Im Alltag benutzen wir das Wort "Sinn" oft in der Bedeutung von "zielführend" - zum Beispiel, wenn wir uns fragen: "Ist diese Maßnahme (oder dieses Vorgehen) sinnvoll?" Zuweilen greift die Frage nach dem Sinn jedoch "tiefer" und ist mit der Frage nach dem Sinn des Lebens verbunden - eine Frage, die im Film "Per Anhalter durch die Galaxis" mit der universellen Antwort "42" karikiert wird. Denn die Sinnfrage kann nur individuell beantwortet werden. Ja, sie muss sogar individuell beantwortet werden, denn die Antwort hat für uns Menschen eine identitätsstiftende Funktion.
Das Wort "Sinn" hat seine Wurzeln im althochdeutschen Wort "sinan", das so viel wie reisen, streben, trachten bedeutet. Doch wonach streben Menschen? Wohin wollen sie reisen? Wonach trachten sie? Studien belegen: Fast alle Menschen wollen Teil einer Gemeinschaft sein. Und wenn sie jemandem helfen, also etwas über ihren persönlichen Rahmen hinaus gehendes tun? Dann stellt sich bei ihnen ein Gefühl von Erfüllung, Zufriedenheit und Sinn ein.
Dieses Gefühl vermissen heute viele Mitarbeiter von Unternehmen, speziell großer Kapitalgesellschaften, bei ihrer Arbeit. Deshalb empfinden sie diese zunehmend als belastend. Das heißt: Statt (neue) Herausforderungen - getragen von einem positiven Eu-Stress - beschwingt und voller Zuversicht anzugehen, bewegen sie sich in einer demotivierenden Di-Stress-Spirale, die auf Dauer zu einer inneren Kündigung oder einem Burn-out führt. Deshalb stellt sich die Frage: Sollten sich Unternehmen und ihre Führungskräfte mit der Sinnfrage befassen, oder ist die Frage nach dem Sinn im Business-Kontext Unsinn?
Sinn ist im Betriebsalltag oft schwer erfahrbar
Vielen Unternehmen geht es heute wie den Banken. Ihr Markt wird aufgrund der Globalisierung immer härter und komplexer und ihre Rahmenbedingungen ändern sich immer schneller. Also müssen sie sich immer wieder neu definieren und ihre Strategien neu justieren. Das ist eine schwierige Managementaufgabe - auch weil oft unvorhergesehene Ereignisse die Planungen torpedieren. Deshalb nehmen die Mitarbeiter das Managementhandeln häufig nur noch als Schlingerkurs wahr, während sie zugleich das Damoklesschwert "Ertragssteigerung und/oder Entlassung" über sich spüren. Und weil sie sich nicht selten nicht ausreichend informiert und als Person und Arbeitskraft gewertschätzt fühlen, verlieren sie den Glauben an die Sinnhaftigkeit ihres Tuns.
Besonders ausprägt ist dieses Phänomen in Unternehmen und Branchen, in denen die Mitarbeiter, zuweilen begründet, einen Wertefall bei ihren Arbeitgebern spüren - wie zum Beispiel bei vielen Banken. Früher waren sie ein Sinnbild für ehrenhaftes Verhalten. Entsprechend stolz waren ihre Mitarbeiter, für sie zu arbeiten. Heute hingegen stehen dieselben Unternehmen nicht selten gesellschaftlich am Pranger - zum Beispiel, weil sie vermögende Kunden systematisch beim Steuerbetrug unterstützten oder gar kriminelle Handlungen begingen, wie den Libor und Euribor zu manipulieren, und so der Allgemeinheit schadeten.