Anleiten heißt nicht anweisen
Wer ist verantwortlich für das Scheitern? Der Mitarbeiter oder die Führungskraft? Beide! Die Hauptverantwortung trägt aber die Führungskraft, denn sie lotete, nicht aus: Findet Müller alleine einen geeigneten Lösungsweg für seine neue Aufgabe oder braucht er Unterstützung? Also konnte Mayer diese auch nicht gewähren. Die Führungskraft verschaffte sich zwischenzeitlich auch kein konkretes Bild davon, ob ihr Mitarbeiter sich noch "auf Kurs" befindet, um sofern nötig korrigierend einzugreifen. Sie nahm also eine Aufgabe nicht wahr, die zu den Kernaufgaben jeder Führungskraft zählt, nämlich ihre Mitarbeiter bei ihrer Arbeit anzuleiten - zumindest bei Aufgaben, bei denen ihnen noch die nötige Routine und Erfahrung fehlt.
Dieses Anleiten ist heute vielfach verpönt. Statt dessen wird in Führungsseminaren oft über das Thema Coaching schwadroniert. Dabei reduziert sich das Coachen im Firmenalltag weitgehend auf ein Anleiten der Mitarbeiter - zumindest dann, wenn der Coach zugleich der disziplinarische Vorgesetzte ist. Dass das Anleiten einen so schlechten Ruf hat, hat folgenden Grund: Oft wird Anleiten mit Anweisen gleichgesetzt. Doch Anleiten bedeutet nicht, anderen Personen Befehle "Tue dies" und "Tue das" zu erteilen, sondern ihnen die nötigen Hilfestellungen zu geben - seien diese fachlicher oder mentaler Art.