Woran es im Mittelstand krankt

Vertriebsleiter - aber leider keine Verkäufer

01.08.2011

Eher Allrounder als Spezialist

Die Vertriebs- und Verkaufsleiter von KMU brauchen auch andere Fähigkeiten als ihre Konzernkollegen, denn sie müssen in der Regel nicht nur die für einen erfolgreichen Vertrieb erforderlichen Strategien und Strukturen entwickeln. Sie sind auch für den Verkauf selbst verantwortlich. Sie müssen also mehr Zeit in das Führen ihrer Verkaufstruppe investieren (sofern diese existiert). Sie können diese Aufgabe nicht an Team- oder Bereichsleiter delegieren. Außerdem müssen sie viel häufiger selbst verkäuferisch aktiv werden. Folglich brauchen sie auch mehr verkäuferisches Know-how und mehr praktische Verkaufserfahrung als ihre Konzernkollegen - zumal ihr Können von ihren Vorgesetzten und Mitarbeitern stark hieran gemessen wird.

Doch Verkaufserfahrung allein genügt nicht. Denn die Vertriebs- und Verkaufsleiter von KMU sind in der Regel auch für Marketing und Werbung zuständig. Also müssen sie auch in diesen Bereichen ein solides Fachwissen und Praxiserfahrung haben - in Tätigkeitsfeldern also, bei denen ihre Konzernkollegen sagen würden "Das geht mich nichts an. Dafür haben wir Fachabteilungen". Die KMU-Vertriebsleiter hingegen müssen sich im Arbeitsalltag auch um so "profane" Dinge kümmern wie das Verfassen von Werbebriefen, das Konzipieren von Mailing-Aktionen und das Gestalten von Prospekten.

Bezogen auf diese Aufgaben benötigen sie zwar oft keine Durchführungskompetenz - sie müssen also zum Beispiel nicht selbst Prospekte gestalten können. Sie brauchen aber eine sogenannte Beurteilungskompetenz, damit sie zum Beispiel Werbeagenturen adäquat briefen und ihnen zu deren Entwürfen ein qualifiziertes Feedback geben können: "So nicht, weil ..." Entsprechendes gilt für die Produktentwicklung und -gestaltung. Auch hier müssen sie zumindest eine Beurteilungskompetenz haben.

Diese ist auch nötig, damit sich die Verkaufs- und Vertriebsleiter nicht vom angelsächsischen Marketing-Kauderwelsch der externen Spezialisten bluffen lassen. Und sich zu Entscheidungen verleiten lassen, die nicht dem Bedarf von Klein- und Mittelbetrieben entsprechen. Hierfür ein Beispiel: Zuweilen gewinnt man im Gespräch mit Werbeagenturen den Eindruck als hinge der Erfolg eines Unternehmens davon ab, ob dessen Firmenlogo rund statt eckig sei.

Kann der Verkaufsleiter eines Klein- und Mittelbetriebs dessen reale Bedeutung für den Verkaufsprozess nicht einschätzen, lässt er sich schnell zum Entwickeln eines neuen Corporate Designs überreden - ohne sich der Konsequenzen bewusst zu sein. Alle Prospekte, Verpackungen und Verkaufsinstrumente müssen neu gestaltet werden. Der gesamte Webauftritt muss überarbeitet werden. Und, und, und ... Und dies alles nur für eine "Verbesserung", die zwar bedeutsam, aber nicht erfolgsentscheidend ist. Das heißt, der Verkaufs- und Vertriebsleiter setzt die Prioritäten falsch. Und dies führt wiederum dazu, dass die begrenzten Marketingmittel für "Nice-to-have"-Maßnahmen statt für erfolgsrelevante aufgebraucht werden.

Die Verkaufs- und Vertriebsleiter von KMU sollten also praxiserfahrene Allrounder mit Bodenhaftung sein. Und sie müssen bereit sein, sich im Arbeitsalltag vielfach bewusst mit 80 Prozent-Lösungen zufrieden zu geben statt stets nach der 100-Prozent-Lösung zu suchen, mit der man Marketingwettbewerbe gewinnt.

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