Liegt es an mir oder an Aufgabe oder Struktur?
Doch diese Offenheit hat Grenzen - speziell dann, wenn die Probleme (auch) in der Persönlichkeit der jeweiligen Führungskraft ihre Wurzeln haben. Zum Beispiel darin, dass sie sich vor jeder Entscheidung mehrfach absichert, bevor sie sich zu einem Ja oder Nein durchringt. Oder darin, dass sich eine Führungskraft davor scheut, einem Mitarbeiter auch mal klipp und klar sagen: Sie bringen die geforderte Leistung nicht.
Solche Verhaltensmuster werden in Führungskonferenzen selten thematisiert. Schließlich gilt in den meisten Unternehmen das ungeschriebene Gesetz: Über technische oder organisatorische Probleme darf man im Kollegenkreis sprechen, über Probleme, die in der eigenen Person begründet sind, nicht.
Deshalb bieten inzwischen viele Unternehmen ihren Führungskräften die Chance, sich mit (externen) Coachs zu treffen, um mit ihnen ihr Führungsverhalten zu analysieren. Solche Coachinggespräche sind sinnvoll. Doch leider wird in ihnen der Fokus oft einseitig auf die Person der Führungskraft gelegt. Eine Führungskraft ist im System Unternehmen aber stets auch in enges Geflecht von gewachsenen Strukturen und Beziehungen eingebunden, die ihre Handlungsmöglichkeiten und -optionen mitbestimmen. Sie hat zudem neben einer bestimmten Funktion auch konkrete Aufgaben in der Organisation. Losgelöst von diesen Faktoren kann das Verhalten einer Führungskraft nicht adäquat beurteilt werden.
Coachs neigen zum Psychologisieren
Das übersehen manche Coachs. Sie psychologisieren häufig Fragen, deren Wurzeln eher fachlicher Natur sind. Zum Beispiel Fragen wie:
-Kann ich meinem Bereich noch mehr Veränderungen zumuten oder würden diese ihn überfordern? Oder:
- Soll ich in der aktuellen Marktsituation eher auf Expansion setzen oder das Erreichte sichern?
Einer Führungskraft, die vor einer solchen Entscheidung steht, hilft es wenig, wenn ein Coach mit ihr ermittelt: Sind Sie eher ein entscheidungsfreudiger oder ein zögerlicher Typ? Dies zu wissen, nützt der jungen Führungskraft wenig. Zumindest dann nicht, wenn ihre "Entscheidungsschwäche" vor allem in ihrer geringen Führungserfahrung begründet ist.