Die Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis ergeben sich nicht nur aus dem meist schriftlichen Arbeitsvertrag; auch das tatsächliche Verhalten des Arbeitgebers über einen bestimmten Zeitraum hinweg kann Einfluss auf die Rechtsposition des Arbeitnehmers haben.
Aus der regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen der Arbeitnehmer schließen kann, dass ihm hierdurch gewährte Leistungen oder Vergünstigungen auch künftig auf Dauer gewährt werden sollen, kann nämlich eine sog. betriebliche Übung entstehen. Der Arbeitnehmer erhält hierdurch einen vertraglichen Anspruch, der ihm nicht ohne Weiteres wieder entzogen werden kann.
Beispiele einer solchen betrieblichen Übung sind Sonderzahlungen in gleich bleibender Höhe (z. B. Weihnachtsgeld), bezahlte Arbeitsfreistellungen (z. B. am Faschingsdienstag, Heiligabend).
Gewährt der Arbeitgeber solche Leistungen ohne einen Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt über einen bestimmten Zeitraum hinweg, darf der Arbeitnehmer annehmen, hierauf künftig auf Dauer einen Anspruch zu haben. Bei Sonderzahlungen kann der Arbeitnehmer bei einer vorbehaltslosen Zahlung über drei Jahre auf die Gewährung auch in Zukunft vertrauen.
Erhöht dagegen ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber das Gehalt über Jahre entsprechend der tarifvertraglichen Steigerungen, kann sich daraus keine betriebliche Übung für künftige Gehaltserhöhungen ergeben, es sei denn, er zeigt in seinem Verhalten deutliche Anhaltspunkte dafür, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will (BAG, Urteil vom 09.02.2005 - 5 AZR 284/04).