Die Prüfung so früh wie möglich durchführen
Deshalb kann die eigentliche Leadership-Due-Diligence-Prüfung in der Regel erst nach der Übernahme erfolgen. Dann sollte sie jedoch schnellstmöglich geschehen, damit die Führungskräfte Gewissheit über ihr Schicksal erhalten und ihren Mitarbeiter den Halt geben können, den diese in Umbruchsituationen brauchen. Also muss die Leadership-Due-Diligence-Prüfung zum Übernahme-Zeitpunkt bereits vorbereitet sein.
Eine Leadership-Due Diligence-Prüfung lässt sich mit einem Management-Audit vergleichen, bei dem mit einer Batterie von Instrumenten versucht wird, einzuschätzen, inwieweit die oberen Führungskräfte einer Organisation
über die nötigen Kompetenzen verfügen, um ihren Beitrag zum Erreichen der Unternehmensziele zu leisten beziehungsweise
inwieweit sich diese in der neuen Unternehmenskultur zurechtfinden würden, wenn beispielsweise eine stark unternehmerisch geprägte Organisation in eine prozessgetriebene Kultur integriert wird.
Der einzige Unterschied bei einer Leadership-Due-Diligence-Prüfung ist, dass hier die zentralen Fragen lauten:
Welche Top-Executives verfügen über die Fähigkeiten und Eigenschaften, die künftig auf der Managementebene des übernommenen Unternehmens benötigt werden? Und:
Kann das bisherige Führungsteam auch unter den geänderten Rahmenbedingungen die gewünschte Wirkung entfalten oder sind personelle und strukturelle Veränderungen nötig?
Das heißt: Bei einer Leadership-Due-Diligence-Prüfung ist das Audit auf die angestrebten Veränderungen und die Ziele des neuen Eigners fokussiert. Dies ist wichtig! Denn bei Übernahmen gilt: Oft sind gerade die Top-Executives, die im akquirierten Unternehmen in der Vergangenheit die "Erfolgsgaranten" waren, die "Bremser", wenn es um das Erreichen der neuen Ziele geht. Erneut zwei Beispiele.
Beispiel 1: Angenommen ein Anlagenbauer möchte einen Mitbewerber übernehmen und gegen diese "feindliche Übernahme" wehrt sich dessen Finanzvorstand vehement. Erfolglos - was der Finanzvorstand auch als persönliche Niederlage empfindet. Dann fällt es ihm vermutlich schwer, sich mit den neuen Gegebenheiten zu arrangieren und mit den neuen Zielen zu identifizieren. Also stellt sich für die neuen Eigner die Frage: Ist dies für uns der richtige Mann - ungeachtet seiner Kompetenz als Finanzvorstand?
Beispiel 2: Ein IT-Unternehmen wird von seinem härtesten Mitbewerber geschluckt, über dessen Produkte sich der Vertriebsleiter des übernommenen Unternehmens bisher stets abfällig äußerte - teils aus taktischen Gründen, teils aus Überzeugung. Dann stellt sich für die neuen Eigner die Frage: Kann der bisherige Vertriebsleiter auch künftig diese Funktion bekleiden? Verliert er nicht seine Glaubwürdigkeit, wenn er plötzlich die Produkte des ehemaligen Mitbewerbers lobt und (mit-)vertreibt?
Zuweilen wird das Ergebnis der Prüfung lauten: "Wir brauchen Herrn Müller noch in einer Übergangsphase. Doch danach...." Dann sollten die neuen Eigner in der Regel mit offenen Karten spielen und mit dem Manager ein Agreement auszuhandeln, das den Interessen aller Beteiligten entspricht. (oe)
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