Spätestens wenn man bei der ersten virtuellen Also-Hausmesse CTV den Programmpunkt "Aftershow" anklickt, sehnt man sich in Zeiten zurück, in denen man den erfolgreichen Messetag mit einem Bier und vielen Gesprächen mit den Messeteilnehmern ausklingen lassen konnte. Zwar spielt Also ein unterhaltsames Video mit Poetry Slammer Patrick Salmen ein und lässt Martin O. ein - sagen wir mal - eigenwilliges Lied zur CTV singen, doch die legendären After-Show-Partys kann das nicht ersetzen.
Während andere Distributoren sich von ihren großen Hausmessen verabschiedet haben, setzte Also weiterhin auf das Konzept. Leider machte das Coronavirus den Veranstaltern ein Strich durch die Rechnung. Innerhalb von nur wenigen Wochen musste für die am 27. März 2020 angesetze Veranstaltung eine Alternative her. "Für uns stand direkt fest, dass wir unsere CTV nicht einem Virus zum Opfer fallen lassen wollten", bekräftigt Simone Blome-Schwitzki, Chief Customer Officer bei Also Deutschland, in ihrer Keynote. Diese kommt allerdings, wie auch die Rede von CEO Gustavo Möller-Hergt, nur von der Konserve.
Fokus auf Content
Laut Blome-Schwitzki hat das Team bei der Umsetzung der CTV den Fokus auf Vielfalt und Qualität des Contents gelegt. "Statt unsere Zeit in eine highly sophisticated AI driven - oder was es sonst noch für Buzz Words gibt - Plattform zu investieren sind wir der Meinung, Kommunikation braucht Menschen", sagt sie. Daher treffe man sich auch nicht als Avatare in einer "fancy neuen Welt", sondern in der bekannten industriellen Umgebung der CTV.
Was Also in der kurzen Zeit zusammengestellt hat, kommt bei den Teilnehmern der virtuellen Messe gut an. "Klasse das Dilemma gelöst. Leider fehlt nur noch das persönliche Netzwerken", schreibt beispielsweise Frank Müller von CNS Computer-Network Systemengineering an die CTV-Pinnwand. Thorsten Redetzky von RE-COM Computersysteme hat sogar "einen Hauch von CTV-Hallenatmosphäre" in seinem Büro verspürt. Auch von den Herstellern gibt es Lob an der Pinnwand: "Herzlichen Glückwunsch für die tolle Umsetzung der ersten virtuellen CTV", schreibt Matthias Fischer von Canon. Viele Hersteller, die eigentlich zur geplanten Messe auf dem Areal Böhler in Düsseldorf kommen wollten, konnte Also allerdings nicht überzeugen. Am Ende beteiligten sich gut 50 Aussteller an der virtuellen Version.
4,3 Milliarden Euro Umsatz in Deutschland
Mit Webinaren, Vorträgen, Keynotes und virtuellen Ständen der Aussteller wurde versucht, das Messegeschehen im Web nachzubauen. "Unglaublich was heute Technologie möglich macht", meint dazu auch Gustavo Möller-Hergt in seiner Keynote. Der CEO, normalerweise eher zurückhaltend bei der auf Landesgesellschafen heruntergebrochenen Zahlen, verweist auf ein für Also erfolgreiches Jahr 2019 mit "4,3 Milliarden Euro Umsatz in Deutschland und einer guten Entwicklung im Service- und Solutions-Geschäft". Er sei mehr als zufrieden. "Der Erfolg ist ein Konstrukt. Eine klare Strategie, erhöhte Profitabilität und digitale Plattformen seien der Schlüssel zum Erfolg.
Bei Aussagen zu Corona will er sich eigentlich zurückhalten. "Da wird so viel geschrieben, da gibt es so viel Experten, dass es überflüssig ist, einen Kommentar abzugeben", meint er. Ganz kommt der Holding-Chef dann doch nicht das Virus und dessen Auswirkungen herum. "Ich denke, dass wir das Thema Corona seit Anfang Januar sehr ernst genommen haben", berichtet er. Als man auf die Probleme in China aufmerksam wurde, wurde die Wertschöpfungskette genau analysiert. "Wir hatten Listen von Vendoren und Fabriken und wussten, wo welche Produktkategorie von wo her gestört wird", berichtet Möller-Hergt. Es habe keine Engpässe in den Lagern gegeben. Er gibt sich optimistisch, dass die Verfügbarkeit weiterhin sichergestellt ist. "Wir haben die Bestätigung von Vendoren, dass wir Ware bekommen, auch diese Woche, so dass wir lieferfähig sein können in der nächsten Zeit", verspricht der Also-Chef. Trotzdem müsse man die Situation "sehr ernst" nehmen, denn die Lage könne sich schnell ändern.
Corona als Chance für die Technologiebranche
Möller-Hergt verweist in diesem Zusammenhang auch an finanzielle Hilfen des Konzerns. "Wir denken da an den kleinen Reseller, der seine Zahlungsfähigkeit erhalten muss und nicht in die Insolvenz geht", verspricht er. Also hat die Corona-Pandemie bisher nicht wirklich geschadet. "Paradoxerweise haben wir im Unternehmen in den ersten Monaten des Jahres eine sehr gute Entwicklung gehabt", berichtet er. Man sei 11 Prozent im Plus mit einem sehr guten Wachstum im Bereich Services und Solutions und einer "hervorragenden Integration" der im letzten Jahr getätigten Akquisitionen.
„Für uns stand direkt fest, dass wir unsere CTV nicht einem Virus zum Opfer fallen lassen wollten“, bekräftigt Simone Blome-Schwitzki, Chief Customer Officer bei Also Deutschland.
Die Lobby der virtuellen CTV ist dem industriellen Ambiente des ursprünglich geplanten Veranstaltungsorts Areal Böhler in Düsseldorf nachempfunden.
Auch die Keynote von Also-Konzernchef Gustavo Möller-Hergt zur virtuellen CTV kommt nur von der Konserve, enthält aber durchaus nachdenkliche Passagen.
Die Aussteller können sich an virtuellen Ständen präsentieren. Auch Data-Center-Spezialist Vertiv ist vertreten.
Webinare und Vorträge wie hier von Samsung ergänzen das Programm.
In der Also Area informiert der Konzern über die eigenen Services.
Poetry-Slammer Patrick Salmen sorgt für "Aftershow"-Unterhaltung.
Schräger Abschluss der ersten virtuellen CTV: Der Online Messe Song "In 10 Tagen virtuell" von Martin O.
Momentan verschieben sich Umsätze vom Retail zum Etail. Home Office Equipment und Home School Produkte seien gefragt. "Es gibt eine Verschiebung des Konsums und eine Änderung der Gewohnheiten", meint der Also-CEO. Dies sei eine Chance für die Technologiebranche. Das könne man bereits aus den zahlen der letzten Wochen ablesen. Der Branche rät er daher "nicht in Panik" zu verfallen. "Die Regierungen tun ihr Möglichstes, um zu vermeiden, dass es weitere schlimme Konsequenzen gibt", ist sich Möller-Hergt sicher.
Persönliche Komponente fehlt
Der Also-Chef nutzt seine aber auch zu einer Warnung vor den Schattenseiten der Digitalisierung. Er spricht von digitaler Ignoranz und von Medien, die nur Schlagzeilen produzieren, um Klicks zu generieren und die dann zu "irreführenden Gedanken" führen, von Mobbing in sozialen Medien ohne Kontrollmechanismen, das Kinder in den Selbstmord treiben kann, von "digitalen Diktaturen" und der damit verbundenen Gefahr bei der Abschaffung von Bargeld. "Das kann in nächsten 20, 30 Jahren dazu führen, dass unsere Kinder, wenn die mit dem politischen System nicht einverstanden sind, tatsächlich nicht mehr in der Lage sind, Brot zu kaufen, irgendwo zu übernachten oder Wasser zu trinken", mahnt Möller-Hergt eindringlich. Er fordert daher "die intelligente Nutzung" von Technologie. Als Beispiele nennt er ökologische Maßnahmen und die Verbesserung der Infrastruktur. "Technologie kann der Schlüssel zur Verbesserung des Lebens sein und zu mehr Menschlichkeit beitragen. Ich denke, das wird unsere Verantwortung sein", schließt der Konzernchef.
So bleiben den Teilnehmern nach dem Besuch der virtuellen CTV jede Menge Informationen und Anregungen, die man sich ohne Anreise nach Düsseldorf bequem vom heimischen Schreibtisch beschaffen konnte. Die Möglichkeit, Produkte und Lösungen vor Ort im Einsatz zu sehen, Kontakte zu knüpfen oder zu pflegen oder gemeinsam mit den Channel-Akteuren einen quirligen Partyabend zu verbringen, musste in diesem Jahr eben zurückstehen. So war ist die virtuelle CTV zwar Ersatz, ersetzen konnte sie die ursprünglich geplante Messe aber nicht.