Wie E-Commerce den ITK-Handel verändert

Online-Revolution hat erst begonnen

05.04.2013

ITK-Onlinehändler wollen in die Breite wachsen

Hat die Umsatzmarke von 500 Mio. Euro im Visier: Notebooksbilliger.de-Chef Arnd von Wedemeyer
Hat die Umsatzmarke von 500 Mio. Euro im Visier: Notebooksbilliger.de-Chef Arnd von Wedemeyer
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Ein lebender Beweis für die Veränderungskraft des E-Commerce ist Arnd von Wedemeyer. Zehn Jahre nach dem Start ist der von ihm gegründete Elektronikversender Notebooksbilliger.de nicht nur der umsatzstärkste Onlinehändler im ITK-Bereich, sondern auch insgesamt der viertgrößte deutsche Onlineshop, wie eine aktuelle Auswertung des EHI Retail Institute ergab. Wie die Branche bleibt auch Notebooksbilliger.de, das seinen Umsatz 2011 um 37 Prozent auf 465 Millionen Euro steigern konnte, auf Wachstumskurs: „Es gibt zwar noch einiges zu tun, aber ich denke, dass wir die halbe Milliarde Euro in diesem Jahr schaffen werden“, erklärt von Wedemeyer im Gespräch mit ChannelPartner. Wachstumsraten, wie sie der bvh prognostiziert, erwartet der Unternehmer für die ITK-Branche allerdings nicht. „Dass der Kanal Online auch in diesem Jahr stark wachsen wird, glaube ich schon. Aber im IT-Umfeld ist die Entwicklung derzeit deutlich schwächer, das bestätigen auch alle wichtigen Hersteller.“

In der Tat haben auch Wedemeyers Wettbewerber derzeit bei der Wachstumsgeschwindigkeit einen Gang heruntergeschaltet: Redcoon entwickelt sich seit der Übernahme durch Media-Saturn deutlich langsamer und kam im ersten Halbjahr 2012 nur noch auf ein Umsatzplus von 2 Prozent. Der Onlinehändler, der im vergangenen Jahr 432 Millionen Euro erwirtschaftete, dürfte das Umsatzziel von 500 Millionen Euro damit deutlich verfehlen. Eine größere Dynamik herrscht zwar bei Cyberport, das sich 2011 um 35 Prozent auf 364 Millionen Euro steigerte. Doch der zum Burda-Konzern gehörende Elektronikversender steckt seine Kräfte momentan vor allem in den Ausbau des stationären Geschäfts. Und selbst der Newcomer GetGoods, der in den vergangenen Jahren durchwegs Wachstumsraten im dreistelligen Bereich erzielte (Jahresumsatz 2011: 322 Millionen Euro), lässt es ruhiger angehen: „Die Steigerungsraten der Vergangenheit lassen sich nicht so ohne weiteres auf die Zukunft übertragen“, erklärt Firmenchef Markus Rockstädt-Mies. „Wir haben immer gesagt, dass wir weiterhin schneller als der Markt wachsen wollen und mit unserem Umsatzziel von mindestens 400 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2012 sind wir da auf einem guten Weg.“

Im Unterschied zu Textilien-, Schuh- oder Medienhändlern stehen die Elektronikversender dabei vor einem Dilemma, das Notebooksbilliger.de-Chef Arnd von Wedemeyer auf der K5 Konferenz für E-Commerce folgendermaßen umschrieb: „Die Kunden kaufen nicht jeden Monat ein neues Notebook.“ Oberste Priorität für die ITK-Onlinehändler hat daher der Sortimentsausbau. So will Notebooksbilliger.de bald alles anbieten, „was einen Stecker hat und in eine Steckdose passt“. Die Übernahme einer Minderheitsbeteiligung durch die Verbundgruppe Electronic Partner (EP) soll dabei die Warenbeschaffung in Bereichen wie Weiße Ware erleichtern. Auch Redcoon strebt den Ausbau seines Warensortiments an. So soll laut der zuständigen Werbeagentur eine aktuelle TV-Kampagne der Media-Saturn-Tochter das Ziel erfüllen, dass „Verbraucher, die Elektronikprodukte online kaufen, als erstes an Redcoon denken und nicht mehr an Amazon“. Doch kämpft Redcoon-Chef Reiner Heckel erklärtermaßen gegen Beschaffungsprobleme und hat bereits wiederholt die selektive Vertriebspolitik vieler Hersteller kritisiert. Bei GetGoods kann man die Probleme von Redcoon dagegen nicht nachvollziehen: „Wir hatten zwar in der Vergangenheit ein sehr fokussiertes Produktangebot, haben aber auch jetzt, in der Wachstumsphase, keine Probleme die gewünschten Produkte zu beschaffen“, so Geschäftsführer Rockstädt-Mies. Durch die Ausgabe einer Anleihe hat GetGoods gerade frisches Kapital in Höhe von 30 Millionen Euro erhalten und will dieses unter anderem auch in den Ausbau des Sortiments und der hauseigenen Logistik investieren.

Keine Marktsättigung in Sicht

GetGoods-Chef Markus Rockstädt-Mies übernahm 2011 den Onlinehändler Home of Hardware
GetGoods-Chef Markus Rockstädt-Mies übernahm 2011 den Onlinehändler Home of Hardware

Im Vergleich zu anderen Branchen ist der Channel im E-Commerce zwar schon recht fortgeschritten, doch vertrauen die Geschäftsführer der ITK-Onlinehändler darauf, dass hier noch viel Entwicklungspotenzial besteht – eine Einschätzung, die auch Frank Roebers teilt. Der Branchenvordenker und Chef der Verbundgruppe Synaxon hält Wachstumsquoten, wie die vom bvh für dieses Jahr prognostizierten 26,5 Prozent, auch für den ITK-Markt für nicht abwegig. „Wir sind noch weit davon entfernt ein reifes Marktsegment zu sehen“, so Roebers.

Darauf, dass der ITK-Onlinehandel ein attraktives E-Commerce-Segment ist, deutet auch die hohe Bewegung in dem Marktsegment hin. 2011 wurde Redcoon für 125 Millionen Euro von Media-Saturn mehrheitlich übernommen, während GetGoods den Wettbewerber Home of Hardware aufkaufte. Lange Zeit sah es so aus, als ob GetGoods in diesem Jahr selbst Objekt einer Übernahme werden würde, doch weist die im Herbst aufgelegte Unternehmensanleihe darauf hin, dass diese Entwicklungen zumindest zu einem vorläufigen Ende gekommen sind. Firmenchef Markus Rockstädt-Mies hält sich trotzdem sämtliche Optionen offen: „Ein Investor könnte sicherlich dazu beitragen, das Wachstum zu beschleunigen, aber eine unbedingte Voraussetzung für weiteres Wachstum ist das nicht.“ Umgekehrt bleibe auch für GetGoods ein weiterer Zukauf ein denkbares Szenario. „Akquisitionen sind in diesem Markt immer ein Thema, weil hier auch die Unternehmensgröße ein wichtiges Erfolgskriterium ist“, so Rockstädt-Mies. Konkrete Pläne hierfür gebe es im Augenblick aber nicht. Auch Notebooksbilliger.de-Chef Arnd von Wedemeyer findet das Thema Übernahmen grundsätzlich spannend, plant aktuell aber keine diesbezüglichen Vorstöße: „Wir sehen zurzeit keinen interessanten Online-Player, der für eine Übernahme in Frage käme – und Amazon können wir uns nicht leisten.“

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