Auch im Internet-Geschäft wenig Glück
5. ProMarkt verfolgte die falsche Online-Strategie
Wenn Rewe-Chef Alain Caparros in diesem Jahr wiederholt Defizite im Online-Geschäft für die schlechte Entwicklung von ProMarkt verantwortlich machte, hatte der Spitzenmanager nur bedingt recht. Zutreffend ist diese Behauptung für die Jahre bis 2009: Während die Wegert-Gruppe unter der Domain Promarkt.de ein munteres E-Commerce-Geschäft aufbaute und auch vor Experimenten wie der Deal-Seite Hauptstadtprodukt.de oder dem Zweit-Shop „World of Product“ nicht zurückschreckte, orientierte sich Rewe an der Online-Absenz des Marktführer Media-Saturn. Im Internet boten die Rewe-Promärkte ausschließlich Informationen zu ihrem Filialnetz und verzichteten auf ein eigenes E-Commerce-Angebot.
2009 folgte allerdings der Richtungswechsel und startete ProMarkt die Aufholjagd im Online-Unterhaltungselektronikgeschäft. Für 2,4 Millionen Euro übernahm Rewe aus der Insolvenzmasse des Handelsriesen Arcandor den Online-Händler Myby.de und erwarb Anfang 2010 von der Wegert-Gruppe auch die Markenrechte an Promarkt.de. Mit der zunächst weiterverfolgten Zwei-Marken-Strategie lag ProMarkt eigentlich voll im Trend – so setzen unter anderem auch Media-Saturn mit Redcoon und EP mit der Beteiligung an Notebooksbilliger.de auf ein separat geführtes Pure-Online-Geschäft. Doch wollte Rewe mehr: Im Herbst 2010 wurde Myby.de als Marke eingestellt und Promarkt.de unter großem Marketinggetöse als Multichannel-Händler neu gelauncht.
Mit der auf die Marke ProMarkt fixierten Multichannel-Strategie raubte Rewe seiner Unterhaltungselektronik-Tochter den E-Commerce-Startvorteil und bescherte gleichzeitig den kriselnden stationären Filialen eine zusätzliche Belastung. Denn durch die Einstellung von Myby.de verlor ProMarkt die Chance, mit einer preisaggressiven Online-Tochter zusätzliche Umsätze und Marktanteile hinzuzugewinnen. Die unter Promarkt.de vereinheitlichten On- und Offline-Preise waren für die Schnäppchenjäger im Netz uninteressant. Die neu eingeführten Multichannel-Funktionen wie kanalübergreifende Abhol- und Rückgabemöglichkeiten oder die Online-Abfrage von stationären Verfügbarkeiten sorgten dagegen für zusätzliche Komplexität und ließen die Kosten bei der Retail-Kette steigen.
Mit dem falsch verstandenen Multichannel-Zwang verlor ProMarkt somit die Möglichkeit, durch ein dynamisches Online-Geschäft dem stationären Niedergang entgegenzuwirken. ProMarkt hat damit nicht, wie Rewe-Chef Caparros sagt, „die Konkurrenz aus dem Internet unterschätzt“, sondern durch eigene strategische Fehler im E-Commerce-Geschäft den Niedergang der gesamten Kette beschleunigt. (mh)