Schweizer Konten sind verstärkt in das Visier der deutschen Finanzbehörden geraten. Deutschland und die Schweiz haben kürzlich ein revidiertes Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen. Noch sind viele praktische Auswirkungen offen, die im Rahmen weiterer Verhandlungen geklärt werden. Fest steht allerdings: Der Informationsaustausch zwischen den Finanzverwaltungen beider Länder wird deutlich zunehmen. "Die Steuerfahndung gewinnt an Möglichkeiten, über die Landesgrenze hinweg zu agieren", warnt Rechtsanwalt Dr. Heinrich J. Watermeyer von der Kanzlei DHPG. "Deutsche Finanzbehörden werden über eine wachsende Zahl von Schweizer Konten Auskünfte einholen."
Worauf müssen sich Kapitalanleger einstellen? Die Schweiz verzichtet künftig auf die Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung. Bis dato leistet die Alpenrepublik nur bei Verdacht auf Steuerbetrug Amtshilfe. Mit dem neuen DBA wird sich das ändern. Die so genannte kleine Auskunftsklausel wird künftig durch die große Auskunftsklausel ersetzt. Nach der neuen Klausel müssen die Schweizer Behörden auch bei der "normalen" Steuerhinterziehung nach deutschen Maßstäben kooperieren. Das DBA führt zu einer deutlichen Aufweichung des einst so strengen Schweizer Bankgeheimnisses. Die deutsche Finanzverwaltung kann auf der neuen Grundlage etwa Auskünfte über Tatsachen oder über Beweismittel einholen, wenn sie zur Steuerfestsetzung erforderlich sind.
Trotz der Verschärfungen ist der Informationsaustausch zwischen der Schweiz und Deutschland weiterhin nicht so intensiv wie innerhalb der EU. Denn mit Ausnahme von Luxemburg und Österreich erfolgt zwischen allen anderen EU-Staaten ein automatischer Austausch von Daten, die die Geldanlage betreffen. Hingegen sind im neuen DBA mit der Schweiz automatische Auskünfte ausdrücklich ausgeschlossen. Auch die Möglichkeit einer Auskunft ohne konkreten Anfangsverdacht kommt nicht in Betracht.
Parallel zum geänderten DBA, mit dessen (rückwirkendem) Inkrafttreten zum 1.1.2011 in der zweiten Hälfte 2011 gerechnet wird, unterzeichneten die beiden Staaten eine gemeinsame Erklärung zur Aufnahme von Verhandlungen im Steuerbereich. Im Gespräch ist die Einführung einer anonymen Abgeltungsteuer. In den Verhandlungen soll auch die Frage geklärt werden, zu welchen Konditionen Anleger steuerlich bisher nicht deklariertes Geld wieder in die Legalität zurückführen können. Unklar ist derzeit jedoch das Verhältnis zur Selbstanzeige. "Sie bleibt zurzeit das Mittel, um Straffreiheit zu erlangen, wenngleich ihre Anforderungen durch das in der Diskussion befindliche Schwarzgeldbekämpfungsgesetz verschärft werden sollen", betont DHPG-Berater Dr. Watermeyer. "Sinnvolle Handlungsoptionen erfordern jedoch stets eine sorgfältige Einzelfallprüfung."