Immer "flüssig" sein: So funktioniert der Forderungsverkauf

24.07.2007
Von Wittstein 

Problemlöser: Forderungsverkauf

Deshalb verkauft Bein seit August 2006 die offenen Forderungen seines Unternehmens an einen hierauf spezialisierten Finanzdienstleister. "Seitdem ist 24 Stunden nach Rechnungsstellung 80 Prozent des Geldes auf unserem Konto und wir können damit arbeiten", berichtet Bein. "Und den Rest bekommen wir, wenn der Kunde die Rechnung bezahlt oder spätestens 90 Tage nach Fälligkeit - notfalls von der Versicherung, die unser Partner gegen Zahlungsausfälle abgeschlossen hat." Dass sein Unternehmen für diesen Service monatlich eine Gebühr an den Finanzdienstleister zahlt, stört Bein nicht. "Wenn wir uns stattdessen regelmäßig Geld von einer Bank leihen würden, müssten wir hierfür auch Zinsen bezahlen."

Ähnlich wie beim Unternehmen von Kai Bein war die Situation bei der Gießerei Stock Guss aus Neumünster (Schleswig-Holstein). Das mittelständische Unternehmen, das Gussteile unter anderem für Getriebe, Verdichter oder Windkraftanlagen produziert, muss als Industriezulieferer häufig Aufträge vorfinanzieren. Deshalb suchte Geschäftsführer Hanns-Joachim Oellers nach einer Möglichkeit, den finanziellen Handlungsspielraum der Gießerei zu erweitern bankenunabhängig. "Denn Banken haben meist wenig Verständnis für die großen Schwankungen auf den Konten von Auftragsfertigern", weiß Oellers, der selbst gelernter Bankkaufmann ist. Entsprechend rigide sind sie bei der Kreditvergabe.

Eine naheliegende Alternative war für Oellers ein Forderungsverkauf - denn dieses Finanzierungsinstrument kannte er bereits aufgrund eines langjährigen Aufenthalts in den USA. Deshalb befürchtete Oellers auch nicht, dass Stock Guss-Kunden der Gießerei wirtschaftliche Probleme unterstellen würden, wenn sie ihre Forderungen verkauft - eine Befürchtung, die viele Mittelständler hegen. So auch Tobias Jung noch vor einem Jahr. Jung ist Geschäftsführer der Young Net GmbH aus Oberhonnefeld-Gierend bei Köln, die für Kabelnetzbetreiber deren Netze für das Anbieten von Telefon- und Internetdiensten aufrüstet. "Weil in Deutschland - anders als in England und Frankreich - noch wenige Unternehmen ihre Forderungen verkaufen, wusste auch ich vor einem Jahr noch wenig über dieses Finanzierungsinstrument." Als er sich damit befasste, wurde ihm schnell klar: "Meine Bedenken sind unbegründet. Denn ein Unternehmen, das Forderungen verkauft, macht keine Schulden. Es kommt nur schneller an das Geld, das es bereits erwirtschaftet hat."

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