Ein Betrieb möchte einen Mitbewerber übernehmen. Eine Private-Equity-Gesellschaft plant, Anteile eines Unternehmens zu erwerben oder ein Management-Buy-out zu finanzieren. Wenn potenzielle Investoren solche Deals erwägen, dann engagieren sie meist Heerscharen von Beratern, um zu ermitteln: Was spricht für, was gegen den Kauf? Und: Wie viel wären wir bereit, für das Unternehmen zu zahlen?
Eine eher geringe Rolle spielt bei der sogenannten Due-Diligence-Prüfung meist die Qualität des Managements des Übernahmekandidaten und dessen (Führungs-)Kultur. Dabei sind diese Faktoren für den Erfolg von Firmenübernahmen wichtig. Denn vom künftigen Management hängt es weitgehend ab, inwieweit die Übernahmeziele erreicht werden. Also sollten Investoren vor einer Akquisitionsentscheidung prüfen: Können wir mit dem vorhandenen Managementteam unsere geplanten Ziele erreichen oder sind strukturelle und personelle Veränderungen oder Entwicklungsmaßnahmen nötig?
Übernahme schafft neue Rahmenbedingungen
Das tun viele Investoren nicht ausreichend. Das zeigt sich unter anderem darin, dass bei vielen Firmenkäufen die gravierendsten personellen Veränderungen nicht unmittelbar nach der Übernahme erfolgen. Oft dreht sich das Personalkarussell erst nach ein, zwei Jahren so richtig. Das heißt: Die neuen Eigner vertrauen zunächst auf das alte Management. Und erst nach einiger Zeit stellen sie fest: Dieses erfüllt unsere Erwartungen nicht. Oder die Top-Executives des übernommenen Unternehmens denken zunächst: "Unter den neuen Herren wir sich nicht viel ändern." Doch noch einiger Zeit merken sie: "Unter den neuen Rahmenbedingungen möchte oder kann ich nicht arbeiten." Also ergreifen sie die Flucht.
Letzteres passiert oft. Denn bei den meisten Übernahmen ändern sich die Rahmenbedingungen des Handelns für das Management stark. Denn mit ihnen sind in der Regel neue strategische Zielsetzungen verbunden und das Operative Modell, sprich die Art und Weise wie die neue Gesellschaft operiert ändert sich, und hieraus resultieren neue Prozesse und Anforderungen an das Management.
Ein Beispiel: Angenommen ein Unternehmen erwirbt einen Mitbewerber mit langer Firmentradition - primär weil es sich hiervon den Zugang zu neuen Märkten verspricht. Dann ändert sich die Arbeitssituation des Top-Managements radikal. Denn plötzlich ist das ehemals stolze eigenständige Unternehmen nur noch eine Art Vertriebsorganisation, die ihr Handeln an den Zielvorgaben der neuen Eigner orientieren muss. Eine Situation, die von den Top-Executives des akquirierten Unternehmens ein neues Selbstverständnis und verändertes Managementhandeln erfordert. Deshalb sind bei solchen Übernahmen personelle Veränderungen meist unumgänglich.
Ein Ausbluten der Organisation verhindern
Bei Firmenübernahmen machen sich die neuen Eigner im Vorfeld oft wenig Gedanken darüber: Was folgt daraus für das Management des akquirierten Unternehmens? Anders ist dies bei dessen Top-Executives. Bei ihnen beginnt, sobald die mögliche Übernahme publik wird, das Gedankenkarussell zu kreisen: Was bedeutet die mögliche Übernahme für mein Unternehmen? Und damit unlösbar verbunden ist die Frage: Was heißt dies für meine berufliche Zukunft? Entsprechend schnell sind sie in solchen Phasen der Ungewissheit zu einem Arbeitgeberwechsel bereit. Das wissen auch die Mitbewerber. Also buhlen sie verstärkt um die Personen, die bei dem Übernahme-Kandidaten Schlüsselpositionen innehaben.
Auch deshalb sollten Organisationen, die ein anderes Unternehmen erwerben möchten, im Rahmen der Due-Diligence-Prüfung analysieren: Welche Fähigkeiten brauchen wir zum Erreichen der Ziele des Invests? Denn nur dann können sie rasch die für den Erfolg der Übernahme wichtigen Führungskräfte, aber auch Spezialisten identifizieren und an diese das Signal senden "Wir brauchen euch".