Davide Tarantino, Senior Manager - Channel Sales Lead EMEA bei Acer

“Der Channel ist nicht nur wichtig, er ist entscheidend”

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Das B2B-Segment macht bei Acer in Europa nur etwa ein Drittel des Umsatzes aus. Nun wollen die Taiwaner dem Geschäftskundensegment mehr Gewicht verleihen. ChannelPartner sprach darüber mit dem Europa-B2B-Vertriebschef Davide Tarantino.
Davide Tarantino, Senior Manager - Channel Sales Lead EMEA bei Acer: “Das Ende von Windows 10 und KI sind die perfekte Kombination, um einen starken Boom im PC-Geschäft auszulösen.“
Davide Tarantino, Senior Manager - Channel Sales Lead EMEA bei Acer: “Das Ende von Windows 10 und KI sind die perfekte Kombination, um einen starken Boom im PC-Geschäft auszulösen.“
Foto: Acer

Herr Tarantino, Acer hat sich zu 100 Prozent dem Vertrieb über den Channel verschrieben. Warum ist das für Ihr Unternehmen so wichtig?

Davide Tarantino: Unsere heutige Organisation basiert auf dem indirekten Vertriebsmodell. Über unsere Vertriebspartner treten wir mit unseren Kunden in Kontakt. Daher versuchen wir, alle unsere Partner so zu unterstützen, dass diese den Kunden das passende Produkt und die passende Lösung anbieten können. Wir glauben, dass dies insbesondere im B2B-Bereich die effizienteste Möglichkeit ist, Endkunden wirklich anzusprechen. Es gibt weltweit Millionen von Kunden, die können wir gar nicht direkt bedienen. Der Channel ist daher nicht nur wichtig, er ist entscheidend.

Auch bei Acer spielt KI-Fähigkeit in den neuen Produkten eine große Rolle. Wie sieht es aber bei Ihren Resellern aus? Sind diese bereit für die Vermarktung von KI-Produkten?

Tarantino: Wir stehen noch ganz am Anfang eines Megatrends. Da lernt jeder Tag für Tag ein wenig hinzu. Es gab in letzter Zeit viele Ankündigungen zur Künstlicher Intelligenz, und ich denke, die Partner müssen auf dem Laufenden bleiben. Deswegen müssen wir eng mit unseren Partnern über unsere Lösungen kommunizieren und sie darüber informieren, wie wir KI-Produkte auf den Markt bringen werden. Ich setze da auch auf eine starke Unterstützung unserer Kooperationspartner wie Microsoft, Google, Intel, Qualcomm oder AMD. Wir werden unsere Partner mit Veranstaltungen, Schulungen und Produktdemos unterstützen. Das wird die Integration von KI in unser Ökosystem erleichtern. Aber wir stehen noch am Anfang dieser Reise.

Was erwarten Sie sich durch das Support-Ende von Windows 10?

Tarantino: Jedes Mal, wenn es eine solche Auffrischung gibt, registrieren wir eine Spitze in den Verkäufen. Es ist zuerst das Unternehmenssegment, bei dem die Auffrischung beginnt. Danach folgt der SMB-Markt. Und wir sind bereit, diesen SMB-Markt für uns zu gewinnen, den das ist der Bereich, auf den wir uns konzentrieren wollen. Wir erwarten ein starkes Ersatzgeschäft, und da kommt noch das Thema KI hinzu. Das ist die perfekte Kombination, um einen starken Boom im PC-Geschäft auszulösen.

Viele Systemhäuser und IT-Dienstleister wollen sich gar nicht mehr mit Hardware-Geschäft auseinandersetzen. Der Aufwand ist zu groß und die Marge zu gering. Wie gehen Sie damit um? Sie sind ja in erster Linie Hardware-Anbieter.

Tarantino: Natürlich sind wir Anbieter der Endpoints. Die Endgeräte sind vielleicht derzeit nicht das interessanteste Geschäft. Daher haben wir auch beschlossen, in Lösungen zu investieren, beispielsweise in unsere White-Glove-Services. Dabei handelt es sich um einen Premium-Service, der Geräteanmeldung, Software- und Hardware-Upgrades, Reparaturen vor Ort, Datenlöschung, Datenwiederherstellung und Datensicherung enthalten kann. Damit helfen wir unseren Partnern, ihre Marge zu erhöhen. Viele Reseller wollen nicht mehr nur die Box verkaufen, sondern auch Lösungen anbieten, da die IT-Umgebungen der Endkunden immer komplexer werden. Deswegen müssen sie gut informiert sowie geschult werden und die beste Unterstützungsmaßnahmen und Dienstleistungsangebot von uns erhalten, die derzeit möglich sind. Der Verkauf von reiner Hardware ist kaum profitabel, es sei denn man skaliert das Volumen. Sonst wird es schwierig. Der Endpoint ist nur ein Teil der Lösung und der Kunde will mehr als nur Hardware. Er möchte den Service vom Presales- und Aftersales-Support bis zur Software. Es handelt sich also um ein komplettes Ökosystem, nicht nur um Hardware.

Ich möchte trotzdem nochmals auf die Hardware zurückkommen. Im Hinblick auf die Krisen in letzter Zeit haben einige Hersteller, darunter auch Acer, ihre Produktion breiter aufgestellt, um nicht zu sehr von China abhängig zu sein. Wollen Sie diesen Weg weitergehen?

Tarantino: Wir sind heute ein global aufgestelltes Unternehmen. Das bedeutet, dass wir im Grunde überall auf der Welt präsent sind. So haben wir beispielsweise die Möglichkeit, in Brasilien, Indien oder Polen zu produzieren. Das smarte daran ist, dass wir unsere Produktion lokal anpassen können. Das gibt uns Agilität und wir können flexibel auf die Anforderungen reagieren, egal, was oder wo etwas auf der Welt geschieht.

Wenn Sie sich Ihre Marktanteile anschauen, konnten Sie durch den Fujitsu-Ausstieg aus dem Client-Geschäft hinzugewinnen?

Tarantino: Ja, auf jeden Fall. Allerdings ist Fujitsu nicht in allen Ländern so gut vertreten wie in Deutschland. Und dort haben sie sich sehr auf den öffentlichen Sektor konzentriert, einen Bereich, in dem wir ebenfalls gut unterwegs sind, da wir ein starkes Bildungsgeschäft haben. Das ist kein einfacher Markt, da er stark fragmentiert ist. Wir bieten unsere Produkte an, von denen wir denken, dass sie speziell für diesen Markt geeignet sind. Als Beispiel will ich den Monitor mit weißem Gehäuse nennen, der bei Bildungsträgern sehr beliebt ist. Aber wir registrieren in der Tat gewisse Nebeneffekte. Das zeigt sich auch daran, dass Fujitsu-Partner bei uns nach unserem Partnerprogramm und nach Möglichkeiten fragen, um Fujitsu-Produkte ersetzen zu können.

Acer bietet nun auch wieder Server an. Werden wir diese Geräte auch auf dem deutschen Markt sehen?

Tarantino: Unsere Server werden unter dem Markennamen Altos vermarktet, sind aber vollständig in unser Produktportfolio integriert und zählen auch zu unserem Partnerprogramm. Wir werfen die Server aber nicht einfach so auf den Markt. Um ehrlich zu sein, es ist nicht unser Ziel, den Markt anzuführen, das wäre eine 'Mission Impossible' für uns. Unser Ziel ist es, unseren Partnern ein komplettes Ökosystem mit komplementären Produkten anbieten zu können. So können sie innerhalb der Acer-Familie bleiben. Wir fangen erst einmal in Italien, in Kasachstan und in einigen osteuropäischen Ländern an. In den sogenannten reifen Märkten ist der Wettbewerb härter. In Deutschland ist es wahrscheinlich nicht der richtige Zeitpunkt, um mit Servern einzusteigen. Wenn aber die Partner morgen die Hand heben und danach fragen, haben wir ihnen etwas zu bieten. Wir sind bereit dafür, denn wir haben ein starkes Portfolio.

Können Sie uns noch einen Ausblick auf die Zukunft geben? Welche Produkte können wir noch von Acer erwarten?

Wir wollen unser Angebot in den vertikalen Märkten, in denen wir stark präsent sind, erweitern. Die Einführung von Servern ist da nur ein Beispiel. Zukünftig wollen wir den Bildungssektor oder das Gesundheitswesen noch weiter in den Fokus rücken. Dazu zählt auch die Ausrüstung des Einzelhandels. Wir müssen die richtigen Kunden mit den richtigen Produkten ansprechen.

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