesprochene Personen können über eine einfache Daumen-hoch/runter-Funktion ihre Meinung kundtun. Der Clou: Der Mitarbeiter kann zwar erkennen, wie er angekommen ist, aber nicht, wer welches Urteil abgegeben hat.

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